interviews kunst cartoon konserven liesmich.txt filmriss dvd cruiser live reviews stripshow lottofoon

FALSE LEFTY

Es ist einfach hübsch, so wie es ist!

FALSE LEFTY

„Singen, tanzen, schreien – keine Kapriolen, keine Kompromisse“. So fasst Martin Bechler von Fortuna Ehrenfeld das Wirken seiner Kollegen Tom und Veva Allan a.k.a. False Lefty als PR-Laudator ganz treffend zusammen. Besonders das mit der Kompromisslosigkeit hat dabei seine besondere Berechtigung. Seit sich das Duo zunächst privat und dann auch musikalisch zusammen fand, verfolgt False Lefty den aufrechten Gang der unbeirrbaren Indie-Pop-Nerds mit bewundernswerter Konsequenz und konzentrieren sich dabei auf das Wesentliche: Eine dreisaitge Gitarre und drei Trommeln müssen als grundlegendes Instrumentarium genügen, um die attraktiven Power-Grunge-Schrammel-Polter-Hits des zweiten Longplayers „Time Will Tell“ zusammenzuhalten - der dann auch als offizielles Debüt-Album auf dem Haldern Pop Label herhalten muss (denn die im letzten Jahr veröffentlichte EP „You’re Welcome“ war mehr so etwas wie ein Indie-Testballon.


Es haben sich ja um den Namen False Lefty so einige Legenden gebildet. Eine davon besagt, dass sich die Band deswegen so nannte, weil Tom die Gitarre linkshändig spielt – aber gar kein Linkshänder sei; was er aber ist. Das kann also schon mal nicht stimmen. Was will uns also der Name False Lefty stattdessen sagen?

„Das mit dem Linkshändigem wurde uns zugedichtet“, führt Tom aus, „es ist aber ja spannend, dass es bei jedem eine Assoziation auslöst. Manche Leute sehen es halt als Linkshänder. Manche aber auch musikalisch – also im Sinne von Leftfield-Musik. Und dann gibt es natürlich auch politisch links. Wir waren dabei ziemlich inspiriert von dem Satz einer Feministin.“

„Ja, das ist Roxane Gay“, bestätigt Veva, „die hat ein Mal gesagt, dass sie lieber eine schlechte Feministin sein wolle, als überhaupt keine Feministin. Wir haben gemerkt, dass der Spruch für uns auch gut zur linken Szene passt. Gerade in der linken politischen Szene gibt es ja gerade die Frage, wer eigentlich politisch und ethisch korrekter sei. Wer gewinnt also diesen Wettbewerb? Wir haben gemerkt, dass wir da eigentlich gerade nicht gewinnen können, und deswegen sind wir eben lieber falsch links als gar nicht.“ 



Gut – das erklärt dann zwar die Haltung – aber nicht die Sache mit den drei Gitarrensaiten und dem rudimentären Drum-Set-Up.

„Das war eine wahnsinnig betrunkene Idee“, räumt Tom ein, „wir waren in Wales und da hatte ich den berühmten Writers Block. Mir ist nichts eingefallen und ich war einfach gelangweilt. Jedenfalls als ich ein paar Bier getrunken hatte, habe ich Veva vorgeweint, dass ich nicht mehr Gitarre spielen könne und mir alles keinen Spaß mehr mache. Veva meinte dann, dass ich einfach zu verkopft an die Sache heranginge und ich wieder auf die Basis zurück müsste. Dann haben wir uns gefragt, was es braucht, um einen guten Song schreiben zu können. Dann meinte ich irgendwann: ‚Drei Akkorde‘ und Veva ergänzte ‚Drei Trommeln, um einen Beat spielen zu können‘. Das war eigentlich nur ein Witz, der aus unserem Gespräch entstanden war – und dann meinte ich, dass ich dann ja auch auf drei Saiten spielen könnte. Wie gesagt: Das war ein Witz. Veva hatte ja zuvor auch noch nie Schlagzeug gespielt – und ich wusste auch gar nicht, ob es überhaupt möglich ist, auf drei Saiten Gitarre zu spielen. Dann kam ja auch noch Corona ins Spiel und dann haben wir das einfach mal ausprobiert. Es war dann die Frage, ob wir eine Nacht mit Netflix verbringen wollten – oder ob wir im Proberaum einen Kasten Bier leerproben sollten – und dann haben wir uns dafür entschieden.“

Zu jener Zeit spielte Tom Allan noch mit seinem Kumpel Evan „The Strangest“ Beltran in der Band Tom Allan And The Strangest. Allmählich aber konkretisierte sich das Bier-Projekt False Lefty dann so weit, dass ab ca. 2023 erste Tracks den Weg in die Öffentlichkeit fanden. Das Projekt musste ja auch erst ein Mal gründlich vorbereitet werden, denn sowohl Tom als Gitarrist und insbesondere Veva als Drummerin betraten ja mit dem Bieridee-Konzept Neuland. 

Das alles hört sich bis dahin intuitiv und spontan an. Was ist denn dabei die größte Herausforderung für Tom und Veca?

