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MASCHA KALÉKO

Ich tat die Augen auf und sah das Helle

MASCHA KALÉKO

(dtv, 256 S., 20,00 Euro)

Angesichts von Gimmick-Covern, bedruckten oder wenigstens farbigen Schnitten und ähnlichem Schnickschnack mag mancher die Gestaltung dieses Gedichtbands für altmodisch halten, dabei ist sie einfach nur schön. Ein zartgrüner Leineneinband, der Name der Autorin in klarer Type gesetzt, in der Mitte ein leicht zurückgesetztes s/w-Foto, darunter der Titel und die (nicht unwichtige) Ankündigung "Gedichte und Prosa". Auch der (grammatikalisch gewagte) Verweis "Ausgewählt und mit einem Vorwort von Daniel Kehlmann" findet neben dem Verlagssignet noch Platz. Feines Papier, ein schöner Satz (ich liebe die Garamond!) und ein Lesebändchen – weder optisch noch haptisch gibt es hier (insbesondere in Anbetracht des akzeptablen Preises) etwas zu beanstanden. Inhaltlich natürlich auch nicht, denn Kaléko bleibt eine sichere Bank. Ich würde ja gern behaupten, die 1907 im (damals) westgalizischen Chrzanów geborene Dichterin schon seit vielen Jahren zu verehren, aber das wäre schlicht gelogen. Denn wie so viele der heute von der neusachlichen Leichtigkeit ihrer Verse so Begeisterten entdeckte ich die Frau erst in den 2000ern. Endgültig ins popkulturelle Bewusstsein dürften sie die beiden famosen Alben gerückt haben, auf denen Dota Kaléko-Texte singt. Anlässlich des 50. Todestages (Kaléko starb am 21.01.1975) hat nun Daniel Kehlmann eine wirklich gelungene Auswahl aus dem lyrischen und dem noch wenig bekannten Prosawerk Kalékos getroffen. Das reicht von der stürmischen Verliebtheit der jungen "Großstadtlerche" bis zu ihrer Melancholie-getränkten Einsamkeit im israelischen Exil; vom vertrauten, aber immer wieder wunderbaren "Für Einen" (eine Fassung dieses Texts hat übrigens die DDR-Chansonette Dorit Gäbler schon 1979 für Amiga eingesungen – das Internet weiß (beinahe) alles) bis zum 1941 in New York entstandenen "Fast ein Gebet", das so endet: "Herr, gib du allen, die das Schwert vertrieb / Ein Dach, ein Brot, ein Kind, ein eigen Kissen." Wenige Seiten später schlägt in "Finale" übrigens der Druckfehlerteufel zu: die zweite Strophe beginnt dort mit "Du kamst: Zum Garten war das Grau der Straßen." und da fehlt natürlich ein Sinn herstellendes "d". Die Gedichte pendeln zwischen beschwingt singender LebensFreude und LiebesKummer, auch Sozialkritisches findet sich: "Kinder reicher Leute" kann man noch heute so wie von Kaléko vor fast 100 Jahren beschrieben finden. An dieser Stelle muß ich aufpassen, nicht in einen ZitateRausch zu geraten - die griffigen Verse laden mit ihrer vermeintlichen Leichtigkeit dazu schließlich herzlich ein. Unbedingt zu erwähnen sind aber die Ausschnitte aus Prosatexten, die sich u.a. mit dem (Exilanten)Leben in Greenwich Village befassen oder mit den Gefühlen, die ein Dokumentarfilm über die Nürnberger Prozesse bei der Autorin auslöste. Packend auch ihr 1956 in Kassel gehaltener Vortrag "Die paar leuchtenden Jahre" – hier lernt der Kaléko-GedichteLiebhaber eine vielleicht bisher unbekannte Seite der Dichterin kennen. Kurz: diese Buch ist nicht nur schön, sondern auch gut!
Weitere Infos: www.dtv.de/buch/ich-tat-die-augen-auf-und-sah-das-helle-28420

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