
Langsam, aber gewaltig: Spätestens seit der letztjährigen Veröffentlichung ihres zweiten Albums, ´Big Swimmer´, und seiner herrlich nostalgischen Melange aus Indie-Rock, Dream-Pop und Americana sind Hannah Merrick und Craig Whittle längst aus dem Schatten ihrer Idole herausgetreten. Doch auch, wenn zuletzt alles ganz schnell ging für die Briten: Beim Gastspiel in Schorndorf lassen King Hannah der düster-hypnotisierenden Magie ihrer Lieder alle Zeit der Welt. Obwohl sich das Duo, das auf der Bühne ergänzt um Bassist Conor O'Shea und Schlagzeuger Jake Lipiec ein Quartett ist, zwischen den Songs nicht mit langen Ansagen aufhält und sich ganz der Musik hingibt, passen in Schorndorf gerade einmal zwölf Lieder in das knapp 90-minütige Set. Darunter befinden sich eine ganze Reihe Downer-Songs, mit denen sich Merrick als intelligente Chronistin des Absurden positioniert, wenn sie in den Liedern von ´Big Swimmer´ einen Blick auf die Schattenseite des amerikanischen Traums wirft, mit denen King Hannah auf ihrer ersten USA-Tournee praktisch täglich konfrontiert waren. Geprägt sind die Lieder von viel Dynamik und Merricks rezitativem Konversationsmodus, doch auch wenn das verdeutlicht, dass King Hannah inzwischen ihre eigene Identität gefunden haben, wissen die beiden natürlich, auf wessen Schultern sie stehen, und scheuen sich nicht, das auch zu zeigen. Mit ´John Prine On The Radio´ oder dem Bill Callahan gewidmeten ´Suddenly, Your Hand´ verneigen sie sich vor ihren Vorbildern. Viel Raum für alte Lieder bleibt an diesem Abend nicht, denn lieber blicken King Hannah nach vorn. Mit "Leftovers" gibt es eine kürzlich veröffentlichte Single zu hören, und bei der Zugabe gibt es sogar noch eine verheißungsvolle neue Nummer, die erst drei Tage zuvor in München ihre Weltpremiere gefeiert hatte. Ganz am Ende dieses Konzertabends, an dem King Hannah oft mehr wie eine Band aus New York oder Nashville als eine aus Merseyside geklungen haben, spielen Merrick und Whittle zu zweit noch eine Coverversion, und ganz ehrlich: Trotz vieler Glanzlichter zuvor ist ihre Version von Gillian Welchs wunderbarem ´Look At Miss Ohio´ so etwas wie das heimliche Highlight des gesamten Sets. Dass sich gleich danach eine lange Schlange am Devotionalienstand bildet, beweist: In Schorndorf haben King Hannah alles richtig gemacht.
Weitere Infos: kinghannah.com