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LARKIN POE

Ein bisschen zufrieden

LARKIN POE

Rebecca und Megan Lovell haben gut Lachen – bzw. sie können gut Lachen haben. Denn seitdem die Schwestern aus dem Staate Georgia mit ihrem Projekt Larkin Poe in die Music-City Nashville umgezogen sind und dort 2022 ihr Grammy-prämiertes Album „Blood Harmony“ einspielten, ist ihre Karriere sozusagen durch die Decke gegangen, so dass sie heutzutage mühelos die größten Hallen füllen können und sich vor Anfragen für Gast-Beiträge von renommierte Superstars (wie etwa zuletzt Ringo Starr) kaum retten können. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist dann der Umstand, dass sich die Schwestern mit dem neuen Album „Bloom“ erstmals auf die Suche nach sich selbst, ihrem Status, ihrer Motivation und letztlich dem Sinn ihres Tuns begeben, und dabei zu dem Schluss kommen, dass der Sinn des Lebens nicht im Prinzip „schneller/höher/weiter“ liegt, sondern in der Wertschätzung des Erreichten. Das war ja alles ein ein mal ganz anders, denn früher stand ja gerade die Expansion im Zentrum ihres Bestrebens.

Als Larkin Poe 2012 zum ersten Mal als Headliner in unseren Breiten unterwegs waren, waren sie noch auf der Suche nach einem musikalischen Stil, der ihnen eine größere Reichweite ermöglichen könnte als ihnen das mit ihrem damals noch folk-orientierten Bemühungen möglich wäre. Nachdem sie sich zunächst am Hardrock versuchten, schälte sich immer mehr der elektrische Blues als Medium der Wahl heraus. Später kamen dann auch noch Southern-Rock Elemente hinzu. Ist die Musik, die Larkin Poe heutzutage machen denn die, die sie sich damals bereits vorgestellt hatten?

„Ich mag diese Frage, denn wenn ich mich daran erinnere was ich damals gedacht habe, dann denke ich schon, dass wir heute die Musik spielen, die wir damals anstrebten“, führt Megan Lovell aus, „es geht ja heutzutage um amerikanische Roots-Musik, die all unsere Einflüsse wie die Allman Brothers, Dolly Parton, frühe Country-Musik, Folk und ein klein wenig Bluegrass beinhaltet. Und ich denke, dass das auf dem neuen Album sehr gut zum Vorschein kommt. Das war gut, weil das dem Projekt die Parameter nahm. Wir haben einfach gemacht, was wir lieben, ohne uns da irgendwie festlegen zu lassen. Wir haben keine Notwendigkeit gesehen, uns im Blues-Rock-Genre einzuengen. Stattdessen waren wir offen und haben unsere Einflüsse zugelassen."

„Das war zugegebenermaßen war das eine beängstigende Entscheidung, wie wir treffen mussten“, wirft Rebecca Lovell ein, „weil uns die Blues-Rock-Community ja mit offenen Armen aufgenommen hat und wir ja auch viel Erfolg in dieser Szene haben. Es gab ein gewisses Maß an Angst, das Rezept dann aufzumischen – aber ehrlich gesagt, hat es uns ja immer am besten zu Gesicht gestanden, Erwartungshaltungen an uns selbst zu hinterfragen und das zu machen, wozu wir bestimmt waren."

Und der Umgang mit diesen Erwartungshaltungen ist auch das Thema der Scheibe, oder?

„Ja, deswegen haben wir ja auch den Song 'A Little Bit' geschrieben“, bestätigt Rebecca, „es geht darum, an einem gewissen Punkt seine Erwartungshaltungen zu reduzieren, so dass am Ende jeder Tage ein Geschenk sein kann. Denn in dem Song geht es nicht darum, bestimmte Ziele anzustreben, sondern zufrieden mit dem zu sein, was man hat."

