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JAZZJANZKURZ

V.A.

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Wählen wir doch einen sommerlich leichten Einstieg in die Welt der improvisierten Musik. Der Trompeter MENZEL MUTZKE ist nicht nur der Bruder des knödelnden PopBarden Max, sondern auch festes Mitglied der Blaskapelle Moop Mama. Sein Debut als leader heißt "Spring" (Mutterkomplex) und enthält bis auf eine gediegene "My Funny Valentine"-Fassung, bei sein Bruder (für meinen Geschmack mit etwas zu viel pseudo-souligem Vibrato) singt und die ihrer Mutter gewidmete Max-Mutzke-Komposition "Your Are All Around Me" lauter selbst geschriebene Stücke. Die spielt ein aus musikalischen Freunden bestehendes p-dr-b-Trio ebenso würdevoll wie latent altmodisch. Für einen leichten Weißwein an einem unbeschwerten Juliabend, mit einer schönen Frau oder einem netten Herrn, trotzdem gut geeignet. 3
Sehr spezielle Interessen müsste eine entsprechende abendliche Begleitung aufweisen, wenn man sie mit den Akkordeon-Solos unterhalten möchte, die KALLE MOBERG als "The Tokyo Sessions Volume 1: Unheard-of" (KAMO) herausbringt. Ich bin ein großer Akkordeonfan und was der Norweger seinem Instrument hier eine reichliche halbe Stunde lang an Klängen abringt, verlangt einigen Respekt. Für untrainierte Ohren könnte das Piepen, Fauchen und Quietschen aber trotzdem eine kleine Zumutung sein. 4
Auch das aus Kopenhagen stammende ImproNoise-Trio THE MOMS macht es dem Mutzke-Hörer nicht leicht. Ihre selbstverlegte "Kalipedia" besteht aus einem einzigen, 39:34 Minuten langen Stück SchabenSirrenKnarrenPfeifen, erzeugt mit "reeds, double bass, guitar, circuit bent effect pedals" und "objects" und für meine Begriffe selbstverständlich großartig. Lasst euch mal einfach in diese Musik fallen. 5
BRUTTER sind Christian und Fredrik Wallumrød, die mit "Montreuil Beats" drei leider nur als DL verfügbare Studien für drums, drum machines, synths und electronics vorlegen. Die Kraft kommt hier nicht aus nihilistischer Lautstärke, sondern aus den leisen Verschachtelungen sorgsamst erzeugter patterns. 4
Kennt ihr Hilde? Meine Oma wurde von ihren Freundinnen so genannt und die hätten sich die Musik auf "Open" wohl eher kopfschüttelnd angehört. Denn die 4-Frauen-Band HILDE entstammt dem experimentierfreudigen Umfeld von The Dorf und was die Damen hier live mit Violine, Cello, Posaune und Stimme anstellen, wird den dortigen (recht hohen) Qualitätsansprüchen mehr als gerecht. 16 Stücke zwischen ImproJazz, Neuer Musik und FreeFormPopSkizzen (wenn man z.B. zu "Sandfrau" so sagen darf). Auch das Cello-Solo "Bartröckchen" ist wirklich beeindruckend! 4
Gleiches Label, musikalisch aber ganz anders: QUASI STELLA. Die Band um den Texter Martin Lau dokumentiert mit ihrer "s/t"CD (beide Umland) einen intellektuell anspruchsvollen, unbedingte Konzentration fordernden Mix aus komplexen mehrsprachigen TextCollagen und ebenso vertrackten AntiMathRockJazz-Synkopen. Das ist sehr anstrengend, aber auch sehr spannend. 4
Da wirken die von YANNIS KYRIAKIDES & ANDY MOOR aus dystrophen SynthSchnipseln und genauso fragilen Gitarrentönen verschmolzenen Meditationen auf "Pavilion" (Unsounds ) beinahe entspannend. Dabei steckt hier in einer wunderschönen Verpackung eine ganze ZauberWelt aus sechs langen und (nur vermeintlich) ruhigen tracks! 5
Eine ähnliche Atmosphäre erzeugen FRÉDÉRIC D. OBERLAND & IRENA Z. TOMAŽIN auf "Arba, Dâk Arba" (Hallow Ground). Oberland kennt man von Oiseaux-Tempête und Tomažin singst sonst bei den slowenischen BrachialElektronikern von Borghesia, hier aber versinkt ihre Stimme in einem schamanistischen Raunen, Schreien und Jaulen. Diese Düsternis trifft auf die bedrohlichen soundscapes und drones, die Oberland aus einem heftigstem "processing" unterzogenen Hurdy-Gurdy generiert. Das Ganze entstand als Begleitmusik für eine Installation der französischen Künstlerin Fanny Béguély und ist wirklich sehr, sehr "dark". 4
"Emanate" (130701/FatCat) heißt das Produkt der Zusammenarbeit von YAIR ELAZAR GLOTMAN & MATS ERLANDSSON. Obwohl im Info die Namen Max Richter und Jóhann Jóhannsson strapaziert werden, hat diese sehr elegische Musik wenig zu tun mit jenen faserigen Fahrstuhlsounds, die als "Neoklassik" vermarktet werden. Ich möchte die mit verfremdeten Streichern oder Posaunen erzeugten und mit von sicherer Hand platzierten elektronischen Ergänzungen versehenen Klänge eher jenen empfehlen, die sich für Scelsi oder Ligeti begeistern. 4
Oder Fans von ARVO PÄRT. Der hier unter dem Dirigat von VACLOVAS AUGUSTINAS stehende VILNIUS MUNICIPAL CHOIR JAUNA MUZIKA hat einige (zumeist auf religiösen Texten, darunter den sieben "O-Antiphonen" basierende) "Works For Choir" des großen Esten für das Label Cugate Classics eingesungen. Z.T. mit sehr passender Orgelbegleitung verlassen wir hier die laute Gegenwart und tauchen tief hinab in einen Ozean aus statischen Stimmen und vielfältigen Obertönen, aus Entrücktheit und Liturgie, aus Konzentration und Meditation. 5
Zum Abschluß eine Neu-Interpretation eines Meilensteins der Minimal Music: Der sonst eher im "His Name Is Alive"-Umfeld oder als Soundtrackschreiber aktive US-Amerikaner ERIK HALL hat die "Music For 18 Musicians" (Western Vinyl) des Minimal-Vaters STEVE REICH im Alleingang eingespielt. Dazu hat er die einzelnen Module des Stücks separat in seinem Schlafzimmerstudio aufgenommen und anschließend kongenial in einen auch die Übergänge zwischen den einzelnen "Sections" verwischenden Gesamtmix überführt. Die Original-Instrumentierung wurde dabei behutsam und doch radikal transformiert: der Xylophone-part wurde am "muted piano" gespielt, die E-Gitarre ersetzte die Violine usw. usf., woraus eine Art PostRock-Version des Klassikers erwächst. Und genau diese Art von Fortschreibung hat Reich’s epochale Musik auch verdient. 5

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