
Die kanadische Songwriterin Anna Katarina gehört zu jener Spezies von Musikern, die lieber über den direkten Kontakt mit dem Publikum als über unsichere Versprechen der Musikindustrie und der Social Media Welt ihr Heil als Indie-Artist suchen. Ergo hat sie sich im Laufe der Zeit mit regelmäßigen Touren durch Kanada, die USA – aber auch in unseren Breiten - eine Fanbasis geschaffen. Für den Herbst ist nun erneut eine Tour angesetzt, auf der Anna Katarina erstmals auch mit ihrer Band unterwegs sein wird – um die Songs ihres zweiten Albums „While I Was Dreaming“ zu präsentieren, dass dieser Tage auf ihrem eigenen Label erscheint. Dass Anna Katarina mit Band auf Tour gehen kann, ist insofern von besonderer Bedeutung, als dass sie sich nicht als Folk-Sängering sieht und ihre ambitioniert komponierten Old-School-Gitarrenpop-Songs nach klassischem Vorbild geradezu nach der Umsetzung in einem organischem Musikerkollektiv verlangen. Vom jugendlichen Traum in die Riege angesagter Pop-Super-Stars aufzusteigen hat sich die bodenständige Musikerin mit einer realistischen Perspektive auf das Machbare inzwischen verabschiedet. Darauf verweist auch der Titel des Albums „While I Was Dreaming“.
„Es ist wichtig ein Ziel zu haben“, erklärt Anna, „ich bin auch von Zielen motiviert aber ich habe auch Träume. Daher stammt auch der Titel des Albums „While I Was Dreaming“. Wie John Lennon sagte: Das Leben ist das, was passiert, während Du andere Pläne machst. Als kleines Mädchen dachte ich, dass ich die nächste Taylor Swift sein würde – dass mich jemand auf der Straße sehen und zur nächsten Taylor Swift 2.0 machen würde. Es brauchte dann eine Zeit zu realisieren, dass das wohl nicht das war, was passieren würde. Aber all das, was stattdessen passierte – viel Zeit mit der Familie zu verbringen, durch Südamerika und Asien zu reisen, zur Universität zu gehen, gleichzeitig fünf zu Jobs haben, um die Miete bezahlen zu können, ein paar Mal verliebt zu sein, aber auch tiefgreifende Depressionen und Angstzustände zu erleben – das sind alles Dinge, die ich vielleicht nicht getan hätte, wenn ich ein Superstar geworden wäre - und sie sind es, die es mir ermöglichen, auf einer grundlegenden menschlichen Ebene zu meinen Fans eine Beziehung aufzubauen. Die nächste Taylor zu werden, war ein Traum, nicht das Leben. Aber es war eine gute Motivation, denn es hielt mich am Laufen, bis ich erkannte, dass es Platz für mich gab, Anna Katarina zu sein."Wie definiert Anna Katarina denn Erfolg für sich – wenn es also nicht darum gehen kann, die nächste Taylor Swift zu sein?
„Ich bin froh, dass Du diese Frage stellst – weil ich glaube, dass viele Künstler sich diese Frage nicht beantworten“, überlegt Anna, „ich glaube auch, dass wenn man sich diese Frage nicht beantwortet und sie immer wieder auf Dich zurück kommt, dann wirst Du auch niemals erfolgreich sein. Wenn Du nicht weißt, was Erfolg eigentlich ist – wie willst Du ihn dann jemals finden? Ich selbst arbeite noch an der Antwort auf diese Frage. An diesem Punkt in meiner Karriere kann ich aber mit meinem Verlobten durch Europa reisen und meine Musik spielen. Das ist auf jeden Fall eine Ebene des Erfolgs, die ich erreicht habe. Ich bin auch erfolgreich insofern ich meine Alben aufnehmen kann. Die nächste Ebene des Erfolges wäre dann die, mehr Einkommen zu erwirtschaften. Es mag zwar nicht romantisch sein, darüber zu sprechen, aber über meine Musik Einkommen zu generieren damit ich weiter in meine Aufnahmen investieren kann ohne jedes Mal ein finanzielles Risiko eingehen zu müssen, wäre schon wichtig. Damit einhergehend könnte meine Musik dann ja auch im Radio gespielt werden oder in Werbungen platziert werden. Das wäre dann finanziell alles nachhaltiger. Eine weitere Ebene des Erfolges ist das Touren. Ich strebe an, mindestens einmal im Jahr mit einer Band in Nordamerika und Europa auf Tour zu gehen,1000-Personen-Veranstaltungen auszubuchen und meine Musik mit so vielen Menschen wie möglich zu teilen!"
