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JAZZJANZKURZ

V.A.

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Natürlich gibt es auch im CoronaJahr 2021 etliche WeihnachtsJazz-CDs, die meisten sind komplett entbehrlich. Ich möchte beispielhaft nur eine erwähnen, nämlich "Christmas Came Early" (Ozella) vom ODDGEIR BERG TRIO. Der norwegische Pianist vermeidet in seinen Interpretationen von GenreKlassikern wie "O come all ye faithful" oder "Det hev ei rose sprunge" dankenswerter Weise jedweden Glühweinstand-KitschGroove, sondern verlangsamt die Schlagzahl zuweilen so drastisch, dass sich der Info-Autor an "Bohren&DerClubofGore erinnert fühlt". Das scheint mir angesichts der dennoch vorherrschenden p-b-dr-Seligkeit zwar etwas weit gegriffen, aber schlecht sind diese 8 Stücke wirklich nicht. Deshalb schon an dieser Stelle mal: "Glade jul"! 3
Den nächsten Norweger am Klavier kennen wir von Brutter und Dans Les Arbes, eigenen Formationen (ob nun als Trio oder größeres Ensemble) und nicht zuletzt von famosen Platten mit dem in dieser WESTZEIT-Ausgabe an anderer Stelle hochgelobten Trondheim Jazz Orchestra. Die Rede ist von CHRISTIAN WALLUMRØD, der auf "Speaksome" (Hubro) solistisch unterwegs ist. Dabei erkundet er die Möglichkeiten seines Pianos im elektronischen Kontext, denn zu feingliedrigen KlavierKlängen gesellen sich hier Synth- und Autoharp-Sounds – zuweilen ergänzt mit eigenartigen drum-machine-sequenzen. Eine intime Arbeit mit spannendem Ergebnis. 4
Wesentlich heftiger, aber im Grunde auch konventioneller kommt uns RED KITE. Die aus Größen der norwegischen Rock-Jazz-Metal-Prog-Szene bestehende Band bohrt mit "Apophenian Bliss" ein ordentliches ProgPsych-Brett. Mal wild ballernd (z.B. im opener "Astrology (The One True Science)"), mal als ausufernde Suche zwischen "Doom Metal und elektrischer Miles-Kühle" (wenn "This Immortal Coil" ein Verweis auf die grandiose 4AD-allstar-Band aus den 80ern sein soll, habe ich ihn musikalisch nicht nachvollziehen können), mal als tiefenentspannter, beinahe country-esker Schmachtfetzen (das dieses wilde Konglomerat beschließende "Sleep Tight"). Aufregend, zumindest wenn man in der richtigen Stimmung ist. 4
Die nächste Kombination ist verwirrend. Mit Jamie Saft an Klavier und Mellotron und dem großen Brad Jones (nicht nur wegen den Jazz Passengers einer meiner all-time-faves) am Kontrabaß spielt MIKE PRIDE (dr, perc, key) auf "I Hate Work" (beide RareNoise) ausschließlich Stücke, die auf dem M.D.C.-Debut "Millions of Dead Cops" von 1982 basieren. Pride war von 2000 bis 2004 Tourdrummer bei der reanimierten Legende, was ihn weitere 20 Jahre danach veranlasste, hardcore in swingenden Jazz zu übersetzen. Das gelingt erstaunlich gut – mit "Foetus" JG Thirwell, The Dead Science-Sänger Sam Mickens und nicht zuletzt dem Original-M.D.C.-Schreihals Dave Dictor hat Pride auch bestens geeignete Gastsänger an Bord. Ich kenne von M.D.C. ich nur ihren kleinen Hit "John Wayne Was a Nazi" (US-Punk war bis auf die Dead Kennedies nie so richtig mein Ding) und kann daher mangels Kenntnis der Originale nicht beurteilen, wie sich Prides Arrangements zu diesen verhalten, aber spannend ist das hier allemal! 4
Auch das LOU-DUO hat ein schönes "Souvenir" (Label 11) für uns. Drummer Jonas Sorgenfrei überzeugte schon im letzten Monat mit seinem u.a. mit Wanja Slavin eingespielten "Elephants Marching On", jetzt bildet er mit dem Pianisten Felix Schneider-Restschikow unter einem launigen Namen den KristallationsKern fürMitstreiter wie die beeindruckende Sängerin Ioanna Gkrigkorian (die bei "Hoy Nazan" ihre armenisch-griechische Wurzeln einbringt), den Harfenisten Anton Mangold (der bei aller Freundlichkeit im Ausdruck doch jedem Kitsch erfolgreich aus dem Weg geht) und die Cellistin Nectaria Delgadillo (quel nom merveilleux!). Nicht nur wegen dem dort paraphrasierten Türkischen Marsch (yep, man bedient sich mal eben bei Mozart!) und dem Verweis auf den BalkanTanz im abschließenden "Rondo alla Čoček" durchweht diese Platte ein orientaler, fern-, mittel- oder nah-, auf jeden Fall östlicher Hauch. 4
Eher lateinamerikanisch inspiriert sind die "Colors & Shadows" (Jazzline) der aus Barcelona stammenden singenden Trompeterin ANDREA MOTIS. Für meine Begriffe etwas zu nett und vorhersehbar, aber die 10 mit der WDR-Big Band eingespielten Stücke finden sicher ihre Hörer. 3
Packender finde ich da die zwar sehr reduzierten und durchaus auch einem herkömmlichen JazzIdeal verpflichteten "Bebop Sketches" (JazzSick), die das AXEL FISCHBACHER TRIO eingespielt hat. Von (E-)Gitarre, Kontrabaß und Drums in ein beinahe privates Gewand gehüllt, erklingen geglückte Fassungen von 7 wohl jedem vertrauten Jazz-Klassikern, darunter "Autumn Leaves", "Ladybird" und "Blue In Green". Wir lauschen fasziniert. 4
MARCUS DEML ist ein anderer Gitarrenvirtuose, der wegen der bekannten Beschränkungen im letzten Jahr sehr viel Zeit hatte. Seine "Healing Hands"(Triple Coil Music) leiht der sonst viel gebuchte Session- und Tourmusiker hier mal nicht Sabrina Setlur, Nena oder Rick Astley, sondern spielt mit ihnen ein sehr vielseitiges, für meine Ohren aber auch deutlich zu braves Instrumentalalbum ein. Mal BluesRock, mal LatinSwing, dann wieder FusionKram – trotzt erkennbarer Fähigkeiten am Instrument ist das hier nicht mehr als solides Handwerk. 3

