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JAZZJANZKURZ

V.A.

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Dass Mark Knopfler der JugendHeld eines Gitarristen ist, überrascht nur mäßig, das was ARNE JANSEN (der oft an der Seite von Nils Wülker spielt) gemeinsam mit dem Cellisten STEPHAN BRAUN aber auf "Going Home" (Herzog) aus seiner Begeisterung für den Dire Straits-Chef macht, dafür umso mehr. Denn wer hier bemühte Coverversionen oder ostentative SpielTechnikDemonstration erwartet, liegt komplett falsch. Jansen seziert – ohne jemals der Versuchung eines epigonenhaften Nachspielens zu erliegen – die harmonischen Strukturen von so bekannten Stücken wie "Sultans Of Swing", "Walk Of Live" oder "Brothers In Arms" so kenntnisreich wie einfühlsam, entkleidet die Songs (meistens) von ihrem (Soft)RockGestus und wirft ihnen ein faltenreiches JazzMäntelchen über. An insgesamt 10 Beispielen veranschaulichen Jansen/Braun, welches Potential in den Knopfler-Songs steckt, was man daraus machen kann, wenn man sie mal in Jazz-Zusammenhängen denkt. Stephan Braun lässt sein (5-saitiges) Cello dabei zuweilen fast wie einen Bass und den Resonanzkörper manchmal wie ein Cajon tönen, was die KlangWelt aus E- und AkustikGitarrenSounds sehr schön ergänzt. Im Vergleich zu Jansens manchmal etwas zu handwerklichen Spiel mit seinem Trio sehe ich in dieser beinahe kammermusikalisch ruhige Platte einen großen künstlerischen Fortschritt. 5
Zum nächsten großartigen GitarrenMagier: DOMINIC MILLER (man ist als Schreiberling verpflichtet, in Texten zu Dominic Miller den Namen Sting zu erwähnen – hiermit erledigt) hat mit seinen bewährten Begleitern Nicolas Fiszman (b), Jacob Karlzon (p) und Ziv Ravitz (dr), alles zweifellos starke Solisten und Musikerpersönlichkeiten, ein so schönes wie (im besten (Wort)Sinn!) besinnliches Album produziert. "Vagabond" (ECM) verbindet die zarte Melancholie der Karlson’schen Klavierlinien mit dem ebenso feingliedrigen Schlagzeugspiel und setzt Millers meditative Akustik- und E-Gitarre zwischen diese von Fiszmans bewährt solidem Bass strukturierten Schönheiten. Und so wird aus einem vermeintlichen Solo- ein wirkliches GruppenAlbum, bei dem auch die sehr direkte und transparente Aufnahmetechnik zu begeistern weiß. 4

Eivind Aarset gehört ebenfalls ganz sicher zu den großen der 6-Saiten-Zunft, aktuell begleitet er REBEKKA BAKKEN auf "Always On My Mind"
(Sony). Dort hat die Sängerin einige jener Songs re-interpretiert, die ihren eigenen MusikGeschmack geprägt haben (ja, die Idee ist nicht so neu, aber trotzdem kann eine solche private SpurenSuche spannende Ergebnisse zeitigen). Nun ist Bakken bekanntlich eine jener norwegischen JazzMusikerinnen, die sich eher dem Pop als dem Experiment verpflichtet fühlen – Erkundungen in Gefilde jenseits vertrauter Pfade sind ihre Sache nicht. Das muss nicht schlecht sein, dennoch hatte ich mir hier etwas mehr erwartet. Zu Bakkens MusikSozialisation beigetragen haben u.v.a.: Nick Cave (Red Right Hand), Eurythmics (Why), Peter Gabriel (Here Comes The Flood), Randy Newman (Louisiana 1927), Cher (Love Hurts) und natürlich die Beatles (Yesterday) - keine thematischen Ausreißer, aber auch keine schweren Patzer und klanglich immer schön zwischen den Leitplanken KuschelRock, BarJazz und AdultPop. 3
