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QUICKSILVER

V.A.

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Neben wir uns zu Beginn des neuen Jahres kurz Zeit, einiger großartiger Künstler zu gedenken, die diese Welt 2021 verlassen haben: Françoise Cactus, Phil Spector, mit Christa Ludwig und Edita Gruberová gleich zwei Primadonnen, Alfred Biolek (dem ich meine erste Begegnung mit Klaus Nomi zu verdanken habe, auch Kate Bush oder The Human League holte er früh ins deutsche Fernsehen), Chick Corea, Lee "Scratch" Perry, Chris Barber, die unvergleichliche Anita Lane, Mikis Theodorakis, Richard H. Kirk, Charlie Watts, Lawrence Weiner, Robbie Shakespeare, Steve Bronski, Udo Zimmermann – die Liste nimmt kein Ende. Und dann auch noch Friederike Mayröcker und Klaus Wagenbach...
Wie finden wir da zu helleren Gedanken? Vielleicht mit dem fröhlichen Klezmer, den DOBRANOTCH spielen. "Zay Freyleikh!" (CPL) rufen sie und das ist doch nicht das schlechteste Motto. Zwischen jiddischen Hochzeitsklassikern und anderen traditionals aus dem osteuropäischen stedl hat hier aber auch Wodka-durchtränkter Humor seinen Platz. Dass die in etlichen Konzerten gestählte Truppe mit Fidel, Klarinette, Akkordeon, Tuba und etlichem mehr flott und sicher zu spielen weiß, spürt man bei jedem Ton. 5
Oder mit dem zwischen Cumbia und Merenge, zwischen Karibik und Afrika, zarten Gitarrenlinien und feinen ExoGrooves pendelnden "Pwanga" (Zamora) von LUCIA DE CARVALHO? 3
Auch die knackigen RareGrooves, die die australische KERBSIDE COLLECTION auf "Round The Corner" (Légère) zu ebenso fetten Bläsersätzen und RetroSounds aus Fender Rhodes und Hammond B3 feiert, könnten uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern. 3
LE COMMANDANT COUCHE-TOT gniedeln auf "Une Histoire d’amour brasilienne" (Black Milk) zwischen schwülen SoulPop-Damenchören und AcidJazz-lastigen beats auch mal gern wild auf ihren Gitarren. Zwischen DiscoKugel und LatinFunk geht hier einiges. 4
Auch LECIEL frönt in der Kreuzberger PalomaBar mit ihren Gedanken zu "The Art Of Practice" (Paloma) eher grooveorientierter Musik. NeoSoul als House, Electro als HipHop – die Mischung macht’s. 4
Die sehr wurzelnahe spanische Folklore, die das Ensemble VIGÜELA auf "A la manera artesana" (ARC) versammelt, reißt uns dann etwas aus dem relaxten Sinnieren – hier dominieren klassische Gitarrenfiguren, schmetternder Gesang und kastagnettensatte Rhythmik. Für FolkloreFans sicher sehr spannend, aber nichts für PopFreunde! 3
Die Israelis von OUZA BAZOOKA knallen uns danach eine gute halbe Stunde lang soliden, aber nicht besonders innovativen PsychRock vor den Latz. "Dalya" (Stolen Body) lässt zu hallendem Gesang Gitarren stoisch Motive sägen und von einem fetten Schlagzeug getriebene Synths brezeln. 3
Eher vom ProgRock kam RICHARD PINHAS, als er 1979 "Iceland" (Bureau B) veröffentlichte. Er hatte gerade das Projekt Heldon aufgegeben und konzentrierte sich hier – wohl in bewusster Abkehr von deren ausufernden SpaceTrips – auf eher skizzenhafte Stücke (die dann aber z.T. trotzdem an der 10-Minuten-Grenze kratzen!) aus geschichteten EffektGitarren, dramatischen SequenzerLinien und seltsam undeutlichen SynthWänden, die ihre Hippie-Aura mit scharfen Drummachines, obskuren Soundschleifen und einem manchen New Wave-Ideen vorgreifendem Minimalismus dekonstruieren. Zu wunderbar ungeradem und doch sehr stoischen ElektroBeat raunen die Schaltkreise da zischende Beschwörungsformeln über brach liegende Synthieflächen. Nicht schlecht, das! 5
