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V.A.

The Rubens Room. él Records: In Camera

Tapete Records/Indigo

Für Connaisseurs der alten Schule hat der Namens dieses Labels auch jenseits jeder nostalgischen Verklärung einen nachgerade mystischen Klang: "él Records" – ein Synonym für camp und whimp, für britische PopSophistication in Reinstkultur. Die intellektuelle Tiefe des Vorbilds "Les disques du crépuscule" zwar nicht ganz erreichend, wurde das von dem zuvor bei Cherry Red aktiven MusikPromoter Mike Alway nach dem (in seinen Augen) gescheiterten Warner-Experiment Blanco Y Negro 1984 wieder unter den Fittichen von Cherry Red gegründete Label aber doch stilbildend. Wie so oft passten aber die Freudenschreie der Presse nicht zu den tatsächlichen Verkaufszahlen und Alway musste den glitzernden Laden schon nach 5 Jahren schließen (hinzu kamen künstlerische Differenzen mit Cherry Red-Boss Iain McNay). Doch das Vermächtnis war enorm, der Einfluss z.B. auf den japanischen Shibuya-kei-Pop nicht zu unterschätzen (überhaupt waren die Japaner schon zu Lebzeiten von él verlässliche Abnehmer). él-Bands hatten nichts mit nihilistischem RockMackertum am Hut; Turnschuhe und Jeans waren eher verpönt, man trug barockisierende Anzüge und retrofuturistische FarbenFreudigkeiten. Die Musik war wie auch deren Verpackung und Präsentation exaltiert und verträumt lebensfroh, zugleich aber feinstofflich durchdacht und niemals zufällig oder beliebig - man kann im él-Œuvre vielfältige Bezüge zur Kunst der viktorianischen Präraffaeliten und Dante Gabriel Rossettis finden, auch zum lifestyle eines Oscar Wilde und natürlich haben die Bubblegum-Sixties ästhetische Spuren hinterlassen. Wesentliche él-Künstler waren Louis Philippe (aka. Philippe Auclair, der zuvor als "The Border Boys" und "The Arcadians" bei Crépuscule veröffentlicht hatte), The King of Luxembourg (aka Simon Fisher Turner, der danach mit releases bei Creation und Mute glänzte und 2016 mit seinem "Deux Filles"-Projekt auch bei Crépuscule landete), Anthony Adverse (aka. Julia Gilbert, die von Five Or Six kam und mit denen u.a. auf den legendären Cherry Red-Compilations "Perspectives And Distortion"(1981) und "Pillows & Prayers"(1982) vertreten war), Momus (aka. Nicholas Currie, auch ein späterer Creation-Held – vorher war der Mann mit Leuten von der Postcard/Crépuscule-Kapelle Josef K. als The Happy Family bei 4AD), die immer ein wenig unterbewerteten Would-Be-Goods (um die Schwestern Jessica und Debbie Green – und die haben meines Wissens endlich mal weder mit dem Crépuscule- noch dem Creation-Umfeld Schnittmengen, auch wenn Jahre später Peter Momtchiloff von den wunderbaren Sarah-TweePop-Bands Talulah Gosh und Heavenly dort einstieg und Debbie Green mit Holly Golightly bei Thee Headcoatees spielte) und The Monochrome Set (die beim Debüt der Would-Be-Goods die Backing-Band der da noch quasi solistisch reisenden Jessica Griffin waren) - nicht nur die Spanier von Elefant Records oder das leider verblichene Hamburger Label Marina stehen auf diesem ästhetischen Fundament. Das alles liest sich etwas nerdig und ist es sicher auch, zeigt aber zugleich, wie eng die kreativen Geister seinerzeit verwoben waren und welche viel zu unbekannten Beweger damals wahre Pionierarbeit leisteten. Aber genug der (vielleicht auch leicht verklärten) Rückschau, es gilt hier schließlich, eine nach dem sowohl von Louis Philippe wie auch (hier zu hören) vom King of Luxembourg gespielten Stück "The Rubens Room" benannte Song-Kopplung zu würdigen. Nun gibt es ganz sicher hinreichend britische él-Compilations, die auch in entferntere Ecken der Label-Geschichte leuchten (u.a. mehrere Folgen "London Pavilion" oder der fein feminine "Girl Talk"), aber noch keine mit kontinentalem Blick. Die liefert jetzt Tapete als tönende Ergänzung zu Mark Goodalls in Kürze im befreundeten Ventil-Verlag erscheinenden él-Buch "Bright Young Things". Kuratiert von Mike Alway himself (naja, das mit dem "kontinentalen Blick" stimmt für mich trotzdem) stehen hier auf 2 LPs (oder CD) große él-Hits wie "A Picture Of Dorian Gray" (The King of Luxembourg) und "Jet Set Junta" (The Monochrome Set) neben beinahe vergessenen Schätzchen wie "The Camera Loves Me" (Would-Be-Goods), "Where Have All The Schoolboys Gone?" (Bad Dream Fancy Dress) oder "Thames Valley Leather Club" (Always) und Simon Fisher Turners fast schon experimenteller StimmSchichtung "Umber Wastes". Eleganter Eskapismus, dezente Breitwand-Avantgarde, frankophiler KammerPop – diese Musik ist wahrlich für die Ewigkeit. 5
Weitere Infos: www.tapeterecords.de/artists/va-the-rubens-room-el-records-in-camera

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