(Bassermann, 256 S., 9,99 Euro)
Unter den Zwängen der Aufmerksamkeitsökonomie kommen die Menschen auf die wildesten Ideen um ein klein wenig eben jener Aufmerksamkeit zu erlangen – idealerweise die einer möglichst großen Menge an Aufmerksamkeitsverteilern. Wabbel zum Beispiel gab seinem Buch sicher vor allem deshalb diesen alles (und nichts) versprechenden Titel. Der Untertitel "Auf der Suche nach dem Abendmahlskelch" ist da dann schon fast redundant. Jedenfalls begibt sich der belesene Autodidakt (gelernt hat Wabbel Typograf, studiert hat er Journalismus und das berühmt-berüchtigte "Kreative Schreiben", aber schon seine vorherigen Bücher befassten sich mit dem "Templerschatz" und der "Templerkathedrale") auf Spurensuche – wie Hunderte vor ihm und wie es sicher auch zukünftig noch viele tun werden. Allerdings ist sein Ausgangspunkt schon mal ein interessanter: er startet mit der Deutung eines hochmittelalterlichen Wandgemäldes in der "Skibet Kirke" im jütländischen Vejle. Dort sieht man dänische Ritter, deren Suche nach dem Gral erfolgreich war - ob in Jerusalem oder in Konstantinopel, darüber streiten die Gelehrten. Wenn sie denn das Bild ernst nehmen. Wabbel tut das und gräbt sich daraufhin durch Berge an Literatur (ein sehr umfangreicher Fußnotenapparat stellt das unter Beweis) und reist durch die Welt, um sich an möglichen Originalschauplätzen zu weiteren Schlußfolgerungen inspirieren zu lassen. Er überlegt, was konkret an historischen Fakten in der Geschichte vom letzten Abendmahl stecken könnte und welche Geschirrformen denn dabei vielleicht Verwendung gefunden haben - die Konjunktive zeigen an, dass er (natürlich) nicht zu abschließenden Wahrheiten gelangt. Dann widmet sich Wabbel den Ursprüngen der Gralslegende in der höfischen Dichtung des Mittelalters und untersucht deren Auswirkungen auf die Christianisierung, v.a. der nordischen Völker (Rügen mit seinem Svantevit-Heiligtum spielt hier eine größere Rolle). Das Plus ist dabei, dass die historischen Fakten bestimmt exakt sind (ausgewiesene Mediavisten können das sicher besser beurteilen als ich), ihre Auswahl und Auslegung aber doch stets dem "Ziel" dient – ein typischer Reflex, den nicht zuletzt der große, von Wabbel mit einer dem Buch vorangestellten Widmung geehrte Umberto Eco gern ironisch zu brillanter Literatur verarbeitete. Ich möchte den Inhalt von Wabbels Thesen hier gar nicht weiter ausbreiten, den kann sich - auch angesichts des ungewöhnlich niedrigen Preises dieses Buchs - jeder selbst erarbeiten, muß aber anmerken, dass trotz des von Wabbel wie oben erwähnt absolvierten Studiums des Kreativen Schreibens zumindest ich weit mehr als einmal den Faden verloren habe zwischen den diversen Königen, Rittern und Äbten. Denn das Wabbel seine durchaus interessanten Ideen hier flüssig und stringent formuliert hätte, lässt sich leider nicht sagen. Und auch das Papier lässt wie die Wiedergabequalität der Fotos (schwarz-weiß und immer zu klein) zu wünschen übrig – irgendwo musste eben gespart werden.Weitere Infos: www.penguin.de/buecher/tobias-daniel-wabbel-jesus-und-der-heilige-gral-auf-der-suche-na/buch/9783809

