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CATT

Ehrlich statt perfekt

CATT

Mit ihrer EP „Moon“ und den beiden Alben „Why Why“ und „Change“ zeigte die Songwriterin, Multiinstrumentalistin und Produzentin CATT, wie sich mit einer klaren musikalischen Vision, jeder Menge Einfallsreichtum und einer gehörigen Prise Wagemut auch heutzutage noch außergewöhnliche Erfolgs-Stories schreiben lassen. Mit ihrem neuen Album „A Different Life“ schlägt die umtriebige Künstlerin nun schon zum dritten Mal ein neues Kapitel in ihrer musikalischen Laufbahn auf – sucht aber mit der neuen musikalischen Standortbestimmung auch nach Möglichkeiten, sich etwa mit ihrem neu gegründeten, eigenen Label „Wild Heart Music“ und einem dreistufigen, solidarischen Ticketsystem auf der aktuellen Headliner-Tour, den Mechanismen der Musikindustrie zu entziehen und stattdessen auf die Verbindung zu ihrer ständig wachsende Fan-Community zu setzen.


Das neue Album „A Different Life“ macht einen sehr viel entspannteren Eindruck als etwa das sehr stark in Richtung Pop konzeptionierte Album „Change“. Liegt das daran, dass CATT heutzutage einfach sehr viel besser weiß, was möglich ist und sich demzufolge mit einer neuen künstlerischen Gelassenheit an die Sache heran geben kann?

„Es ging mir nicht um irgend etwas Perfektes und auch nicht darum, wie es klingen sollte, sondern ich wollte das, was sich in diesem Moment authentisch anfühlte, festhalten“, erklärt Catt, „das hat vermutlich auch damit zu tun, dass ich mich mit meinem Gitarristen Birk Buttchereyt – der auch mein Co-Produzent ist – und der Band in einen Raum gesetzt und dann die Aufnahmetaste gedrückt habe – und das was dann aufgenommen wurde, eben so ist. Ich wollte mich dann auch nicht perfekt singen hören, sondern ich wollte mich ehrlich singen hören.“

Das heißt dann ja auch, dass das neue Album dann im Gegensatz gerade zu den ersten Produktionen, die CATT ja weitestgehend im Alleingang erschuf – auf einer kollaborativen Ebene entstand. Hat das die Arbeit dann auch beflügelt? 


„Ja, auf jeden Fall“, bestätigt CATT, „das beflügelt dann, wenn man mit den richtigen Personen zusammen arbeitet. Ich merke jedenfalls, dass es wichtig ist, dass das Menschen sind, die ich kenne und denen ich vertraue. Und mit meiner Band bin ich ja musikalisch und menschlich so zusammen gewachsen, dass wir uns mittlerweile so richtig die Bälle hin und her schmeißen können. Trotzdem konnte ich dann als Produzentin die ganzen Dinge auch zusammenführen und in einer gewissen Klarheit zusammenweben. Aber auf jeden Fall ergibt mit Menschen zusammen Musik zu machen - und das dann zu hören - einen ganz neuen Charakter und eine besondere Tiefe in meiner Arbeit. Zum Beispiel bin ich sehr stolz auf den Band-Sound des Songs 'Behave Human', der für mich so charakteristisch für den organischen Prozess und den Sound den wir gemeinsam entwickelt haben ist.“

Wie ist denn dieses Mal das Songwriting vonstatten gegangen? Wurde alles mit Band live im Studio eingespielt?

„Die Songs sind meistens intuitiv aus mir herausgeflossen in meinem kreativen Zuhause im Studio“, erklärt CATT, „und dann habe ich die mit nach Berlin genommen. Da haben wir sie noch ein Mal ausgestaltet – die Song DNA und Essenz (die auch im Kleinen funktionieren muss) war da aber schon da."

CATT hat im Laufe ihrer Karriere als Songwriterin und Solo-Künstlerin ja ein ganz eigenes, harmonisches und melodisches Gefüge mit hohem Wiedererkennungswert herausgearbeitet – innerhalb dessen sie als Auteurin immer wieder neue Ansätze sieht, unerwartet und überraschend auszubrechen. Sucht sie nach so etwas?

