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NEW ORDER

Der Peter wird’s schon richten.

NEW ORDER

Wenn es diesen Monat eine Band gibt, an der man nicht vorbeikommt, dann ist es New Order. Kaum eine Publikation – mal ausgenommen die genuine Hip-Hop- oder Metal-Presse -, die in ihrer Berichterstattung über drei Herren von fast 50 Jahren im 24. Jahr ihres Bandbestehens nicht ins Schwärmen gerät. Und wir machen da auch keine Ausnahme. Denn: AUCH WIR SIND IM DEMENTSPRECHENDEN ALTER! Es ist nämlich nicht das neue Album „Waiting For The Sirens’ Call“ und es war auch nicht das erste Album nach acht Jahren Funkstille, das 2001 veröffentlichte und frenetisch bejubelte „Get Ready“, das solche Ehrerbietungen rechtfertigen würde. Eigentlich ist nichts, was die Band nach ihrer ersten Pause Ende der 80er gemacht hat, von derartiger Relevanz. Aber alles, was davor passierte.

New Order und vor allem Joy Division gehören also für die meisten, die heute Mitte 30 aufwärts sind, zu den wichtigsten Einflüssen der eigenen musikalischen Sozialisation. Schauen wir nun in die Redaktionen der großen und kleinen Musikzeitschriften und wir werden feststellen, dass die Verantwortlichen fast alle romantisierte Erinnerungen an das erste Mal haben, als sie in den 80ern „Blue Monday“ hörten. Schauen wir auch noch in die Büros der Produktmanager der Pop-verarbeitenden Industrie, so werden wir auch dort in der vorhandenen Altersstruktur den Grund dafür finden, warum sich Plattenbosse über ein neues Album von New Order freuen.

Drittens sind da noch die Musiker dieses Alters, die – besonders in Zeiten angesagter 80er-Verherrlichung – nicht müde werden, auf New Order als wichtige Referenz der eigenen Musik zu verweisen. Und sind nicht Tocotronic als Quartett neuerdings nicht auch irgendwie neworderesk?

New Order sind also demnach keine Band, die man als heranwachsender Musikinteressierter heute neu entdecken kann. Um New Order 2005 zu genießen, braucht man entweder seine eigenen Erinnerungen oder den älteren Bruder, der einen an Erzählungen aus einer längst vergangenen Zeit teilhaben lässt. Für die Generation nach uns könnten es wohl eher Bands wie die Backstreet Boys sein, die einen vergleichbar prägenden Status erreicht haben.
Diesen Mai jährt sich der Selbstmord von Ian Curtis zum 25. Mal. Zwei Biopics über den egozentrischen Epileptiker, einer davon mit Moby, stehen uns ins Haus. Es ist also ein guter Zeitpunkt für New Order, sich mit dem neuen Album wieder auf die alten Stärken zu besinnen: Gitarren + Elektronik. Diesen Pfad hatten die drei Schulfreunde aus Manchester auf „Get Ready“ verlassen und sich dadurch zur Auferstehung nochmals selbst erfunden. Doch auch auf dieser Gitarrenspur wurden sie schnell überholt. Andererseits haben Stephen Morris, Bernard Sumner und Peter Hook in den mittlerweile 28 Jahren, die sie schon zusammen spielen, mit zwei Bands nacheinander die Welt nachhaltig verändert. Den meisten Konkurrenten gelingt das nicht im Ansatz. Bernard Sumner, ein kleiner dicklicher Engländer in einem Mix aus Club- und Yachting-Wear und blondierten Haarspitzen (der Mann wird nächstes Jahr 50) kennt das Geheimnis seines Erfolges: „Im Studio arbeiten wir wirklich hart und lassen uns von nichts irritieren. Aber wenn wir nicht an neuen Songs arbeiten, nehmen wir Musik nicht wirklich ernst. Dann ist es eher ein Spaß und wir kümmern uns lieber um ganz andere Dinge.“
Schon mit Joy Division war der Einsatz von Elektronik ein wichtiger Faktor des Bandsounds. Mit New Order wurden Beats und Keyboards ab 1981 der Weg, um Punk mit dem Dancefloor zu versöhnen. New Order waren Pioniere der elektronischen Tanzmusik. Heute hat jeder Knöpfchendreher ein Vielfaches an Möglichkeiten und der Sound von New Order gehört schon lange zum Standard. Stephen Morris weiß aber trotzdem, wo ihre Relevanz 22 Jahre nach „Blue Monday“ liegt: „Heute kann man keinen Song mehr wie „Blue Monday“ schreiben, dazu haben sich die technischen Möglichkeiten zu sehr verändert. So ein Song wäre lächerlich. Was den Einsatz von Elektronik betrifft, sind wir schon lange keine Pioniere mehr. Das macht es für uns umso wichtiger, gute Songs zu schreiben, die die Elektronik nicht unbedingt brauchen, um gut zu sein.“
So bleibt es auch auf „Waiting For The Sirens’ Call“ wieder hauptsächlich an Bassist Peter Hook hängen, aus guten Pop- und Dancesongs etwas Besonderes zu machen. Denn es sind schon immer seine Basslines gewesen, die den Sound von New Order so unverwechselbar machten.

Aktuelles Album: Waiting For The Sirens’ Call (Warner)

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