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JOHNOSSI & GERD (Köln, Live Music Hall, 23.01.2025)

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„Wir haben auch einen Support – das ist eine Frau namens GERD aus Schweden. Die ist toll – die musst Du Dir unbedingt anschauen“, erklärte John Engelbert vor dem Soundcheck zur ersten Show der anstehenden Europa-Tour des schwedischen Duos Johnossi in der Kölner Live Music Hall, auf die die beiden Recken sich ganz besonders freuten, da sie es kaum erwarten konnten, nach der letztjährigen Skandinavien-Tour endlich wieder auf die Bühne zu kommen, um auch bei uns ihr im Herbst erschienenes aktuelles Album „Forevers“ präsentieren zu können. Auf diesem Album befindet sich übrigens auch ein Track namens „Gemini“ - und den hatten die Jungs für die Tour in einer neuen Version eingespielt, auf der sie dann besagte GERD als Gast-Sängerin engagiert hatten. GERD (deren vollständiger Name Elin Gerd Mona Lundgren ist) kommt ebenfalls aus Schweden und hatte im letzten Jahr – auch bei uns - ihre Debüt-LP „Meet Me In The Blue“ veröffentlicht, auf dem auch ihre Single „Stay“ enthalten ist, die sie bereits 2023 bei „Ina's Nacht“ präsentiert hatte. Natürlich gehörte auch diese Single zu Gerd's kurzem Set, dass sie in der Live Music Hall zur Einstimmung präsentierte (bevor sie dann gegen Ende der Johnossi Show für den „Gemini“-Track nochmals auf die Bühne zurückkehrte). GERD macht einen auf der Studioproduktion mit atmosphärisch ausgerichteten, elektronischen Dreampop-Elementen verfeinerten Kook-Pop, der ihrer jubilierenden Sopran-Stimme viel Raum zur Entfaltung bietet. Für die nun anlaufende Tour mit Johnossi hatte sich GERD aber getraut, ihre Scheu vor dem Solo-Auftritt mit Piano und Stimme zu überwinden und präsentierte einige ihrer Tracks in dem für sie ungewohnten Setting. Denn – so erklärte sie – obwohl sie ihre Stücke auf dem Klavier schriebe habe sie erst vor kurzem angefangen, gleichzeitig zu spielen und zu singen (was dann vielleicht auch einige Wackler erklärte). Um den Fans aber auch einen Eindruck von dem Sound zu vermitteln, den sie ansonsten mit einer Band erzeugt, spielte sie die restlichen Tracks dann mit einer „Fake-Band“ aus der Konserve. Letztlich überzeugte GERD dann aber vor allem aufgrund ihres ungemein intensiven Gesangs – und nicht zuletzt der Qualität ihrer brillant komponierten Songs – darunter auch ein neuer Track namens „Honeybee“. Den Johnossi-Fans schien das zu gefallen, denn der insgesamt zwar intensive, aber eher ruhiger und besinnliche Vortrag GERDS wurde keineswegs vom ansonsten bei solchen Gelegenheiten zu vernehmenden Redebedürfnis der Zuschauer gestört, sondern ordentlich bejubelt. Als dann kurz nach 9 John Engelbert, Ossi Bonde und ihr (unauffällig im Kunstnebel auf der linken Bühnenhälfte agierender Keyboarder Mattias Franzén) die Bühne betraten, war es allerdings vorbei mit der Besinnlichkeit. Seit die Herren 2007 auf dem Haldern-Pop-Festival ihre Laufbahn als „stadientaugliche“ Rockband ihren Einstand bei uns gegeben haben, hat sich eigentlich im Wesentlichen kaum etwas geändert. Immer noch agieren John und Ossi mit derselben, jugendlichen Begeisterung und derselben unbändigen Energie als Performer wie damals. Und immer noch spielt John eine akustische Gitarre, der er über seine Effektpedale die unglaublichen Rock-Sounds entreißt. Wie im Studio, so lebt die Musik von Johnossi bis heute auch vor allen Dingen von der Interaktion der beiden Musiker – und im Live-Kontext auch mit jener mit dem Publikum. So ließ es sich John nicht nehmen, das Publikum immer wieder zum Abhotten und Mitsingen aufzufordern – worum sich dieses nicht lange bitten ließ. Vielleicht ist es deswegen auch gar nicht so schlecht, dass sich die Tracks des neuen „Forevers“-Albums sich weniger in Dystopie und Eklektizismus verlieren als die beiden vorangegangen Alben „Mad Gone Wild“ und „Torch // Flame“ und einfach nur grandiose Larger-Than-Life-Power-Popsongs sein möchten. Diese neuen Songs bildeten dann sozusagen den Rahmen der Show: Beginnend mit dem monumentalen „Big Bucks“ zu Beginn, dem Titeltrack „Forevers“ und „San Antonio“ (wieder so einer Mitsing-Hymne) in der Mitte und „Reflection“ und „Gemini“ am Ende der Show. Die Highlights der Show kamen dann allerdings in der Mitte des Sets zum Tragen, als Johnossi mit einer zurückgenommenen, aber dann auch ausufernden Version des alten Tracks „18 Karat Gold“ von der zweiten LP „All They Ever Wanted“ das Publikum zum Mitsingen einluden. Im Anschluss wechselte John für den Track „Heavens (Then We Begin)“ vom letzten Album „Torch // Flames“ zu einer halbakustischen Gitarre von 1957 (dem Geburtsjahr seiner Mutter) und auch dieser wurde – eingeleitet von einer Piano-Passage Mattias Franzéns - ordentlich unter Publikumsbeteiligung zelebriert. Wie bereits angedeutet blieb performerisch ansonsten kein Auge trocken. Unterstützt von einer monumentalen Lightshow, Stroboskopen und Unmengen von wabernden Kunstnebel-Wolken lieferten Johnossi eine mitreißende Live-Show mit der sie die ganze Halle mühelos im im Griff hatten. Ganz ausverkauft war die im hinteren Drittel abgetrennte Live Music Hall dabei nicht – aber das schlug sich nicht wesentlich in der Stimmung nieder. Der Grund, warum das Ganze immer noch und immer wieder so überzeugend funktioniert, liegt einfach daran, dass Johnossi, dass was sie machen wirklich lieben und deswegen Musik machen, die von Herzen kommt. Alles andere – so Johnossi – wäre dann ja auch unsinnig.


Weitere Infos: https://www.johnossi.com/


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