Logischerweise sehr tradionell ist der Mitschnitt des Auftritts, den die BASIE ALL STARS 1981 in Hamburg "Live At Fabrik" (Jazzline) hatten. Da war der Count schon zu gebrechlich, um noch selbst mit auf der Bühne stehen zu können (ziemlich genau 3 Jahre später starb er denn auch), aber seine z.T. sehr langjährigen Begleiter transportierten den spirit des "King of Swing" auch ohne ihn recht gut. In der Besetzung fehlt die für den Basie-Big-Band-Sound so prägende Gitarre, was im booklet-Text auch offen thematisiert wird (Freddie Green war seinerzeit noch am Leben, aus welchen Gründen er ’81 nicht mehr zu den Basie All Stars gehörte, bleibt offen), nicht nur deshalb halte ich diese Aufnahme für dokumentarisch zwar interessant, aber nicht unbedingt zwingend kanonisch. Technisch aber bis auf einige recht harte Blenden makellos. 3
Vom Swing zum nahöstlichen JazzCrossOver ist es ein großer Schritt, aber den schaffen wir mit "Beit" (Traumton) von MASAA locker. Denn hier kommen mit Marcus Rust (tp, flh), Reentko Dirks (git) und Demian Kappenstein (dr) drei gut eingespielte und durch einen sehr lyrischen Grundansatz vereinte Musiker zusammen, um den großartigen Sänger Rabih Lahoud zu begleiten. Zwischen dessen intensiven Melismen strahlt ohne jeden WeltMusikKitsch aus Flügelhorn oder Akustikgitarre die pure Schönheit von Musik zwischen LevanteTradition und JazzGegenwart. 4
TIWAYOs Stimme ist ebenfalls sehr prägnant und schmeichelt auf "Desert Dream" (Yotanka) zuweilen so weich aus den Boxen, dass man sie auch einer etwas heiseren Frau zuordnen könnte. Doch sind solche Überlegungen nicht im Grunde banal, wenn nicht sinnlos? Jedenfalls schmachtet der Franzose auch auf seinem 2. Album beharrlich, umgarnt mit schwülen PopSounds, die doch auch immer irgendwie nach Uptempo-BarJazz (gibt’s sowas überhaupt?) klingen. Sein "Soldier Of Love" vertraut auf den gleichen sehnsuchtsvollen GitarrenSound wie vor 30 Jahren Chris Isaaks "Wicked Game" und auch der Rest dieses schönen Albums ist bei aller Süße doch immer musikalisch aufregend. 4
Dem Schönklang verpflichtet ist auch das von Klaus Gesing(bcl, ss, FX) Björn Meyer (b, FX) und Samuel Rohrer (dr, elec) gebildete Trio AMIIRA, dessen "Curious Objects" (Arjunamusic) nur so mittel-langweiligen AmbientJazzAmbient abbilden. Derlei Versuche gibt es deutlich schlechtere! 3
Womit wir uns so langsam dem avantgardistischeren Abschnitt dieser Kolumne nähern. Denn es ist die geschundene Seele einer elektronischen Maschine, die in den beiden 18-Minütern auf "Tether" (The Helen Scarsdale Agency), nein, nicht schreit, eher müde und schicksalsergeben wimmert. Oder doch eher gefasst in tiefer Meditation summt? Oder gar melancholisch, leise verliebt vor sich hin träumt? Natürlich steckt hinter dem, was der "American/Estonian field recordist and composer Patrick McGinley" aka. MURMER hier entwickelt, ein durchdachtes Konzept. Aber man muss nicht alles erklären, lassen wir einfach diese wundervoll ruhige und zugleich sehr dichte Musik wirken. 5
Der geschmackssichere Versand Soundohm hält ALESSANDRA ROMBOLÀs "Out of the Playground" (Sofa) zwar für "possibly the best effort of New Music we’re likely to hear all year", aber irgendwie erreicht mich die italienische Querflötenspielerin mit ihren fünf Interpretationen von Stücken so großer Namen wie Jan Martin Smørdal, Ingar Zach, Daniela Terranova und Lasse Marhaug nicht so recht. Smørdals Schichtung perlender Wiederholungen ist noch sehr interessant, dann experimentiert Rombolà im gemeinsam mit Zach entwickelten "The Ring" mit stehenden KlangWellen und quietschendem HochtonFlöten. Es folgt ein weiteres Smørdal-Stück, das mir trotz schöner LärmAtemElemente mit seinem strukturfreien Flöten denn doch etwas auf die Nerven geht, dann die neben der obligaten Flöte aus vielerlei Plopp-, Keuch- und Überblas-Sounds bestehende Komposition von Terranova und zum Schluss betritt sie mit Marhaug "Our Forbidden Land", semi-elektroakustisch und mit über 25 Minuten selbst mir zu lang. Vielleicht muss ich mir diesen "Spielplatz" aber einfach noch erarbeiten, denn schließlich gibt es auf Sofa keine schwachen Platten! 3
