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ROSA ANSCHÜTZ

Der Blick zurück nach vorn

ROSA ANSCHÜTZ

Die Berliner Musikerin Rosa Anschütz gehört zweifelsohne zu den umtriebigsten Vertreterinnen ihrer Zunft. Durch ihre zahlreichen Aktivitäten als Radio-Podcasterin, Komponistin, Kunstprojekte, Visual Artist, Songwriterin in eigenem Namen, ihre internationalen Kollaborationen, ihre Reisen und Live-Projekte ist Rosa stets gut ausgelastet. Dabei fällt dann Material an, dass zu gegebener Zeit nicht immer den Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat. Für ihr viertes Album „Sabbatical“ nahm sich Rosa Anschütz im übertragenen Sinne eine Auszeit und griff auf solches Material zurück. Wenn sie sagt, dass das Album über einen Zeitraum von 10 Jahren entstanden ist, dann bedeutet das, dass sie hier zum Teil auf ältere Songs zurückgriff, die sie dann über Neueinspielungen (und wohl auch Neuinterpretationen) – zusammen mit neuen Songs – in die Gegenwart holt. Ihr „Sabbatical“ bedeutet also einen Blick zurück – allerdings mit der Option in die Zukunft zu weisen.

Rosa Anschütz sagt, dass sie in kreativer Hinsicht intuitiv arbeitet. Gibt es dann vorab einen Plan oder ein Konzept mit dem sie ihre Projekte angeht?

„Hm – oft stehen die Texte schon – und dann kommen die Sachen sehr zu mir“, führt Rosa aus, „ich habe dann oft irgendwelche Sachen im Kopf. Ich habe so ein Studio ungefähr eine Stunde von Berlin, da spiele ich dann auf dem Klavier, dann gehe ich rüber und spiele etwas auf dem Bass und dann läuft das so in ineinander über. Wahrscheinlich sind die Sachen dann auch von dem beeinflusst, was ich höre oder sehe. Ich schreibe sehr viel, wenn ich unterwegs bin. Der Prozess inspiriert dann schon das Ergebnis.“

Das Album ist laut Bio ja über einen Zeitraum von 10 Jahren entstanden. In diesen 10 Jahren gab es aber doch dann die anderen Alben von Rosa - „Votive“, „Goldener Strom“ und „Interior“. Gab es denn da einen anderen Ansatz, was „Sabbatical“ betrifft?

„Ein bisschen“, räumt Rosa ein, „als ich 2019 meine erste EP veröffentlicht, über die ich durch den Techno-Remix des Tracks 'Rigid' einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde, hat das die Art in der ich das nächste Album gestaltete, schon sehr beeinflusst, denn ich wollte nicht auf die Zuhörerschaft des Remixes eingehen, weil das war nicht der Raum war, wo ich mich selber gesehen habe. Dann habe ich ein Album gemacht, was sehr experimentell war. Die Tracks aus dieser Zeit, die jetzt auf dem neuen Album sind, waren damals die ersten Sachen, die ich auf Soundcloud hochgeladen hatte. Die habe ich jetzt noch mal neu aufgenommen. Der Grund, warum ich sie nicht zwischendurch herausgebracht habe, war der, dass ich wo anders gewesen bin. Ich habe in Wien bildende Kunst studiert – was mich auch sehr beeinflusst habe – und bin erst seit drei Jahren wieder in Berlin."

Das heißt dann also, dass „Sabbatical“ ein Album ist, das auf Berlin ausgerichtet ist?

„Ja, das hat einen starken Bezug zu Berlin“, bestätigt Rosa, „es gibt da zum Beispiel diesen Song 'Tacheles', der den Ort Tacheles bezeichnet – und da gibt es sehr viele Widmungen an Freunde und Orte. Auch andere Songs wie 'Sun Tavern' hat einen Bezug zu Personen und Orten beziehungsweise wofür diese Personen und Orte zu einem bestimmten Zeitpunkt gestanden haben. Natürlich würde ich die genannten Personen nicht wirklich referenzieren, denn es ist ja ein öffentliches Werk und nicht mein Tagebuch.“

Wenn Rosa dann über namentlich genannte Charaktere singt – wie z.B. „Eva“ - singt sie dann nicht vielleicht sogar über sich selbst?

„Das behalte ich lieber für mich“, lächelt sie, „es geht aber auch um Eva im Allgemeinen. Es geht um Weiblichkeit oder um die erste Frauenfigur unserer geschichtlichen Übermittlung. Das steht halt dann auch am Anfang – aber nicht im theatralischen Sinne von Adam und Eva."

Was hat denn das neue Album musikalisch befeuert?

„Also ich habe jetzt nicht so viele Idole und ich wollte auch nicht ein Album machen, dass so und so klingt“, überlegt Rosa, „Bass, Gitarre und Klavier waren so die ersten Instrumente, mit denen ich mich ausprobiert habe – etwa auf der EP. Dabei bin ich jetzt wieder angelangt. Das, was mich inspiriert hat, als ich jünger war, war so Bandmusik wie Black Rebel Motorcycle Club und Postpunk-Sachen und Darkwave mit Pop-Elementen, die auf realistische Weise ambivalent sind. Viele Teile des Albums sind ja auch Spoken Word. Da ist Kae Tempest super-wichtig für mich als Inspiration. Menschen, bei denen man die Schnittstelle zwischen Musik und dem Leben als sehr fließend wahrgenommen werden können."

Wo ist denn die Schnittstelle zwischen Leben und Musik bei Rosa Anschütz? Was bedeutet ihr denn die Musik?

„Mein Leben“, meint sie, „Musik ist eine Notwendig für mich zum Leben. Sie macht mir Kontexte klarer und hilft mir, meinen Alltag zu bewältigen."

Was würde Rosa Anschütz denn noch alles reizen in künstlerischer Hinsicht?

„Kollaborationen“, meint sie voller Überzeugung, „ich war jetzt gerade in Griechenland in Athen und habe dort mit einer griechischen Musikerin neue Stücke aufgenommen und auf einer Insel gespielt. Und dann interessiert mich noch Filmmusik. Ich habe jetzt einen Film bei der Berlinale gehabt und noch einen Dokumentarfilm an dem ich letztes Jahr gearbeitet habe. Das ist ein total schöner Weg Musik, die nicht auf das Album gepasst hat, noch woanders einzubauen. Ich habe auch noch sehr große Träume und arbeite auch zielorientiert – aber das muss alles natürlich kommen. Ich bin nicht ein Mensch der - um etwas zu erreichen - etwas machen würde, was sich nicht richtig anfühlt."

Aktuelles Album: Sabbatical (Heartworm Press) VÖ: 26.09.


Weitere Infos: https://rosaanschuetz.com/

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