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ANNE HAHN / FRANK WILLMANN (HRSG.)

negativ-dekadent - Punk in der DDR

ANNE HAHN / FRANK WILLMANN (HRSG.)

(Ventil, 267 S., 20,00 Euro)

Ohne es bibliographisch belegen zu können, bin ich davon überzeugt, dass über die Jahre (und hier v.a. in den letzten 10) das Thema "Punk in der der DDR" publizistisch deutlich intensiver ausgeleuchtet wurde als sein westdeutsches Pendant. In diversen "Opa erzählt vom Krieg"-Formaten wurden Aktivisten interviewt und porträtiert, in 2er Auflage auf ORWO-Band erschienene Proberaum-Mitschnitte zu Schlüsselalben stilisiert und fast jede HinterhofParty zum Punkfestival aufgeblasen (entsprechend dick ist inzwischen auch bei manchen der alten Helden die Hose!). Was aber weder heißen soll, dass die Beschäftigung mit dem Auftauchen "negativ-dekadenter Jugendlicher" (so hießen die ab 1980 zunächst v.a. in Berlin, Leipzig und Halle, später dann in der gesamten DDR auftauchenden "Subjekte" im Jargon des MfS) damit überflüssig geworden wäre; noch dass diese Protagonisten nicht wichtige Weichensteller und Wegbereiter gewesen wären. Die Schizophrenie von anarchistischem Revoluzzer und Stasi-Zuträger fand dabei des Öfteren in ein und der selben Person Platz – die permanente Überwachung wurde von den wirklich Mutigen aggressiv ignoriert, von schüchterneren Naturen (wie etwa dem Autor dieser Zeilen) ängstlich umschifft (wieso habe ich damals eigentlich keins meiner KinderzimmerKrachProjekte "Der Vogel Strauß" genannt?). Hahn und Willmann gelten seit ihrer 2008 (2019) bei Ventil erschienenen Biografie des legendären "Schleim Keim"-Masterminds Otze Ehrlich zurecht als Kenner der Materie, in diesem Band versammeln sie neben den (s.o.) manchmal etwas redundanten Stimmen (ehemaliger) Protagonisten (uva. Ronald Galenza, Heinz Havemeister und Henryk Gehricke) auch Texte von eher Unbeteiligten (z.B. Jan "Tocotronic" Müller, Jan Off oder Jochen "Proustleser" Schmidt). Letztere finde ich dabei interessanter, denn manche Aktionisten von damals verwechseln auch heute noch "Coolness" mit "Überheblichkeit" und die zweite Hälfte von "Gefühl und Härte" mit stumpfer Aggressivität und Lust an Gewalt – da beweisen die durch Herkunft oder Alter damals nicht Involvierten z.T. mehr Distanz und analytischen Abstand. Also: natürlich hat man die eine oder andere Geschichte schon genau so oder nur leicht variiert gelesen und Frank Willmanns Behauptung zur legendären "DDR von unten"-LP: "Ich kenne keinen, der sich jemals die A-Seite bis zum Ende anhörte." kann ich auch nicht so stehen lassen (natürlich sind die "Zwitschermaschine"-KlangEskapaden deutlich aufregender als der zwar radikale, aber auch immer etwas Alkohol-prollige "Schleim-Keim"-Pogo) – aber eine aufregende Erinnerungstour ist das hier auf jeden Fall! Eine Frage bleibt jedoch offen: offenbart sich da meine Unkenntnis der tiefsten SzeneTiefen oder irrt sich doch Ilko-Sascha Kowalczuk, wenn er seine Aufzählung programmatischer Bandnamen von DDR-Punk-Kapellen mit "Abwärts" beginnt (ich würde bei jemandem, der "Die Skeptiker" ernstlich seine "best-band" nennt, ganz überheblich letzteres vermuten)?
Weitere Infos: › www.ventil-verlag.de/titel/1906/negativ-dekadent

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