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COURTNEY MARIE ANDREWS

Die Neugier ist das Wichtigste

COURTNEY MARIE ANDREWS

Courtney Marie Andrews weiß mit Pandemien umzugehen. Als sie ihr letztes Album „Old Flowers“ veröffentlichte, ging es gerade los mit Lockdowns und Quarantänen – doch anstatt sich wie das Kaninchen vor die Schlange zu setzen, machte Courtney Nägel mit Köpfen, präsentierte die neuen Tracks erst mal in Online-Sessions statt auf Tour und nahm sich danach eine kreative Selbstfindungs-Auszeit, reiste nach Cape Cod und schrieb dann dort nicht nur ihre erste Gedichtsammlung „Old Monarch“, sondern auch einen Stapel neuer Songs, die sie nun auf ihrem neuen Album „Loose Future“ zusammenfasste. Dass sich dieses Album dann – im Vergleich zu Courtney's bisherigen Werken – deutlich gelöster, gelassener und heiterer anhört, hat verschiedene Gründe. Zum einen lag das an der kreativen Zusammenarbeit mit dem Produzenten Sam Evian, der den neuen Tracks auf Wunsch von Courtney ein wahres klangtechnisches Makeover verpasste und zum anderen fand Courtney zu sich selbst, lernte, sich selbst zu lieben und sich nicht mehr selbst im Wege zu stehen. Wie geht so etwas? Nun, indem man sich davon verabschiedet alles planen und kontrollieren zu wollen, und stattdessen im Hier und Jetzt lebt.

Courtney hat ja das besondere Talent, kurze, aussagekräftige Titel für ihre LPs finden zu können, die das Thema des jeweiligen Albums allegorisch zusammenfassen. Was bedeutet für sie denn der Begriff „Loose Future“ - den wir mir „lockere Zukunft“ übersetzen würden?

„Nun dieser Begriff ist mir zugegebenermaßen eines Tages aus dem Mund gefallen“, schmunzelt Courtney, „meine Interpretation ist die, dass man nie genau wissen kann, was in der Zukunft passieren wird. Es gibt nichts Konkretes, nichts ist in Stein gemeißelt – man kann die Zukunft also auch nicht voraussagen. Mein Gefühl ist – ohne das konkret anzusprechen – dass man im Hier und Jetzt leben sollte."

Bei früheren Gesprächen beharrte Courtney stets darauf, dass sie wohl niemals in der Lage sein würde, einen fröhlichen Song schreiben zu können. Wie kommt es denn, dass das neue Album führ ihre Verhältnisse heiter, gelassen und teilweise geradezu fröhlich rüberkommt.

„Na ja – 'fröhlich' ist aber auch schon ein seltsames, binäres Wort“, überlegt Courtney, „sicher gibt es da fröhliche Momente auf der neuen Scheibe – aber ich spreche ja auch über persönliche Blockaden, die ich überwinden musste und von dunklen Verhaltensmustern, die ich durchbrechen musste – und zwar damit ich diese nicht vergesse, und mich der Erfahrung stelle und diese auch annehme."

Ist es eigentlich mit der Zeit einfacher für Courtney geworden, Songs zu schreiben?

„Vielleicht in der Art, das ich gelernt habe, mir nicht mehr so viel selbst im Weg zu stehen. Ich lasse die Songs einfach passieren. Manchmal klappt es, manchmal nicht – und ich habe gelernt das nicht mehr so wichtig zu nehmen und die Dinge einfach geschehen zu lassen, ohne verbissen etwas anzustreben. Das Wichtigste ist, dass man sich seine Neugier bewahrt. Neugier ist eine der Hauptzutaten einer Songwriterin."

Zielten Courtney und Sam Evian bei der Produktion auch in Richtung eines poppigeren Sounds? Jedenfalls lassen das einige Partien auf der Scheibe vermuten.

„Ja“, erklärt Courtney, „das ist genau das, was ich machen wollte. Es ist lustig, denn ich hatte tatsächlich im Sinn, meine Version einer Pop-Scheibe zu machen. Natürlich ist das nach heutigen Maßstäben dennoch überhaupt keine Pop-Scheibe – aber ich mag eingängige Songs, zu denen man auch mitsingen kann. Und das ist dann meine Version davon."

Das hängt auch damit zusammen, dass Sam Evian und Courtney Marie Andrews nach neuen Möglichkeiten suchten, Courtney's Songs klangtechnisch anders aufzubereiten.

„Ja, Sam ist da schon sehr wichtig in diesem Zusammenhang“, erklärt Courtney, „es hat aber auch damit zu tun, dass ich aus eine Phase kam, in der ich das einfach brauchte. Ich habe die meisten meiner Scheiben in einer kurzen Zeit eingespielt – und meist in Form von Live-Aufnahmen ohne großartige Produktions-Verzierungen. Ich wollte jetzt einfach mal eine Scheibe machen, wo ich Zeit hatte, mal einen Monat über Sounds nachzudenken und zu schauen, was sich da herausholen ließe. Ich habe also meine Songs schon zu Sam geschleppt mit der festen Absicht, diese klanglich auf eine für mich andere Art ausloten zu wollen."

Was hat Courtney denn in Zukunft noch so alles vor? Gibt es zum Beispiel etwas, was sie bislang noch nicht machen konnte, aber immer schon mal machen wollte?

„Ich bin eine begeisterte Leserin und lese praktisch immer irgend ein Buch“, führt Courtney aus, „ich denke, das sickert dann auch in mein Songwriting ein. Ich schreibe immer noch gerne Songs – aber es gibt so viele Sachen, die ich noch erfahren und ausprobieren möchte, dass ich mich eines Tages in der Zukunft mal hinsetzen und einfach Geschichten schreiben werde."

Aktuelles Album: Loose Future (Fat Possum) VÖ: 07.10.

Foto: Brett Warren

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