Welche Bedeutung hat denn der Titel des Albums „Bloom“? Der Song „Bloom Again“ wirft ja einen tiefer gehenden Blick geworfen auf das Auf und Ab in der Beziehung der Schwestern zueinander. Rebecca erläutert, mit welchem Hintergrund der Titel entstand:

„Wir waren uns nicht sicher, wie wir das Album nennen sollten, aber nachdem wir auf den Begriff 'Bloom' gestoßen waren, fühlte sich das richtig an, denn (und Megan sagte das zuerst in einem Interview) das Schöne an dem Begriff ist der Umstand, dass es da nicht darum geht, dass etwas wie eine Blume dauerhaft blüht. Wenn man sich zum Beispielweise den ganzen Entwicklungsprozess einer Pflanze betrachtet, dann reicht das von einem Samen, der irgendwann aufblüht, zusammenfällt und neue Samen produziert, die ihrerseits wieder blühen können. Und ich denke, dass das den Lauf unserer Karriere über die Zeit versinnbildlicht. Du hast das ja sicher beobachtet: Und ging es darum, jedes Album herunterzubrechen und nach neuem zu suchen, uns neu aufzustellen und neue Tiefe zu finden. Ich denke das haben wir auch mit diesem neuen Album gemacht – was insofern von Bedeutung für uns ist, als dass es das 15. Jahr unserer Karriere mit LarkBloom Again markiert."

Das heißt dann also, dass das Motiv des „Aufblühens“ den Zirkel des Lebens inklusive von Vergänglichkeit und Neugeburten mit einschließt? „Absolut“, bestätigt Rebecca noch ein Mal.

Außerdem kann man ja ohne Erwartungshalten bedienen zu wollen/müssen dann auch einfach machen, was man machen möchte, oder?

„Genau“ pflichtet Rebecca bei, „der Prozess 'Bloom' zu machen war ein relativ schmerzloser (in Anführungszeichen) – weil wir an das glaubten, was wir machten. Auf der anderen Seite kann es auch ganz schön nervenaufreibend sein, etwas Neues auszuprobieren. Es war eine gewisse Herausforderung, dass wir ein Album machen wollten, das eben kein klassisches Blues Album war – besonders weil wir ja gerade einen Grammy in der Kategorie zeitgenössisches Blues-Album bekommen hatten. Wenn wir da jetzt wieder mit Country- und Americana-Elementen hantierten, fühlte sich ein wenig verrückt und unbequem an. Aber wenn wir unser Ziel uns herauszufordern im Blickwinkel behielten, dann würde uns ja auch nicht langweilig werden. Wir versuchen immer einen Schritt weiterzugehen – und das ist das pure Glück. Ich fühle mich nie glücklicher, als wenn wir an einem neuen Projekt arbeiten und will dann am liebsten immer schon das nächste angehen möchte."

Ist das dann auch die richtige Methode um mit Druck umgehen zu können?

„Ja“, bestätigt Rebecca, „denn um mal ein Beispiel zu geben: Als wir neulich in London unsere größte Show spielten und uns die Leute dazu gratulierten, fühlten wir uns richtig schlecht. Das ist schwer zu erklären – aber wir fühlten uns, als hätten wir einfach einen Haken daran gemacht, die Erwartungshaltungen, die an uns herangetragen worden waren zu erfüllen. Die Angst, diesen Erwartungshaltungen in Zukunft nicht entsprechen zu können, hat uns die ganze Freude an diesem Moment genommen, denn man kann als Künstler nicht existieren, wenn man versucht, seine eigenen Rekorde zu schlagen – denn dann muss man ja immer mehr und mehr und mehr machen. Aber über dieses Thema zu sprechen hat uns ja erst ermöglicht, die Songs für 'Bloom' schreiben zu können und nun auch in Interviews darüber in geradezu voyeuristischer Weise zu sprechen, hat sich als förderlich für uns erwiesen. Ich denke, dadurch hat sich meine Perspektive geändert. Ich habe heute nicht mehr so viel Angst vor der Zukunft, seit ich mich von der Einstellung gelöst habe, super Zielorientiert zu arbeiten."

„Nun wir werden sehen“, schmunzelt Megan, „denn wir werden demnächst ja schon wieder unsere bis dahin größte Show in London spielen.“

Bis Larkin Poe auch in unseren Breiten größere Hallen füllen, müssen wir noch ein bisschen warten: Eine Tour ist für den Herbst angekündigt.

Aktuelles Album: Bloom ( )


Weitere Infos: https://www.larkinpoe.com/ Foto: Robbie Klein

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