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STEPHAN LUDWIG

Zorn - Der Fall Schröder

)Fischer Taschenbuch, 366 S., 13,00 Euro)

So allmählich glaubt mir vielleicht niemand mehr, dass ich kaum Krimis lese, denn schon wieder hatte sich ein solcher in meinen Lesestapel, nein - nicht verirrt, sondern ganz nach oben geschummelt. Und zwar der vierzehnte Fall des kantigen Hallenser Kommissars Zorn. Nun ist das Prinzip "Regionalkrimi" eine recht einfache psychologische Falle: die Leser freuen sich, wenn sie vertraute Gegenden, Bauten und Strukturen erkennen, das ganze Grauen aber angenehm weit weg bleibt. Schließlich ist zumindest letzteres doch nur der bunten Phantasie eines begabten Autoren entsprungen. Und doch (bzw. genau deswegen) funktioniert das flächendeckend von Flensburg bis Oberbayern. In Halle/Saale selbstverständlich auch: jeder neue "Zorn" wird in den örtlichen Filialen der Buchhandelsketten in Eingangsnähe aufgestapelt, im (ehemals) szenenahen "Objekt 5" finden (umgehend ausverkaufte) Lesungen statt und selbst die etwas arrivierteren Traditionsbuchhandlungen bestellen fleißig vor - kurz: Zorn ist Kult in der Saalestadt. Und ich darf feststellen: völlig zu recht. Denn Stephan Ludwig weiß der langen gemeinsamen Geschichte seiner Helden erneut eine überraschende Wendung zu geben. War es in Fall #13 der (gottlob nur vermeintliche) Tod seiner geliebten (und mittlerweile geehelichten) Staatsanwältin, so trifft es dieses Mal Zorns Kompagnon Schröder. Der kennt nämlich offenbar sowohl das Opfer wie auch viel zu früh viel zu viele Einzelheiten des aktuellen Todesfalls (ein Mann stürzte sich vor den Augen seiner Tochter von der kleinen, ein wenig saaleaufwärts gelegenen örtlichen Skisprung-Schanze in den Tod). Bei der Tatortbesichtigung bleibt er lieber im Auto sitzen und beharrt dennoch auf sofortiger Entlastung der Tochter: "Sie hat ihn nicht gestoßen." Den offiziellen Schanzenrekord hat er nebenbei auch parat und das Kapitel endet mit diesen an seinen langjährigen Kollegen und Freund gerichteten Worten: " "Du weißt gar nichts über mich", lächelte Schröder. "Absolut nichts." " Zudem verschwindet er umgehend, meldet sich krank und versteckt sich selbst vor seinen Freunden - und dann werden noch zwei Menschen, die irgendwie mit der Jugend von Schröder und dem Suizidopfer zu tun zu haben scheinen, ermordet; besser: hingerichtet. Dass Schröder der Mörder ist, drängt sich anhand diverser Indizien auf, aber das wollen weder Zorn noch Frau Staatsanwältin (die das alles aus der Reha-Klinik verfolgt) glauben. Der Leser ist durch die eingeschobenen Rücksprünge in die Kindheit Schröders da schlauer und verfolgt voller Angst vor der Überführung des Täters den Plot, durch den sich Raubein Zorn kämpft: ununterbrochen rauchend, mit dreckigen Schuhen und nasser Jacke. Ob das alles ein gutes Ende nimmt? Das kommt ganz darauf an, was man unter einem "guten Ende" verstehen will. Ich finde, es ist eines - und hoffentlich nicht das der Zorn-Reihe. In der gewohnt launigen "Schlussbemerkung" gesteht Stephan Ludwig, dass er sich durchaus über Hinweise zu logischen oder sachlichen Fehlern freut. Deshalb: nein, Herr Ludwig, ein DDR-Elektriker hätte Mitte der 80er niemals - und wäre er noch so stinksauer - "Fuck!" geflucht (vgl. S.239), das hätten seinerzeit nicht mal die harten Jungs beim ersten DDR-Punkfestival (das im April '83 in der Hallenser Christuskirche stattfand. Organisator war der heute als PopArt-Maler bekannte Moritz Götze, auf dessen Initiative auch das o.g. "Objekt 5" zurückgeht...wir verzetteln uns!) spontan so verwendet. Trotzdem, vielleicht sogar auch deswegen: ein feines raues Buch, das schließlich nicht zur soziolinguistisch-historischen Fortbildung, sondern zur Unterhaltung gedacht ist.
Weitere Infos: www.fischerverlage.de/buch/stephan-ludwig-zorn-der-fall-schroeder-9783596710553


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