„Das ist eine schöne Frage“, überlegt CATT, „ich lege es nicht darauf an. Das ist – glaube ich – die Widerspiegelung meiner Persönlichkeit. Wenn ich etwas immer wiederhole, dann wird mir halt langweilig. Ich lebe auch so, dass ich mich hier und da gerne ins Risiko lehne und Dinge ausprobiere, denn ich habe eine gewisse Abenteuerfreude. Aber ich vermute, dass sich das widerspiegelt, dass ich großen Wert darauf lege, dass sich das 'Wie' selbst kleiner Details immer wieder verändert. Das zeigt sich dann in der Produktion und das zeigt sich auch live, dass das immer weiter wächst. Das ist aber nichts, was ich plane oder komponiere, sondern das ist das, was dann passiert.“


Wie realisiert sie das denn mit ihren Musikern, die ihr ja bei allen Schlenkern, Haken und Ösen folgen müssen?

„Das ist wirklich ein interessanter Punkt“, räumt CATT ein, „meine Band macht sich immer darüber lustig, wenn ich sage: 'Jetzt habe ich aber wirklich mal einen 4-Chord-Song geschrieben'. Dann fangen wir an und schon bei der ersten Strophe macht der Song eine Wendung – und dann ist es kein einfacher Song mehr, obwohl ich mir das denke. Dann muss sich der Gitarrist doch wieder merken, wo es da weitergeht. Das ist dann immer ein kleiner Gag, dass meine 4-Chord-Songs am Ende dann doch keine sind.“

Ein Song auf dem Album heißt „Mirror“ - und logischerweise geht es dabei um eine Reflektion - und eine Reflexion. Wen oder was sieht CATT denn, wenn sie heute selbst in einen Spiegel schaut?

„Ich sehe mich, wenn ich in den Spiegel gucke und ...“, beginnt sie nach einer langen Denkpause eher zögerlich, „... das ist wirklich eine schwierige Frage. Ich sehe auf jeden Fall mich, wie ich einen langen Weg gegangen bin um zu einem Punkt zu gelangen, wo ich jetzt bin. An einem Punkt, wo ich authentisch da bin und ausdrücke, was ich ausdrücken möchte. Aber ich sehe auch mit viel Wärme die Person, die versucht hat, zu diesem authentischen Ausdruck zu kommen und die es eben immer so gut gemacht hat, wie sie kann. Da sehe ich dann nicht nur mich, sondern sehe wie wir alle in einen Spiegel schauen und wünsche mir für uns alle, dass wir sehen, dass wir es immer so gut machen, wie wir gerade können. Und dass wir immer so bewusst in den Spiegel schauen können, wie wir gerade da stehen. Im Moment sehe ich Wärme und Respekt, wenn ich in den Spiegel gucke – für das, was es auch an Kraft brauchte und für den Mut immer wieder da zu sein und weiterzumachen."

Und sieht CATT dann auch die Veränderungen, die sie ja immer wieder anspricht? 


„Ja, ich sehe die Veränderungen“, bestätigt CATT, „ich sehe eine Art „Entschälung“ - in dem Sinne, dass da immer mehr Zwiebelschichten abgefallen sind und ich so mehr den Kern von mir sehen kann.“

Es gibt auf dem neuen Album ja gewissermaßen zwei Leitmotive: Da ist zum einen das im Titel angesprochene Thema „A Different Life“ - aber dann ist da auch noch das Thema des letzten Albums „Change“ - das auf dem neuen Album ebenfalls in mehreren Songs abgehandelt wird. Wie kam es denn dazu?

„Ich habe den Titel gewählt, als der Song 'A Different Life' plötzlich da war – und ich mich dann selbst gewundert habe, wo der denn plötzlich herkommt“, führt CATT aus, „da war für mich dann klar, dass das Album so heißen muss und dass es mit diesem Song aufhört – weil das plötzlich den Kern der Sache für mich getroffen hat. Was bedeutet also für mich und alle, die das hören wollen 'A Different Life'? Wir alle führen ja auf unterschiedliche Weise ein 'Different Life'. Wir kommen ja alle aus unterschiedlichen Perspektiven und aus 'Different Lives'. Das war für mich dann der Raum, wo all die Gedanken, die ich auf dem Album anspreche, stattfinden.“

Auf der Suche nach Veränderung ist CATT auch gerade auf der laufenden Headliner-Tour unterwegs. Dort kann man dann auch erleben, wie sich CATT und ihre Musiker zu einer echten Band zusammengefunden haben.

Aktuelles Album: A Different Life (Wild Heart Music)


Weitere Infos: https://catt-music.com/de 

 Foto: Charlotte Krusche

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