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JAZZJANZKURZ

V.A.

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So, so, es ist also Weihnachten? Man merkt es auch daran daß die von Verwertungszwängen getriebenen Plattenfirmen 1000fach gehörten FesttagsSchrott neu verpacken. Dazwischen finden sich aber auch kleine Nettigkeiten wie das sinnig "Christmas" (Lucky Mojo) betitelte Album der steierischen JazzChanteuse SIMONE KOPMAJER. Sonderlich innovativ ist die Songauswahl zunächst nicht, es beginnt mit einer braven SchmuseFassung des ohnehin nicht wirklich wilden "Santa Baby", es folgen "Jingle Bells" & Co., irgendwann auch "Baby It’s Cold Outside" (die definitive Interpretation hiervon bleibt für mich die von Manfred Krug auf seiner 75er LP) – wären da nicht ein paar österreichische Volkslieder, bliebe diese CD komplett überraschungsfrei. Aber handwerklich gibt’s bei aller demonstrativen Konventionalität nichts zu meckern und wann, wenn nicht zu Weihnachten, darf’s auch mal so richtig kitschig sein?! 3
Die Deutsch-Schwedin ANNA.LUCA bleibt als "Small Friendly Giant" (Frutex Tracks) auch auf sicherem Terrain. Eine zart-schöne Frauenstimme zu einem sentimentalen KlavierTrio. Passt wie, äh, Baum in Ständer. 4
Auf FRIDAs "Freedom Of Flight" (JazzSick) schleichen sich zwischen JazzCover von Britney Spears und Cindy Lauper auch Vertonungen von Gedichten von Emily Dickinson oder (der gerade von auffällig vielen Sängerinnen "entdeckten") Mascha Kaléko. Die Musik dazu ist deutlich freier und auch die Besetzung so ungewöhnlich wie interessant: allein zu Bass und Drums singen hier nämlich gleich 3 Frauen - dass keine davon Frida heißt, ist klar, oder? 4
Der Finne KARI IKONEN hat eine Erfindung namens Maqiano gemacht (und schon zum Patent angemeldet), die es ihm erlaubt, sein Klavier in arabischen Skalen und anderen MikroIntervallen zu spielen und das ist für Theoretiker sicher sehr bedeutsam, erfreulicherweise aber auch in der ganz direkten MusikWerdung extrem aufregend. "Impressions, Improvisations And Compositions" (Ozella) heißt die schöne CD denn auch ganz treffend: Überbau und Praxis, Eingebung und Überlegung, Gefühl und Gedanke finden hier sehr schön zueinander. Auch das Nebeneinander von fordernder Schwere und träumerischer Leichtigkeit ist mehr als angenehm. Nur dass er das Ganze auch noch durch einen expliziten Bezug auf Kandinskys Malerei und dessen ästhetische Reflexionen aufladen muss, finde ich etwas "too much". 4
Das p-sax-dr-TRIO AURORA tastet sich auf "Holistic Images" durch live im Studio eingespielte Komplexitäten, die meist recht geglückt und spannend sind und nur ganz selten in die typisch deutsch-intellektuelle Hüftsteifigkeit akademischer Fingerübungen verfallen. 3
Auf "An Eels Trip" (beide Klaeng) begibt sich das BASTIAN STEIN TRIO. Die Trompete des Bandleaders umschmeichelt zu warmem BassZupfen und dezentem Schlagzeug wie einst die von Kenny Wheeler die Noten und streich(el)t die ihnen innewohnende melancholische Wärme heraus (und ich schwöre, das hätte ich auch ohne den Hinweis im Waschzettel zu bemerken vermocht – "Gnu High" gehört zu meinen all-time-faves!). 4
BläserTräume auf einer höchst soliden KontrabassBasis - diese Auffassung von Jazz teilt auch das CASPER VAN MEEL QUINTET, das "On The Edge" (Float) zwischen swingendem JazzClubJazz und der relaxten Schönheit von Posaunen/Trompeten-Improvisationen pendelt. 4
Mit cl-git-b gehen die Norweger von BALLROGG an den Start und es bleibt auch auf "Rolling Ball" (Clean Feed) verträumt. In zartem Minimalismus erhebt sich über einen festen Bass und meist sehr fingerflinke Gitarrenfiguren die (Bass)Klarinette. Deren Wärme und das flirrende Glück der Gitarre ergänzen sich auf ganz wundervolle Weise – ohne jemals die Freiheit des Jazz dem bloßen Wohlklang zu opfern. 5
Da ist der TRIBE schon etwas kratziger unterwegs, denn auf "Stop & Frisk"(JazzSick) wird – in einem latent an die HochZeiten der Knitting Factory-Szene erinnernden Sound – schmutziger Rock mit ElektroJazz verheiratet. Mal gebrochene, mal stoisch gerade, mal jazzig vertrackte Beats und die manchmal auf sehr freundliche Art nervöse Trompete von Tribe-Chef John-Dennis Renken verbünden sich zu verzerrten Gitarren und Angelika Niesciers Signature-Sax mit einer mal wilden, mal grund-relaxten Posaune. Dieser Stamm kann’s - sowohl ausgelassen-wild wie auch melancholisch-sinnierend. 5
Es gibt ja eine ganze Reihe großartiger Trompeter, J. PETER SCHWALMS hat sich für "Neuzeit" mit ARVE HENRIKSEN einen der besten ins Studio geholt. Dort veredelte der Meister die elegische Basis aus Klavier und ElektronikAtmo mit sensiblen Melodien, ohne vor kleinen Experimenten zurückzuschrecken. 4
Deutlich anstrengender ist "Allt är Intet" (beide RareNoise) von einer Formation, deren Namen ebenso wenig Hoffnung innewohnt wie dem Plattentitel - "Alles ist nichts", gespielt von THE END. Es beginnt mit einer schaurig-schönen Version des BluesKlassikers "It Hurts Me Too", beim dem die aus Äthiopien stammende Sängerin Sofia Jernberg klarstellt, dass es hier um Ausdruck, nicht um SchönKlang geht. Danach leistet das BrachialSaxophon von Mats Gustafsson ganze Arbeit und steigert sich langsam, aber mit bedrohlicher Stetigkeit in eine KlangEkstase, in die Jernberg in der 2. Hälfte dieses "Dark Wish" nur zu gern einsteigt. Und dass The-End-Gitarrist Anders Hana nebenbei gern mal in GrindcoreBands die Saiten schrubbt, ist auch den übrigen vier Stücken dieses reinen FreeFormJazzRock-Wahnsinns anzumerken. 5
Frau Jernberg ist auch auf dem üppigen Triptychon "Ambrosia" (Thanatosis Produktion) von CHRISTER BOTHÉN zu hören. Zumindest auf der CD "Zon" aus diesem 3er-Pack. Dort flüstert sie allerdings meist dunkle RunenReime über die 1/2stündige Tarkowski-inspirierte Suite für Freies Brummen, Summen, Flattern und Gurren. CD 1 und 3 bestehen aus Solo-Stücken des Avant-Bass-Klarinettisten, die Klang gewordene Düsternis mit der Aussicht auf (a)tonale Freiheit multiplizieren. Im Winter könnte diese insistierende Kunst besonders empfindliche Gemüter womöglich in eine tiefe Verwirrung stürzen, dabei wohnt dem Ganzen aber doch auch untergründig eine ganz spezielle Form von friedlicher Ruhe inne. 5
Nochmal Avantgarde aus Norwegen: THE TOUCHABLES sind ein experimentierfreudiges KammerOrchester, das auf "Svart/Hvitt" (ConradSound) keinesfalls in Schwarz-Weiß-Kategorien denkt und musiziert, sondern viel mehr im Spannungsfeld von "leise" und "ganz leise". Was sich hier aus kaum hörbaren Schwingungen zu sonorem BrummSummen auftürmt, wird über neutönendes Semi-Chaos und schrill pfeifenden Schmerz zu fragiler FrequenzVerdrehung und E-Musik-drone. 4
Auch CATHERINE LAMB bewegt sich mit "Prisma Interius VII & VIII" (Sacred Realism) auf der Grenzlinie von Improvisation und Akademie. Gehaltene Geigenklänge (man darf hier an Feldman denken) wachsen auf einem zunächst eher spür- denn hörbaren Untergrund aus Sounds von einem speziell entwickelten "Secondary Rainbow Synthesizer". "P.I. VIII" funktioniert ähnlich, allerdings mit Unterstützung des Harmonic Space Orchestras, was den KlangRaum etwas weitet, ohne die getragen-experimentelle Grundstimmung zu verändern. 4
Zum Schluss aber noch ein re-issue-Tip: MPS bringt 6 der Platten, die der Keyboarder GEORGE DUKE für das legendäre Schwarzwald-Label einspielte, nachdem er Frank Zappas Mothers genug Jazz in ihren AvantRock gemischt hatte, in schickem oversize-artwork mit ausführlichen liner-notes und einigen gimmicks neu heraus. Exemplarisch erwähnen wir hier mal 1973er DLP "Solus/The Inner Source", die – wohl der ursprünglichen Intention des Künstlers näher kommend - auf 2 CDs neu aufgeteilt wurde und mit ExperimentalElektronik ebenso spielt wie mit ZappaRock und SentimentalJazz. Ein schönes Kontrastprogramm hierzu bieten die zwischen FusionJazz und Hendrix-Sounds auch mal in Richtung PornoSoul ausbrechenden "Liberated Fantasies" (alle MPS) von 1976, von derem leicht schmierigen SynthieFunkSoul sich ein gewisser Prince ohrenscheinlich einiges abgeschaut hat. Kann man gut zu Weihnachten geschenkt kriegen. 4/4

