
(hanserblau, 171 S., 22,00 Euro)
Auch wenn wir uns an dieser Stelle redlich bemühen, Bücher von akzeptabler literarischer Qualität zu besprechen, sind wir hier natürlich weder beim Literarischen Quartett noch im ZEIT-Feuilleton und beteiligen uns also nicht weiter an der "Hätte Caroline Wahl mit ihrer Unterhaltungsliteratur wirklich den Deutschen Buchpreis verdient?"-Diskussion (wenig überraschend bin ich im Team "Das wäre der endgültige Kniefall der Kritik vor dem Massenmarkt"). Auch wenn "Heimat" ein wirklich verlockender Aufhänger wäre. Denn der kurze Roman der in West-Berlin geborenen Autorin spielt in bzw. um der/die "Tradwife"-Szene, behandelt also ein unbedingt romanreifes Thema, das sich sicher ebenso spannend wie kritisch und vor allem auch anspruchsvoll aufbereiten ließe. Was Lühmann aber leider nicht gelingt. Denn zwischen all dem in solcherlei Literatur offenbar obligaten Vanilleeis-Essen, Wuttränen-Vergießen und/oder Erleichterung spüren, wenn sich der vorher doch so wundervolle Lebenspartner neuen emotionalen Herausforderungen zu- und von seiner im Vorstadt-Vorgarten-MikroKosmos stecken gebliebenen Frau abwenden möchte und einer allgemeinen Begeisterung für luftige Sommerkleider passiert hier weder sprachlich noch psychologisch irgendetwas Berichtenswertes. Jana zieht "aus der Stadt" in das frisch erworbene Speckgürtel-Einfamilienhaus. Geldsorgen, fehlende Sozialkontakte, streßreiche Kindererziehung, AfD-Fans in der Nachbarschaft und allgemeine Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation (auch der Job wurde hingehauen, als sich zum dritten Mal Nachwuchs ankündigte) inklusive. Und dann begegnet Jana der (sie) faszinierenden Karolin, die sich als "Tradwife"-Influencerin entpuppt. Auch dort lauern aber hinter der Büllerbü/Lebensborn-Fassade diverse Probleme zwischen (mutmaßlicher) häuslicher Gewalt und kleinen Schummeleien bei natürlich ausschließlich selbst gezogenen Äpfeln. Die ideologischen Untiefen dieser "Szene", die Verantwortung, die auch Social-Media-Mechanismen an den Selbstverstärkungseffekten tragen oder die politisch-sozialen Implikationen, die sich aus der "Rückbesinnung auf traditionelle Werte" ergeben, werden hier bestenfalls angerissen, niemals aber in der gebotenen Gründlichkeit seziert. Alles bleibt Oberfläche. "Auf ihrer Wange war ein zarter hellblonder Flaum" – das ist in etwa das sprachliche und inhaltliche Niveau. Wer damit zufrieden ist, wird sich hier vergnügen. Ich fand’s schade. Um meine Zeit und um das Thema.Weitere Infos: www.hanser-literaturverlage.de/buch/hannah-luehmann-heimat-9783446282827-t-5654

