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V.A.

Ba(a)d Schandau Express

(Edition Iron Curtain Radio / Major Label)

Die musikalische Qualität des hier vorzustellenden Unterfangens dürfte sich jedem mit offenen Ohren recht schnell erschließen, die zum GesamtVerständnis vermutlich notwendigen, zumindest aber hilfreichen historischen Zusammenhänge sind hingegen je nach (popkultureller) Sozialisation wahrscheinlich erklärungsbedürftig. Nähert er dabei sich über die Untertitel der beiden Vinylscheiben, gelingt auch dem – sei es qua Alter, qua Herkunft oder qua vormaligem Desinteresse – bisher Uneingeweihten die Spurenaufnahme: "Vol. 1. The German-Hungarian Art Pop Tribute EP. Variations on A.E. Bizottság" - "Vol. 2. The Hungarian-German Art Pop Tribute EP. Variations on AG. Geige". Gealterte Connaisseurs mit ostzonaler Vergangenheit (wie meine Wenigkeit) aber wissen auch ohne Google: Das A(lbert) E(instein) Komitee (ja, auf Ungarisch heißen sogar (französisch-)lateinische Lehnworte komplett anders) war eine Horde dadaistischer Hippies aus Szentendre, die seit 1979 ohne nennenswerte musikhandwerkliche Vorbildung, aber in bester D.I.Y.-Punk-Manier mit ihren wilden Life-Auftritten, die eigentlich viel mehr Performances als Konzerte waren, das ungeübte RockPublikum von Budapest bis WestBerlin schockte. Der surreale WeltGeist brauchte nach der Auflösung von A.E. Bizottság 1986 eine neue Verkörperung, die er im schönen Karl-Marx-Stadt in einer anderen, ebenfalls eher aus Malern und Grafikern denn aus gelernten Musikern bestehenden Künstlergruppe fand. Die AG Geige entführte auf mit abenteuerlichem Equipment (darunter aber eben auch mit für DDR-Verhältnisse beinahe unfassbaren D-Mark-Investitionen verbundene Preziosen wie ein Korg MS20 oder ein C64) selbst fabri- und SiebdruckCover-ver-zierten Kassetten die entsprechend interessierte Ost-Jugend im Handumdrehen mit elektr(on)isch induzierten Geschichten in futuristische ParallelWelten weit jenseits des Real Existierenden (Sozialismus). Die einen zelebrierten Zappa-eske Ausuferung (A.E.B.), die anderen skurrile Verspieltheit (AG.G) - die einen waren mir seinerzeit etwas suspekt (A.E.B.), die anderen (AG.G) verehre ich bis heute - die Musik der einen (A.E.B.) musste ich mir im Nachhinein "erarbeiten", die der anderen (AG.G) erkenne ich immer noch nach wenigen (Milli)Sekunden. Dem großen Kenner der sozialistischen UntergrundKunst Alexander Pehlemann ist es zu verdanken, dass diese beiden – gleichermaßen prägenden wie vergessenen – OstBlockBands nun in wechselseitiger Geschichtsaufarbeitung wieder zu entdecken sind. Dank feinmaschiger Vernetzung in allen relevanten Strukturen gelang es Pehlemann (der als Zonic Zound Zystem selbst auch kräftig mit-echot) nicht nur, mehrere Originalmitglieder (Kokó und László feLugossy von A.E.B., Jan Kummer (samt Gattin) und Olaf "Byetone" Bender von AG.G) für sein Projekt zu gewinnen, sondern auch GegenwartsKoryphäen wie Felix Kubin, den Budapester Psy-trancer Tibor Domokos oder Christian Gierden aka. Karl Marx Stadt zur Mitarbeit zu bewegen. Kummers unverwechselbare Stimme und das KlangKneten von Kubin, Byetone und LXC machen auf der ersten der beiden jeweils knapp 30 Minuten langen Vinylscheiben aus den A.E.B.-Stücken hyperreal-entrückte HallSchleifenMonster in feinster AG.G.-Manier – lauter Detox-"Milarepaverzio"-nen aus Liebe (ungar.: Szerelem) im SZRLMX. Oder als Milaraspa - dann aber für Ao, den Mammutjäger; kurz: TonSpurPhilosophie als DadaAntiDub. Versteht ihr mich noch? Auf Vol.2 kommen dann die (zumindest mir) vertrauteren Geige-Nummern als industriell zerdehnte HungaroSchwingungen. Hätten’s lieber eine (vom ungarischen KrachElektroniker Prell herrlich zur Unkenntlichkeit verschrammte) "Banán Electro" oder doch eher "Eine Frigadelle"? Bitte, gern, aber nur mit Fishlime. Bzw. Fischleim, also "Csontenyv", was hier vom Sickratman einmal sehr dicht am sonor zitternden Original, dann in der "Domokos Tibor verzio" technoid stampfend und mit LXC und Herrn Kummer schließlich nochmal als düsterer Strobo-"Restep" inszeniert wurde! Und zum Schluß raunt A.E.B.-Sänger László feLugossy zu Karl Marx Stadts Tönen die Geschichte von der Waldschleiereule ins Mikro. Ja, die von der im herrlichen Video (sucht mal "Az Erdei Gyöngybagoly" auf youtube!) als RFT-Oszillograf reinkarnierten Eule, deren Heimat, deren eigentliche Heimat... die Kenner wissen’s ja selbst! Und so sinken wir denn auf die Knie: vor der Natur, vor AG. Geige, vor A.E. Bizottság, vor Alex Pehlemann. Und sagen: "Köszönöm természetet! Köszönöm! Köszönöm!". 6
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