Fear No Jazz
›› ANGÈLE DAVID-GUILLOU ›› MARC SABAT/HARMONIC SPACE ORCHESTRA ›› HANNA SCHÖRKEN ›› ELĪNA GARANČA ›› SUSANNA GARTMAYER & CHRISTOF KURZMANN ›› INGA LÜHNING & ANDRÉ NENDZA ›› DOUG CARN, ADRIAN YOUNGE & ALI SHAHEED MUHAMMAD ›› THE STRING THEORY ›› NATACHA ATLAS ›› BLACK BURST SOUND GENERATOR ›› V.A. ›› STEPHAN THELEN - KRONOS QUARTETT/AL PARI QUARTETT ›› JAZZJANZKURZ ›› BOW ›› MERZBOW-MATS GUSTAFSSON-BALÁZS PÁNDI ›› TINGVALL TRIO ›› JAZZJANZKURZ ›› EDWARD ELGAR ›› TIGRAN HAMASYAN ›› KONSTRUKT & OTOMO YOSHIHIDE ›› SHERIFFS OF NOTHINGNESS ›› NILS WÜLKER ›› JAZZJANZKURZ ›› WIM MERTENS ›› ANNA PROHASKA - LAUTTEN COMPAGNEY - WOLFGANG KATSCHNER ›› ROY AYERS, ADRIAN YOUNGE & ALI SHAHEED MUHAMMAD ›› ZEITKRATZER & MARIAM WALLENTIN ›› ALEXA RODRIAN ›› THE JERRY GRANELLI TRIO ›› BRONIUS KUTAVIČIUS ›› JAZZJANZKURZ ›› PHILIPP RUMSCH ENSEMBLE ›› THE DORF / PHILL NIBLOCK


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