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JAZZJANZKURZ

V.A.

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Beim in diesem Monat an anderer Stelle ausführlich(er) besprochenen "Döner Kebab"(Al Maslakh) von AXEL DÖRNER & MAZEN KERBAJ hatte ich mir ja die Überlegung gestattet, welcher Radiosender die eigens angefertigten "radio edits" dieser freien Improvisationen wohl wirklich in seine playlist aufnehmen würde. Aber vielleicht muß ich auch nur mal eine andere Station als DLF, radio eins oder DLF Kultur einstellen, denn auch MY HELLGREN & PETER SÖDERBERG fertigen von ihrem 47:15-Minuten-Hammer "Plucked and Bowed" (Frim) zwei "excerpts", die sich vermutlich auch als Radio-edits verstehen lassen. Zwar nichts, was wir nicht schon gehört hätten, aber beileibe auch nichts, was wir nicht wieder hören wollen. 3

Das grandiose Duo THE INTERNATIONAL NOTHING weiß, dass sie "Just None of Those Things" (Ftarri) machen. Kai Fagaschinski (Klarinette rechts) und Michael Thieke (Klarinette links) improvisieren gierig, aber doch mit der gebotenen Ruhe drauflos. 4
Die Extreme der Monotonie lotet die Japanerin KAORI SUZUKI mit ihrer "Music For Modified Melodica" (Moving Furniture) aus. Wobei sich auch hier hinter dem vermeintlich immer gleichen Ton ein endloser Kosmos aus Obertönen, Nachklängen und unmerklichen Verschiebungen auftut, der – hinreichend Konzentration und Zeit sowie tolerante Nachbarn (diese KlangKunst will laut konsumniert werden - am besten geraten die Zimmerwände in eine Resonanzschwingung!) vorausgesetzt – dem Hörer tatsächlich das Zeitgefühl nimmt, so daß man auch nach 26 Minuten und 27 Sekunden Laufzeit gern die repeat-Taste bedient. 5