Wenn man sich Anna Katarinas Songwriting zu Ohren führt, dann stellt man sehr schnell fest, dass es ihr nicht darum geht, etwas grundlegend Neues zu erschaffen, sondern stattdessen mit den gegebenen Mitteln außergewöhnliche Ansätze zu verfolgen. Mit der erstbesten Idee gibt sich Anna Katarina als Songwriterin jedenfalls nicht zufrieden. So überraschen viele Ihrer Songs mit mehrteiligen Refrains und ambitioniert aufgebrezelten Bridges.
„Danke, dass Du das sagst, denn ich bin stolz auf meine Bridges, weil ich da viel Arbeit reinstecke“, führt Anna aus, „es ist zwar nicht ganz einfach, aber es fühlt sich für mich ganz natürlich an, Bridges auszuarbeiten. Das gehört für mich zum Songwriting dazu.“
Was ist denn dabei die Herausforderung?
„Das ist eine gute Frage – denn in letzter Zeit fällt es mir nicht mehr ganz so einfach, Songs zu schreiben“, gesteht Anna, „ich muss mir immer Zeit dafür nehmen. Zuletzt denke ich oft in Grooves und stelle mir beim Song Schreiben dann schon die Drums und den Bass vor – und denke darüber nach, wie ich meinen Körper dazu bewegen könnte. Es besteht dabei die Gefahr, dass man als Songwriter in die Routine verfällt und immer in denselben Bahnen – demselben Tempo, demselben Rhythmus oder Groove - denkt. Diese Tendenzen habe ich auch – aber deswegen stelle ich mir heute gleich den ganzen Sound vor, denn ich mag es mit einer Band zu arbeiten. Aber auch wenn nicht mit einer Band spiele, dann möchte ich, dass die Zuhörer sich zumindest vorstellen können, wie das mit einer Band klingen würde – etwa indem ich die Melodie mit meinem Gesang forme.“
Gibt es schon Pläne für die Zukunft?
„Ja, die Idee ist, erst mal meine nächste Scheibe zu finanzieren. Ich habe mir bereits ein Konzept für diese Scheibe überlegt. Der Arbeitstitel ist 'Moving Day' und ich habe vor, die Songs verschiedenen Orten zuzuweisen, denn ich bin als Kind oft umgezogen. Einige der Songs werden sicher von diesen verschiedenen Städten und Orten handeln – oder von einer Person dort oder einer Erinnerung. Es gibt dann auch eine visuelle Komponente. Wenn zum Beispiel ein Song in 1984 'spielt', dann wäre er z.B. auf VHS. Die visuellen Komponenten würden also der Technik entsprechen, die zu dieser Zeit verfügbar war. Ich habe schon eine Menge Songs geschrieben – denn ich mag es, wenn ich aus vielen aussuchen kann. Es könnte sich alles noch ändern, aber ich könnte mir vorstellen, die Songs an verschiedenen Orten in Kanada aufzunehmen mit einem Produzenten, der auch ein Songwriter ist – und dann auch Songs zusammen zu schreiben. Obwohl es poppige Elemente geben wird, soll es aber auch eine warmherzige Note enthalten, die ich bisher noch nicht einfangen konnte. Ich weiß nicht, wie ich das in Worte fassen sollte – aber ich kann sowas fühlen, wenn ich Musik höre, die dieses Gefühl bereits enthält.“
Aktuelles Album: While I Was Dreaming (Anna Katarina Music)
Weitere Infos: https://www.annakatarinamusic.com Foto: Lia Hansen