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HAYLEY REARDON
(10.05.2025 Die Wohngemeinschaft Köln)

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Zwar ohne Support-Act – dafür aber in Begleitung ihres spanischen Gitarrenfreundes Pau Figueras – gastierte die amerikanische Songwriterin und Troubadourin Hayley Reardon bereits zum zweiten Mal in der Kölner Wohngemeinschaft, wo sie 2018 bereits im Gefolge des irischen Songwriters Ryan O'Reilly erstmals ihre Folk-Kapriziosen präsentierte. Dieses Mal ging es darum, ihr Ende letzten Jahres erschienenes Album „After Everything“ live zu präsentieren, bevor es später dann auf Festival-Reise gehen sollte. Dass das erst jetzt erfolgen konnte, hatte damit zu tun, dass Hayley seit einiger Zeit wieder in ihrer Heimat in der Nähe von Boston lebt, während sie früher regelmäßig in Europa residierte – wo in Barcelona dann auch das erwähnte Album entstand. Früher ist Hayley stets alleine unterwegs gewesen – oft über Stipendien oder Künstlerresidenzen - hatte aber vor einiger Zeit ihre Zelte länger im spanischen Barcelona aufgeschlagen und dort eine Gruppe von Musikern um die Brüder Pau und Arnau Figueras kennengelernt, auf die sie seither als Band zählen kann und mit denen sie dann auch die 24er LP und die 23er EP „Changes“ eingespielt hatte, die Pau Figueras auch produziert hatte. Im Live-Vortrag hatte Figueras dann keine Mühe, mit seinem Spiel im Fingerpicking-Style auf der klassischen Flamenco Gitarre Hayley's Songs musikalisch auf eine ganz neue Ebene zu hieven. Dazu muss man wissen, dass Hayley ihre Aufgabe sowieso weniger in der virtuosen musikalischen Ausgestaltung, sondern in ihrem persönlich gefärbten, aber keineswegs rein autobiographischem Storytelling sieht. Die subtilen, ja fragilen Folksongs Hayley's basieren auf Alltagsbeobachtungen, die Hayley aus ihrer zuweilen recht eigenwilligen Perspektive einfängt. So erzählt sie ebenso von Familienereignissen wie dem Karaoke-Abend im Haus ihrer Schwester in dem gleichnamigen Song (der als einer der poppigsten Songs dann auch gleich die Show einleitete) wie auch von Begegnungen mit schrulligen Nachbarinnen in dem Song „Bone Dance“ (dessen Titel einer Inspiration durch Tom Waits zugrunde liegt) oder von ihren Reisen nach Europa in den Songs „Awake In Berlin“ oder „Barcelona“. Dabei geht Hayley als Performerin geradezu in ihren Songs auf, die sie zwar meistens mit geschlossenen Augen interpretiert (wohl um sich besser auf die besungenen Emotionen und erinnerten Szenarien konzentrieren zu können), dabei aber dennoch einen höchst glücklichen Eindruck hinterlässt. Denn obwohl die meisten ihre Songs einen eher melancholischen Charakter haben, bezeichnet sie sich selbst – mit Fug und Recht – als eher fröhliche, glückliche Person – was sie während des Vortrages dann eben auch zum Ausdruck bringt – meist mit einem breiten Honigkuchen-Lächeln. Der Grund, warum das alles so ist, ist dabei der, dass sie früher Schwierigkeiten hatte, sich mit Emotionen auseinanderzusetzen und das nun mittels ihrer Musik sozusagen nachholt, wobei sie sich im Einklang mit dem Schmerz der Welt sieht. Das klingt absolut überzeugend und erklärt vielleicht auch, warum man als Zuhörer ihren Gedankengängen und der Narrative des Vortrages gerne folgt – auch wenn musikalisch eigentlich gar nicht viel passiert.

Im Vergleich zu Hayleys zwar soliden, aber eben unspektakulärem Vortrag agierte Pau Figueras stoisch und gelassen – aber eben mit der Souveränität eines Virtuosen, der um den Effekt seines Tuns weiß und es deshalb nicht für Notwendig erachtet, sich als Rockstar produzieren zu müssen. Letztlich hatte das zur Folge, dass Hayley ihre eigene Gitarre dann bei einigen besonders emotionalen Songs zur Seite legen und sich ganz auf den Gesang konzentrieren konnte. Zwischen den Songs erklärt Hayley Reardon wortreich und zuweilen leicht überbordend, aber immer charmant und einnehmend die zuweilen anrührenden, zuweilen absurden Episoden, die die Basis ihrer Songs bilden. Laut Hayley selbst ist die Funktion ihrer Musik für sie die, einen sicheren Rückzugsort zu bilden, an den sie sich (im Einklang mit dem Schmerz der Welt, wie sie sagt) mit den Unbilden der Realität auseinandersetzen kann. Nach etwas mehr als einer Stunde war die Sache dann auch schon wieder zu Ende – aber das war keineswegs ein Manko, denn in dieser Stunde bekamen die Zuschauer (insbesondere auf der emotionalen Ebene) weit mehr geboten, als das bloße, routinierte Abarbeiten einer Playlist.

 Weitere Infos: https://hayleyreardon.bandcamp.com/album/after-everything




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