"Portraits of New York City" (Unit) heißt die CD der Big Band um den jungen Trommler Kevin Naßhan, die mit SILENT EXPLOSIOIN ORCHESTRA gleichfalls schon mit ihrem Namen eine (korrekte) Richtung vorgibt. Nach etwas Straßenlärm hören wir in "Arrival" kurz Bläser wie Schiffshörner – welcome to the Big Apple! Nachdem der "Central Park" freundlich swingend durchstreift ist, folgt zwischen Streichern am "Lincoln Square" ein schneller Groove zu wiederum höchst klassischem Big-Band-Sound, der hier durch den feenhaften (und hörbar akademisch ausgebildeten) Gesang von Svenja Hinzmann veredelt wird. Auch "Greenwich Village" (ein Schmuse-Sax im weichen Streicher-Bett), "Times Square" (hier umspielt ein schönes Bass-Solo den sanften Gesang von Andreas Braun) und "Harlem" (Big-Band-Swing wie aus dem Lehrbuch) werden besucht – diese Reisebeschreibung ist geglückt. 4
Das bekanntlich aus einem sax-b-dr-git-Jazz-4er und einem Streichquartett bestehende HEINER RENNEBAUM DOPPELQUARTETT spielt "Bebop Bizarre" (Umland). Wenn Jan Klare in sein Horn stößt, kommt nie etwas Uninteressantes heraus – da werden Akkorde zerlegt und re-kombiniert, die Streicher spielen semi-klassich gegen wildes Schlagzeug-Rütteln an. 2 Celli, Geige und Bratsche können aber auch richtig Krach machen – "Kreisel" ist da ein guter Beweis. Und dann ist da auch noch "Didos Lament", eine herrlich freieInterpretation des vertrauten (und von mir sehr geschätzten) Klagelieds aus Purcells Oper "Dido and Aeneas". JazzKunst vom Feinsten. 5
ULRICH KRIEGER ist als Saxophonist zumeist in Neue Musik-/Avantgarde-Zusammenhängen unterwegs, ich kenne ihn von Zeitkratzer und einigen Art Zoyd-Platten, aber er war z.B. auch Teil von Lou Reeds Metal Machine Trio. Und Neutönerisches aus der Cage/Scelsi/Partch-Ecke hat er zuhauf und für unterschiedlichste Labels aufgenommen. Mit "236 Strings" (L’ST) arbeitet er sich nun durch 5 anspruchsvolle eigene Stücke (keines unter 10 Minuten lang!), die den Versuch starten, Neue Musik und Noise in einem (nicht zu kuscheligen) Ambient-setting zu vereinen. Das klingt dann ein wenig wie Feldman goes Merzbow: minimalistische KlavierTupfen dominieren leichten HintergrundLärm. Oft bleibt es auch rein akustisch, die PianoNoten hallen durch den Raum und umspielen sich und ihre Echos – man darf sich konzentrieren. Und wenn die Liebste fertig ist mit Spielen, zähle ich gleich mal nach, ob auch unser Klavier 236 Saiten hat. 4
ÈLG ist Laurent Gérard ist ein Mann, der sein neues Album "Dans le salon du Nous" (Vlek) in einer Phase wochenlanger pathologischer Schlaflosigkeit geschrieben hat. Die während der Insomnie verspürte Hypersensibilität kann man in den von Hysteriebis Pastiche oszillierenden Stücken tatsächlich wiederfinden. Zwischen Sprechgesang und Geschrei, seltsamen loops und wirren InstrumentalClustern findet hier eine Menge statt und ich muss gestehen, ich begreife wahrscheinlich nur einen Bruchteil davon. 3

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