„Jetzt gerade ist es die, Zeit zu finden“, meint Tom – und blickt dabei auf die kleiner Tochter, die sich darin übt, das Mikrofon der Zoom-Session ein und auszuschalten – fährt dann fort: „Natürlich würde man denken, dass es auf der kreativen Ebene diese Limitationen sein könnten, die wir uns auferlegt haben. Aber wir haben festgestellt, dass diese die Kreativität eigentlich nur gefördert haben. Wir haben auch bestimmte Regeln beim Songwriting, damit wir uns nicht verfrickeln. Wenn Du sagst, dass das alles sehr spontan wie aus dem Bauch heraus wirke, dann stimmt das auch. Wir wussten um die Herausforderung, dass das alles nicht klappen würde, wenn wir uns einen zu großen Kopf machten und zu viel Zeit in etwas investierten. Wir schreiben zwar ziemlich viel – aber wenn eine Idee nicht schnell zündet, dann wird die auch einfach erst mal weggelegt. Vielleicht zündet die dann in zwei, drei Wochen – aber wir verkopfen uns nicht dabei. Wir versuchen auch sehr schnell zu arbeiten – sowohl beim Aufnahmeprozess wie auch beim Schreibprozess.“

„Meistens sind es bei uns auch die ersten Ideen und Skizzen, auf die wir immer wieder zurückkommen – weil die einfach am freisten waren“, ergänzt Veva, „ich hoffe, dass man das jetzt dem Album auch anhört. Da ist viel Freiheit drin – und wenn man das Herausforderung nennen mag, dann ist das die, sich diese Freiheit und diese Leichtigkeit dann auch immer zu behalten, damit man nicht mit der eigenen Kunst in einen Kampf kommt.“

Auf der neuen Scheibe stehen die Songstrukturen, Melodien und oder Hooklines viel stärker im Fokus als zu Beginn des Projektes. Gab es denn hier einen Plan, als es an den Sound für das neue Album ging?

„Wir werden ja immer als Punk- oder Trash-Band beschrieben – und das ist auch der Sound, den wir coole finden“, erklärt Tom, „aber ich glaube wenn man so unsere Musiksammlung durchgeht, dann ist das so, dass wir auf Pop-Songs stehen. Wir mögen Pop – und das ist auch das, was wir konsumieren. Wir mögen die Songs der Beatles und der klassischen Songwriter und sind davon auch sehr inspiriert. Und zwar in jeder Hinsicht – was auch immer Pop bedeutet. Hier eine hübsche Melodie, dort eine coole Hookline. Wir mögen einfach Schönheit. Das ist auch das was wir spannend finden – diesen trashigen Sound im Kontext mit schönen Melodien und schönen Pop-Songs.“ 



Braucht es denn dafür dann nicht eine Art Masterplan?

„Gar nicht so sehr wie Du glaubst“, führt Tom aus, „es ist vieles spontan entstanden.“

Veva erklärt das etwas genauer: „Wenn Tom alleine mit der Gitarre arbeitet, dann kann es sein, dass er sich mehr Zeit nimmt, etwas zu arrangieren oder etwas auszuprobieren – aber in erster Linie sind viele Melodieführungen und auch die Vocals beim gemeinsamen Jammen entstanden. Da ist also gar nicht so viel Gehirnschmalz reingeflossen. Das ist auch die Art von Leichtigkeit, die ich meine: Dass eben viele Dinge aus dem Impuls heraus entstehen und sie nicht noch einmal zu überdenken oder zu arrangieren. Es steht dann da, wie es ist und es ist einfach hübsch, so wie es ist. Das können wir dann auch so lassen.“

Was bedeutet dann der Pop-Ansatz unter dem Strich?

„Ich glaube, was sich viele Leute einfach nicht trauen, ist beim Simplen zu bleiben“, überlegt Tom, „bei hübschen Harmonien und Melodien und Hooklines. Denn die sind meistens ursimpel. Dass, was es für uns poppig macht ist dann gar nicht weiter daran herumzuschrauben. Für uns ging es darum, alles so simpel und impulsiv wie möglich zu halten.“

Wie geht es denn nun weiter mit False Lefty? Gibt es da einen Plan? Die Tour zur LP haben sie ja bereits lange vor der offiziellen Veröffentlichung durchgezogen.

„False Lefty ist das Einzige, was wir zur Zeit musikalisch machen“, führt Tom Allan aus, „das ist auf jeden Fall als Longterm-Projekt angelegt. Weitere Tour-Pläne gibt es aber erst mal nicht. Wir wollen ein paar Festivals spielen. Wir würden ja schon sagen, dass wir eine der deutschen Indie-Bands mit internationalem Potential sind und wollen dann jetzt auch verstärkt ins Ausland schielen. Man kann das ja auf Spotify sehen, woher die Leute kommen, die uns anhören und da können wir schon sehen, dass wir viele Leute aus dem internationalen Raum ansprechen und da würden wir 2026 gerne weiter schauen.“

„Auf Deine Frage, ob wir geplant haben, was die Zukunft bringt – auch mit dem Kind und so – kann ich sagen, dass wir noch nie Menschen waren, die so ihren Alltag gestaltet haben“, ergänzt Veva, „egal ob mit Band oder privat mit Kind. Das passt einfach nicht zu unserer Lebensphilosophie. Der Albumtitel ‚Time Will Tell‘ zieht sich bei uns durch viele Bereiche - und wir treffen viele Entscheidungen schnell und aus dem Bauch heraus. Die Zeit wird dann zeigen, ob diese Entscheidungen richtig waren. Das trifft dann auch auf das Album zu – und gilt auch für die Zukunft.“

Aktuelles Album: Time Will Tell (Haldern Pop Recordings)


Weitere Infos: https://www.false-lefty.com 
 Foto: Label

Auch von Interesse
› Tonträger › Rock & Pop › FALSE LEFTY - Time Will Tell (2025-12-01) ‹‹


Dezember 2025
ANIMAT
ANNA WYDRA
FALSE LEFTY
HATCHIE
LOUPE
MÉLANIE PAIN
MELODY'S ECHO CHAMBER
STEVE GUNN
‹‹November