Ähnliche Erfahrungen lassen sich mit "The Gleam" (Glitterbeat) von der Südkoreanerin PARK JIHA machen. Mit Piri (für Nicht-MusikEthnologen: eine Art Oboe), Saenghwang (eine Mundorgel), Yanggeum (eine Verwandte unsere Zither) und Glockenspiel werden hier atemberaubende KlangLandschaften entfaltet, die mal als buntes Vexierspiel, mal als meditative Konzentrationsübung daherkommen. Wobei "atemberaubend" angesichts des Covid-19-Hintergrunds, der auch diese Arbeit begleitet hat, vielleicht ein eher schiefes Bild ist. 4
Ein großer Meister der penetranten und nicht immer primär angenehmen KlangMassage war der Brite (bzw. später Österreicher) Peter Rehberg (aka. Pita), der im letzten Sommer kurz nach seinem 53. Geburtstag verstorben ist. Auch mit seinem Label mego bot er vielen Experimentatoren eine Plattform, was nun die unter pwgen20.bandcamp.com zu findende download-compilation "Get This: 32 Tracks For Free - A Tribute to Peter Rehberg" würdigt. Nicht nur wegen der epochalen SirenenSchichtung "Alarms" von v93r (den ich wie die meisten der hier beteiligten NoiseArtisten bis dato nicht kannte), sondern auch wegen der vielen anderen, die Facetten von Störgeräuschen und Lärm auf z.T. wirklich geniale Weise untersuchenden KlangKunstWerke eine unbedingte Empfehlung. 5
"Reime" (TAL) nennen SO SNER ihre "excursions for bass clarinet and electronics". Wenn man weiß, dass dahinter die grandiose Wiener Kontrabassklarinettistin Susanna Gartmayer und der Düsseldorfer ElektronikZauberer Stefan Schneider (aka. Mapstation) stecken, ist eigentlich klar, dass die Musik ganz wundervoll sein muss. Zu rauh klappernd dahin knisternden und die Stücke gekonnt rhythmisch strukturierenden (oder auch mal in eine ambiente Grundstimmung färbenden) ElektroLoops improvisierte Gartmayer in Kraftwerks "Kling Klang Studio" ihre dunklen Schönheiten. 5
Eine andere Vorstellung von Schönheit hat der Pianist KAI LIEKENBRÖCKER. Sein "Klavier"
(braa) orientiert sich an einer konventionelleren KlangÄsthetik, ohne in die Beliebigkeit der unsäglichen NeoKlassiker abzugleiten. Die sehnsuchtsvoll-romantischen Improvisationen (das Info sagt dazu "Klavierkunst-Krönchen" – so cute!) erinnern mehr an Tingvall als an Albanese und das ist wirklich gut so. 4
Einer ähnlichen GedankenWelt entstammt der Schwede JACOB KARLZON, der lange Viktoria Tolstoy und später auch Lisa Bassenge am Klavier begleitet hat und nun mit "Wanderlust" (Warner) eine sehr schöne neue Platte vorlegt. Mit Morten Ramsbøl am Bass und dem drummer Rasmus Kihlberg hat er zwei stilsichere Begleiter für Wanderungen durch dezent elektr(on)ifizierten Jazz. Bei jeweils zwei Stücken gastieren Dominic Miller (git) und Mathias Eick (tr). 4
Die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Mathias und Johannes Eick habe ich nicht untersucht, auf jeden Fall ist letzterer der Bassist im aktuellen HELGE LIEN TRIO (am Schlagzeug sitzt Knut Aalefjær). "Revisited" (Ozella) heißt die zu weiten Teilen live aufgenommene CD des Norwegers, auf der er vom Debut "What are you doing the rest of your life" (2001) bis zur letzten Platte "10" (2019) Stücke aus allen Phasen seines Trios neu denkt. 4
Anders als für Helge Lien ist bei der Pianistin OLIVIA TRUMMER auch die Stimme ein wesentliches Ausdrucksmittel für den zarten KlavierTrio(Bar)Jazz auf "For You" (Warner). Der italienische Trompeter Fabrizio Bosso steuert bei einigen Stücken elegische Melodielinien bei, an anderer Stelle ergänzt die (Bariton)Gitarre von Kurt Rosenwinkel den zwischen "Thirsty in the bathtub" und "Undress me" regierenden Schönklang. 4
Auch der gefällig-sanfte GitarrenSound, den PHILIPP VAN ENDERT & ORCHESTRA im "Moon Balloon" (JazzSick) zelebriert, ist durchaus schmuse-kompatibel. Knapp 40 Minuten reine Lieblichkeit mit dem Breitwandsound des Babelsberger Filmorchesters und den "special guests" André Nenza (b) und Christian Kappe (flh). 4
"hringferð" (MusicHub) heißt das selbstverlegte Album von LARS DUPPLER (p) und STEFAN KARL SCHMID (ts/ss/cl) und das Internet sagt mir, dass dieses schöne isländische Wort wohl "Hin-und Rückfahrt" bedeutet (dass "Hringur" Ring meint, wusste ich als Besitzer eines der so bezeichneten Wolfgang-Müller-Multiples schon – passt also). Das Info stellt die Kölner denn auch als "Halb-Isländer" vor, was wohl nicht nur auf die persönliche Wohnsitz-Vorliebe der beiden, sondern auch auf die ihrer Musik innewohnende nordische Melancholie anspielen soll. Die 9 gefühlvoll-sentimentalen Kleinoden auf dieser innerhalb von nur drei Stunden eingespielten CD bezaubern mit einer feinen Balance aus energischen Pianoläufen und verträumten Sax-Linien. Manchmal auch mit umgekehrten Rollen, aber niemals jenseits der Komfortzone. 3
Obschon in ein typisches Helge Leiberg-artwork verpackt, bleibt es auch bei den "Seven Whites" (Jazzwerkstatt) von PETER EHWALD (ts), STEFAN SCHULTZE (p) und TOM RAINEY (dr) entspannt, auch wenn sich der rhythmisch und harmonisch etwas nervösere und (vielleicht deshalb?) sehr interessante "Antiheld Winterfeld" ein wenig aus der sonst vorherrschenden Sanftheit heraushebt. Dass "weiß" nicht gleich "weiß" ist, weiß (ha!) man nicht nur in der Wandfarbenabteilung bei Obi – wie fragil, ruhig und hartnäckig zugleich die drei hier in einem sehr transparenten KlangBild die Nuancen untersuchen, beeindruckt trotzdem sehr. 4

Fear No Jazz
›› BENEDICTE MAURSETH ›› AXEL DÖRNER & MAZEN KERBAJ ›› ALPACA ENSEMBLE & EIRIK HEGDAL WITH THEA ELLINGSEN GRANT ›› AMPAIR:E ›› MORITZ ANTHES ›› ELĪNA GARANČA - WIENER PHILHARMONIKER (CHRISTIAN THIELEMANN) ›› KARM ›› YOUN SUN NAH ›› JAZZJANZKURZ ›› LYDIE AUVRAY ›› TRONDHEIM JAZZ ORCHESTRA & JOHAN LINDVALL ›› JAZZJANZKURZ ›› JAZZJANZKURZ ›› LOUIS LAURAIN ›› INGAR ZACH / MICHELE RABBIA ›› TILL BRÖNNER ›› DAVID FRIEDMANS GENERATIONS QUARTET ›› BADBADNOTGOOD ›› ERKIN CAVUS & REENTKO DIRKS ›› ULRIKE HAAGE ›› JO BERGER MYHRE ›› LEA DESANDRE/ENSEMBLE JUPITER ›› ALI SHAHEED MUHAMMAD & ADRIAN YOUNGE ›› BOBBY RAUSCH ›› HOTEL BOSSA NOVA ›› MARTIN TINGVALL ›› FLAT EARTH SOCIETY ORCHESTRA ›› EMMA-JEAN THACKERAY ›› JOHN CAROLL KIRBY ›› ISFAR SARABSKI ›› MARKUS TÜRK ›› JAZZJANZKURZ ›› HECTOR ZAZOU


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