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Da der Stapel der in dieser kleinen Kolumne zu verhandelnden Platten in diesem Monat gar nicht mal so hoch ist, starten wir mit zwei CDs, die auch gut in die dem Jazz verpflichtete Schwester gepasst hätten. Da wäre zunächst die seltsam zwischen SpaceDisko und GrooveJazz pendelnde Folge II von OLA KVERNBERGs "Steamdome"-Projekt: "The Hypogean" (Grappa) flicht aus Sequenzertuckern der Marke "Magic Fly", jeder Menge Perkussion/drums und semi-spacigen Synths einen gut eine Stunde langen KlangZopf, wobei das Verdecken einiger aus Langeweile ergrauter Strähnen nicht immer gelingt. 3Jan Delay-Schlagzeuger JOST NICKEL mixt in den durchaus mitreißenden FunkGroove seines Solo-Debuts "The Check In" (Leopard) jede Menge PopAppeal. Nicht durchweg höchstwertig, aber doch eines vorurteilsfreien Antestens würdig finden hier schmieriger 70iesPornoFunk und fett-basslastige, bläsergetriebene EdelDiskoSounds zueinander. 4
Und ich glaube auch "Wöd" (Kofferradio) des Wieners Max Hauer aka. CLER ist gar nicht so schlecht. Nur komme ich mit dem breiten Ösi-Dialekt nicht klar, der lässt mich den braven SiSoPop in einem ganz falschen Licht sehen. Wer weniger Vorurteile hat als ich, sollte sich an dieser "Welt" durchaus mal versuchen. 3
Und wenn er noch so oft die Bestsellerlisten stürmt, ich kann dem lustigen Russen Wladimir Kaminer wenig abgewinnen. Die Russendisko im Café Burger war ja noch OK, zumindest hat sie vielen Hipstern die Ohren für Osteuropas popmusikalische KlangWelten geöffnet - dafür ein ehrliches "Danke!". Aber was KAMINER & DIE ANTIKÖRPERS jetzt als "musikalisches Pandemie-Tagebuch" unter dem Titel "Bleib zuhause, Mama" beim doch sonst für unbestechliche Qualität stehenden Label Trikont veröffentlichen, lässt sich für mich nur durch den berüchtigten Geschmacksverlust bei einer akuten Covid-19-Erkrankung erklären. Bemüht lustige (und latent querdenkerische) Corona-Texte zu wenig aufregender Musik - Gute Besserung! 2
Da folgen wir doch lieber den neuen Daumenklavier-Exzessen der KASAI ALLSTARS. Unter dem schön sperrigen und lebensweisen Titel "black ants always fly together, one bangle makes no sound"(Crammed Discs) lassen die es allerdings vergleichsweise ruhig angehen, zu den gern im Rechner vorbereiteten ZappelBeats erklingt vielfältiges Schlagwerk und jede Menge traditionelle SaitenSchwingungen. Dazu gibt’s feine GrooveGesänge - mal solo, mal als Chor, mal alles zugleich, aber immer gut. 4
Wollt ihr den Afro-Hüftschwung beibehalten, bietet sich AYUUNE SULEs Kologo-Power an. Der Titel seiner neuen Platte "Putoo Katare Yire" (Makkum/Rebel Up) wird auf der Coverrückseite mit "Wickedness has no home" übersetzt und wahrscheinlich hat das Böse hier tatsächlich keinen Platz. Auf jeden Fall bleibt kein Fuß ruhig. 4
Ganz anders, nämlich beinahe elegisch sind die Klänge, die der Armenier ARSEN PETROSYAN seiner Duduk-Flöte (die instrumententechnisch zwar eher mit einer Oboe verwandt ist, aber das ist hier mal egal) entlockt. Sehr traditionell und hingebungsvoll, ohne aber in FolkPurismus abzugleiten. "Hokin Janapar" (ARC) heißt die CD und das bedeutet "Seelenreise". Stimmt. 4
Von hier zu avantgardistischer Elektronik zu springen, gelingt nur mit einer Zwischenlandung bei der völlig überflüssigen re-issue einer 1982 erschienenen NDW-Platte. Die Band nannte sich angestrengt-kryptisch P!OFF? und für ihre einzige LP fiel ihnen auch kein anderer Titel ein als – genau! - "P!OFF?" (Bureau B). Das kommt von "Piss Off Orkesstr". Aha. Und schon wieder vergessen, weil vollkommen egal. Hubert Kah versucht DAF als schmalbrüstigen MinimalSynth zu spielen. Konnte auch damals nur schief gehen. 2
Nochmal kurz Anlauf holen und wir schaffen den Sprung zu RICHARD CHARTIERs meisterhaftem StatikMonument "Interreferences". Aus sanft verzerrtem SchaltkreisWimmern generiert der US-Amerikaner 6 Interferenzen, also Überlagerungen, bei denen sich die Schwingungen tatsächlich mal verstärkend, mal auslöschend durchdringen. Eine Stunde hochabstrakter Ambient für WellenTheoretiker. 4
ALEXANDRA SPENCE ist nicht nur Chartiers Labelkollegin, sondern auch Geistesverwandte. "A Necessary Softness" (beide Room40) kommt als MC (jaja, die Hipster haben das Magnetband wieder entdeckt!) und auch hier entwickeln sich aus monolithischer Ruhe mit der notwendigen Langsamkeit raue Klangperlen, in die field recordings oder gemurmelte SprechSpuren eingeschrieben werden. Wobei die Künstlerin nach sinnender Betrachtung der Gezeiten an Vancouvers Gestaden (der opener heißt denn auch "Tidewater") der interessanten Vorstellung nachhängt "that the cassette may be played in either direction". Ebbe und Flut als das Vor und Zurück einer MC – schöne Idee...4
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