
Mehrstimmiger Gesang, verspielte Streicherarrangements und die pure Freude am gemeinsamen Musikmachen sind drei (gar nicht so) geheime Zutaten, wenn Anna Meier, Tabea "Tabi" Niewerth und Milena "Mille" Wagner als animat gemeinsam Musik machen. Jetzt baut das Trio aus Paderborn mit seiner facettenreichen ersten EP "Slowwalker" eine Brücke vom entspannten US-Westcoast-Folk der 60er zum vom Pop geküssten Indie-Folk der Gegenwart.
Während der Pandemie fast schon zufällig zusammengekommen, war es nicht zuletzt die schicksalhafte Begegnung mit dem ebenfalls aus Paderborn stammenden Folktronica-Projekt LOKI (zu deren Line-up die drei Musikerinnen inzwischen als Multiinstrumentalistinnen gehören), die animat den Weg wies."Dass wir von den Lokis gefragt wurden, ob wir mit auf Tour kommen wollten, kam unerwartet, aber irgendwie waren wir trotzdem ready dafür", erinnert sich Mille im WESTZEIT-Interview. "Wir konnten dadurch viel Musik- und Bühnenerfahrung sammeln und dachten: Warum nicht auch weiter an unserem Projekt arbeiten?"
Zwischen Aufbruch und Nostalgie unterstreichen animat nun mit ihrer ersten EP, dass sie sich nicht so leicht in eine bestimmte musikalische Schublade stecken lassen wollen. Ein lebensbejahender Uptempo-Popsong wie "Fertilizer" hat auf "Slowwalker" deshalb genauso seinen Platz wie die traurig gestimmte Folk-Ballade "Blue", und mit dem "Schlaflied" gibt es sogar einen Song auf Deutsch. Gab es trotzdem bestimmte Acts, die besonders inspirierend für die drei waren?
"Puh, das ist schwierig, weil wir alle zum Teil sehr unterschiedliche Musik hören", gesteht Anna. "Zwei Bands, die uns alle inspirieren, sind aber Black Sea Dahu und, auch wenn es etwas offensichtlich scheint, Boygenius."
Auch wenn es den dreien ein Anliegen ist, das nicht zu einem zentralen Punkt zu machen: Für die besondere Note im Klangkostum von animat sorgen dennoch immer wieder die Streicher-Arrangements. Doch obwohl Anna, Tabi und Mille alle eine gewisse musikalische Ausbildung genossen haben, macht sich das in der Herangehensweise an ihre Musik nicht wirklich bemerkbar.
"Obwohl wir alle Geigen-/Cellounterricht hatten, sind wir nicht sooo die Profis in Tonleitern", verrät Anna. "Wir gehen demnach relativ unvoreingenommen und impulsiv an die Songs ran. Vieles entsteht auch durch einfaches Improvisieren und Ausprobieren."
Das kann auch Mille nur unterstreichen: "Für den letzten Song haben wir zwei Stunden gebraucht, um herauszufinden, in was für 'ner Tonart er überhaupt ist – und das nach zehn Jahren Cello/Geigenunterricht! Ich frage mich irgendwie, warum keine Theorie hängengeblieben ist! Aber manchmal bin ich echt umso mehr begeistert davon, wie wir aus dem Nichts einfach so Streicher-Arrangements schreiben."
Inhaltlich kreisen die Lieder von animat um das Erwachsenwerden, alte Verschlossenheit oder neue Hoffnung. So geht es im Titelsong darum, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und trotz aller Unsicherheiten die Zuversicht nicht zu verlieren.
"Wenn ich texte, dann suche ich, glaube ich, nach einem unmittelbaren Ausdruck von dem, was ich mal gefühlt, erlebt oder erhofft habe, ohne anfangs allzu viel darüber nachzudenken", erwidert Tabi auf die Frage, was der Antrieb beim Songschreiben ist.
"Das ist fast wie ein codiertes verziertes Emotionstagebuch."
Dennoch wird natürlich nicht aus jedem "Tagebucheintrag" auch gleich ein Song, den man mit der ganzen Welt teilen will.
"Ich glaube, es gibt zumindest bei mir nicht immer einen spezifischen ausschlaggebenden Moment", sagt Tabi. "Wenn etwas mir gerade auf dem Herzen liegt oder lag, kann ein Lied oder zunächst ein Text draus werden." Mille ergänzt: "Ich glaube, die Texte, die wir bisher geschrieben haben, verarbeiten zwar persönliche Erlebnisse und Gedanken, aber nicht so sehr, dass sie dann komplett auserzählt sind."
Bei ihren Konzerten – die Release-Show zur EP findet am 05.12.2025 im Paderborner Deelenhaus statt – spielen Anna, Tabi und Mille bisweilen mehrere Instrumente (fast) gleichzeitig. Ist das Teil des Konzepts der Band, oder würden animat lieber mit einer großen Band im Rücken auftreten, wenn es keine finanziellen Zwänge gäbe?
"Ich glaube, mal so mal so", antwortet Anna. "Vereinzelt spielen wir sogar schon mit Drums und Bass zusätzlich, und das macht auch jedes Mal sehr viel Spaß. Ich glaube, das kleine, akustische Konzert hat genauso was wie die größere Besetzung mit mehr Wumms – je nach Kontext."
Von der Fußgängerzone über die Open-Air-Bühne bis zu Clubs – animat sind schon an jedem erdenklichen Ort aufgetreten. Trotzdem sind noch ein paar Wünsche offen.
"Irgendwo in Irland, da hätte ich Bock drauf!", sagt Anna. "Oh, ja! Da sehe ich uns auch", fügt Mille hinzu. "Ansonsten wäre ich beim Primavera Sound oder Glastonbury dabei (gerne Hauptbühne 21 Uhr) oder auf Europatour als Voract für Aurora. Das wäre auch irgendwie extrem nice. Ah ja, und KEXP-Session und Tiny Desk Concert auch noch – und Vorband für Giant Rooks sowieso!"
Trotzdem sind große Träume nicht alles für animat.
"Ich lasse mich gerne überraschen und treibe durch die ganzen Erfahrungen, die uns möglich geworden sind", sagt Tabi. "Es wäre schon gut, von dem leben zu können, was wir machen, aber hauptsächlich wäre ich dankbar, mit Mille und Anna weiter Musik machen zu können."
Besonders glücklich macht die drei deshalb nicht zuletzt das positive Feedback auf ihre EP und ihre Konzerte, oder wie Anna es abschließend ausdrückt: "Es ist schön zu sehen, dass unsere Musik Menschen berührt und glücklich macht, denn das macht dann auch uns glücklich!"
Aktuelle EP: Slowwalker (Sliepsteen)
Weitere Infos: https://www.animatmusik.de/ Foto: Nils Wagner

