
(Tapete / Indigo)
"Wie die frühen Veröffentlichungen von Huah! bei Erscheinen gewirkt haben mögen, ist mit 35 Jahren Abstand kaum nachzuvollziehen, zumal sie auch rückblickend aus der Zeit gefallen wirken und nicht an gängige 80s-Strömungen andocken." – so rätselt zumindest der Plattenfirmen-Waschzettel (und der booklet-Text von Björn "Locas in Love" Sonnenberg). Mir hingegen war – ohne Quatsch – schon Ende 1990, als sich die (beim legendären Malibu-Versand bestellte) LP "Was machen Huah! jetzt?" ausgiebig auf meinem feinen DDR-Plattenspieler drehte, klar, dass hier eine Truppe Norddeutscher einfach das Beste aus Beat, Funk, Wave, Pop und Soul auf angenehm semi-professionelle Weise zusammendachte und das Ergebnis schlicht genial ist. Dass es sich bei der Band mit dem lustigen Namen um ein ganz unrockistisch organisiertes GleichberechtigungsDing aus Jungs und Mädchen handelte, kriegte ich da vor lauter Freude am Tanzen gar nicht mit (ich hätte allerdings nur bei "Ohne Titel" auf der 2. LP mit dem sowas von treffenden Namen "Scheiß Kapitalismus" genauer hinhören müssen) – die Besetzung aus Knarf Rellöm (wer kennt ihn (heute) nicht?!), Mense Reents (der hat fast überall in Hamburg mitgespielt, besonders klasse bei Stella), Sonny Motor (später u.a. bei Fink – das allerdings hat mir das Internet verraten), der famosen Trommlerin Claudia Bollig (die dann auch bei(m) Rossburger Report schlagzeugte) und den Sängerinnen Nixe und Bernadette Hengst (noch ohne "La") legte jedenfalls – zumindest wird es (heute) so erzählt - großen Wert auf künstlerische und menschliche Egalität. Wir aber twisteten damals wie besessen zu "Gib mir meinen Mann zurück" oder hüpften "Ich möchte ein Mädchen kennenlernen"-schreiend durch irgendwelche Küchen. Die Bläsersätze waren genauso prima wie die (manchmal wunderschön wackligen) Chorgesänge von der damals noch überhaupt nicht berühmten Bernadette und der herrlich prätentiösen Nixe (die Inkarnation von leicht angeblichener elitärer Eleganz – bei den Mobylettes hat sie diese Rolle(?) dann perfektioniert) und das alles etwas trashig, mit rollendem Bass, superflottem Schlagzeug und jangelnden oder jaulenden Gitarren arrangiert (die Band war Mitglied im "Scheiß auf fette Gitarren"-Verein. Und bei "Deutschland verrecke" auch, wie man auf dem Cover der Debut-LP nachlesen konnte). Die politischen Implikationen waren da noch nicht ganz so wichtig, wie sie dann wurden – Huah! bedeuteten (für mich) zunächst ganz viel Spaß. Selbst ein "Krieg-Song" (von der 92er LADO-Kompilation "Billiger als Turnschuhe") groovte da zuerst mal auf einer Super-Basslinie und einem herrlich unambitionierten "Laa Laa Laa Laa La" aus der Rellöm-Kehle. Und doch war da ein gut versteckter doppelter Boden, die Stücke eben nicht nur FunTrash, sondern von einer beinahe zeitlosen Eleganz und eben auch von gesellschaftlicher Haltung geprägt. Heute bewerben Konzertveranstalter den BandSound als Mixtur aus "B52s, Lassie Singers und Throw That Beat In The Garbagecan", was unvollständig (die Funk-Komponente fehlt und der gerade erwähnte doppelte PolitBoden auch ein wenig) und doch halbwegs richtig ist. Alle zu spät Geborenen schließen ihre eventuell vorhandene popkulturelle Bildungslücke bitte wenigstens mit dieser – nun ja – "Best of", die ihren Namen übrigens vom Cover der "Was machen..."-Platte ausgeliehen hat (obschon es dort heißt: "Ich möchte auf deinem Plattenspieler liegen" – aber wer wird denn kleinlich sein!). 5Weitere Infos: www.tapeterecords.de/artists/huah
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