Auch CAN verstanden sich auf Trance-Momente, behielten bei allem Ausufern aber stets das Ziel im Auge. "Live In Brighton 1975" (Spoon) dokumentiert nach dem im letzten Mai veröffentlichten "Live In Stuttgart 1975" nun den zweiten unter dem Dirigat von Irmin Schmidt aus den besten verfügbaren bootlegs restaurierten Mitschnitt eines kompletten Konzerts der Kölner KrautGötter. Die beiden Stockhausen-Schüler Schmidt und Czukay, der vormalige FreeJazz-Trommler Jaki Liebezeit und Gitarrist Michel Karoli spielten in blindem und höchst gerechtfertigtem Vertrauen auf die Fähigkeiten des jeweils anderen ein hier auf 2 CD bzw. 3 LPs verteiltes 90-Minuten-Set aus sieben namenlosen Stücken, bei denen sich sich zuweilen doch auch eine bekannte Figur herausschält (z.B. kann man in #7 das Thema von "Vitamin C" erahnen). Sehr gut durch die Zeiten gereist, das Ganze. 5
Eine aktuelle Version solcherlei musikalischer Visionen spielen KREIDLER. Deren "Spells And Daubs"(Bureau B) betonen die Kraft eines gut konstruierten Rhythmus’, umwickeln diesen mit etwas Dub und klugen ElektronikIdeen und verschmelzen auf die Weise sehr gekonnt Kraut- und PostRock. 4
Die im Umfeld von Ton Steine Scherben entstandene FrauenBand CARAMBOLAGE (in der u.a. die später mit den Lassie Singers und Britta bekannt(er) gewordene Britta Neander trommelte) spielte zwischen 1980 und 1984 insgesamt drei LPs ein, wobei die letzte (von Spliff-Bassist Praeker auf einen PopErfolg hin produzierte) nie offiziell erschien. Nun werden "Carambolage", "Eilzustellung-Exprès" und "Bon Voyage" (alle Tapete) als CD, LP und DL wiederveröffentlicht und man kann beim chronologischen Hören sehr gut nachvollziehen, wie sich die Kreativitätsakkus leerten. Was zu Beginn noch mit frecher Unbekümmertheit und genialer Dilletanz fasziniert und Geistesschwestern wie Östro 430 oder den Insisters mehr als ebenbürtig ist, wird zunehmend beliebiger. 5/4/2
Die nach dem tschechischen 350er Feuerstuhl benannte Berliner Band JAWA hat ihre Wurzeln bei den Skeptikern und auch ihre EP "Revoluzzer" (BonkerCoffeeClub) atmet etwas vom Geist des theatralischen Punk. Thematisch um die 1918er Revolution kreisend werden hier Gedichte von Tucholsky ("Augen in der Großstadt") und Erich Mühsam (sein berühmter "Lampenputzer") sowie ein eigener Text mit großer (Punk)Geste vertont. 3
Die Franzosen von YOU SAID STRANGE legen mit "Thousand Shadows Vol.1" (Exag/Le Cèpe) ein recht gelungenes, dem PostPunk genauso wie den besseren Versionen von US-College-Rock verpflichtetes Album vor. Recht hall-lastig produziert begeistern mich hier die treibenden, aber niemals platten drums, der knackige und enorm nach vorn gehende Bass, die solide, gern mal schmutzig dahinbratzende GitarrenArbeit und der griffige Gesang gleichermaßen. 4
"DingoIngo" (Oettinger) nennt der sonst eher als deutschpoppender Sänger bekannte INGO POHLMANN seine CD mit Kinderliedern und die ist gar nicht mal schlecht. Mein Sohn ist inzwischen zwar aus dem Alter raus, aber Vor- und Grundschulkinder haben mit dem "Wespenlied", dem von einem Raben zum Tauchen angestiftenen "Maulwurf" oder den Fluchtplänen des Ponys "Emma" sicher viel Spaß. 4
Etwas unschlüssig lässt mich die opulente 2CD-plus-textsattes-booklet-plus-Poster-Box "Dass wir so lange leben dürfen" (Westpark) zurück. Da huldigen nämlich diverse LiedermacherInnen und FolkGrößen dem "Erzpoeten & Eulenspiegel" Manfred Hausin. Der war mir bisher unbekannt und ich finde auch noch nicht so richtigen Zugang zu seinem Werk, was einem die hier versammelten und z.T. arg dem strengen Strickpullover-Folk verpflichteten Interpretationen nur wenig erleichtern. Aber Lydie Auvray und Hannes Wader wissen ja eigentlich was sie tun und weil ich von den übrigen Künstlern bis auf Liederjan, Cantus Firmus und Lilienthal kaum jemanden kenne, schiebe ich mein Unverständnis mal auf meine Unkenntnis und enthalte mich daher einer (Be)Wertung.

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