Gar nicht so weit weg von dem gerade beschrieben Kosmos bewegen sich NICHOLAS BUSSMANN & WERNER DAFELDECKER auf "Monte Carlo Fallacy" (Ni Vu Ni CONNU). Als "single take" aufgenommen, sind (auch) hier die Nebengeräusche wesentliches Element der performance, ob nun als Fußscharren auf dem Studioboden oder Atemholen zwischen den einzelnen – nein, ich möchte dazu nicht drones sagen, es sind eher GeräuschKlumpen, die die beiden da auf der ersten LP-Seite sehr geschickt hin und her schieben. Die Rückseite gehört dann eher in die Kategorie "Stehvermögen" – was in diesem Fall nicht die Geduld des Hörers meint, sondern das (Aus)Halten der einzelnen, zunächst reinen, zum Ende hin einander auch überlagernden Klänge. 4
Derartige Untersuchungen an stehenden KlangWellen intensiviert das französische DEDALUS-Ensemble mit seiner Fassung von ELAINE RADIGUEs "Occam - Hepta 1" in wunderbaren Verschlingungen aus Cello-Bratsche-Geige und Posaune-Trompete-Saxophon sowie etwas Gitarre. Der Japaner RYOKO AKAMA spielt dann mit "Occam XX" auf EMS und Sinusgenerator quasi den elektronischen Gegenpart, wobei hier die ausdauernde Schärfe des ersten Stücks durch eine weiche, gleichwohl sehr stoische KlangMatte ersetzt wird. So gelingt in einer knappen Stunde eine intensive Meditation über Ruhe und Geräusch. Erschienen ist dieses kleine Meisterwerk auf dem französischen Montagne Noire-Label. 5
Mit DRUMMING GP haben wir noch ein Ensemble aus Musikern, die sich für Neue Klänge und Improvisatorische Elemente interessieren, hier allerdings auf perkussiver Grundlage. "For Percussion" (Crónica) heißt denn auch die CD mit Stücken der Crónica-Gründer Pedro Tudela & Miguel Carvalhais. Die beiden konstruieren schon seit vielen Jahren avancierte Musik unter dem kryptischen ProjektKürzel @C, hier sinnieren sie intensiv über die Abhängigkeiten von Computermusik, Elektronik und Perkussion. Mein Favorit ist das knisternde Stück "58 - for two marimbas & two computers" (bitte fragt mich nicht, was zwei Computer können, das nicht auch einer schafft, aber vermutlich geht es um die performative Anordnung), aber auch die übrigen Nummern bilden hochinteressante KlangVersuche ab. 5
Zum Schluss vielleicht nochmal etwas, das wieder dichter an Jazz im engeren Sinne siedelt und dennoch nichts anderem als der Freiheit des Tons verpflichtet ist: "Off the Hook! - Live at Motvind" (Sheep Chase) heißt der einem glücklichen Zufall zu verdankende Mitschnitt eines Auftritts von SUN & STEEL. Das aus Marthe Lea (ts, voc), Isach Skeidsvoll (p), Øyvind Storesund (b) und FreeFormTrommelMeister Paal Nilssen-Love bestehende Quartett hatte am 3.7.21 nämlich einen wirklichen Glückstag. Irgendwie passte die BandChemie besonders gut, die Sterne standen richtig oder es gab die korrekten Getränke, jedenfalls kulminierte hier in Oslo beim "Motvind Festival at Nasjonal Jazzscene" die freie Kunst aus KlavierKluster, SaxOverKill, KontraBassWahn und SchlagzeugHysterie in einem wilden, aber durch und durch durchdachten Wirbel, der nach 45 Minuten viel zu früh vorbei ist. 5

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