Krokant/Indigo
Dass Manfred Krug weit mehr war als "Auf Achse" oder "Liebling Kreuzberg", wissen vielleicht auch heute ostdeutsch sozialisierte Menschen noch immer besser als solche, die "im Westen" groß wurden. Schließlich standen bei vielen Ost-Eltern die "Krug#1" bis "#4"-LPs im Schrank. Auf diesen legendären Amiga-Platten präsentierte sich Herr K. als durchaus versierter und doch nicht "über-technischer", in jedem Fall aber unterhaltsamer, kunstvoll mit Kitsch und Sentimentalität, aber auch subtilem Witz und großem musikalischen Können spielender SoulChansonJazzSänger (begleitet wurde er dabei zumeist von einer Jazz(Big)Band um Günther Fischer, der auch den Großteil der Musik geschrieben hatte). Und dieses Ost-West-Ding schlägt auch bei den beiden Krokant-LabelChefs Albrecht Schrader und Florian Sievers durch. Letzterer wurde in der DDR geboren (und hat übrigens auch die letzte Platte der großartigen Sorry3000 produziert!), Schrader stammt aus Westdeutschland. Sievers kennt die Krug-Lieder von klein auf, wohingegen Schrader sie sich über die "Ach?!-Der-TV-Serienheld-singt-also-auch"-Schiene erarbeiten musste. Jedenfalls haben die beiden sich immer mal wieder vergegenwärtigt, wie prima der musikalische Output diese Mannes war und kamen dabei irgendwann auf die Idee, den Krug-Schlagern (ja, so darf man diese Lieder im besten Sinne nennen) das berühmte "Neue Leben" (Ostler schmunzeln jetzt vielleicht, denn in der DDR gab es eine Jugendzeitschrift dieses Namens) einzuhauchen. Also luden sie MusikantInnen aus der deutschen (Indie)Szene ein, das ihrige beizusteuern und nur zu schnell und gern flatterten die Zusagen mehr oder minder bekannter Namen in den Krokant-Postkasten. Gelungen ist das Unterfangen, Krug-Songs neu zu interpretieren mal gut, mal besser – an vielen Stellen merkt man, was für ein grandioser Sänger Herr K. trotz aller technischen Unzulänglichkeiten doch war, denn nicht immer atmen die neuen Versionen den süßen Schmalz und Charme der Originale. Müssen sie aber vielleicht auch gar nicht. Sehr überzeugend ist z.B. "Kalt und weiß" aus der Sicht von Stefanie Schrank, auch Charlotte Brandi bewegt sich höchst souverän und ohne in Lolita-haftes Säuseln zu verfallen durch den leicht devoten Krug-Hit "Niemand liebt dich so wie ich". Und dass die Lieder unter geeigneten Umständen sogar allein mit einer Wandergitarre funktionieren, beweist Maike Rosa Vogels "Sie". Sehr smooth und gelungen auch die "Too-Slow-To-Disco-Version" von "Wenn's draußen grün wird", die Schrader/Sievers als Das Paradies beisteuern. Die Herrschaften haben die Idee des soulful JazzFunk von Fischer/Krug genau verstanden, dieser Transport ins Heute ist gelungen. Und dass die überirdische Masha Qrella selbst einen Krug-Song zu "ihrem" Lied machen kann, war eigentlich klar: "Um die weite Welt zu sehen", ein Stück, das zwar (wie insgesamt 4 weitere Lieder auf "Das schöne Leben des Herrn K.") von Krugs erster (noch deutlich in der Amiga-Tradition stehenden) "West"-LP stammt (die er zwei Jahre nach seiner Ausreise u.a. mit Toots Thielemans und Peter Herbolzheimer eingespielt hatte) wird unter Qrellas Händen zu einem verwaschenen Stück SemiTripHop mit verwunschen PsychGitarren und melancholischen Keyboards - die perfekt passende zweite Stimme gehört übrigens Qreallas Bassist Andreas Bonkowski. Ein Traum - selbst wenn das Stück wirklich (wie im Info angedeutet) unter gehörigem Zeitdruck entstanden sein sollte. Das artwork des Ganzen stammt übrigens vom Hallenser PopArt-Maler Moritz Götze, den ich persönlich gar nicht so toll finde, der aber seinerzeit auch schon Krugs LyrikBand "66 Gedichte, was soll das?" illustrierte (Mensch, dieses Buch ist auch schon wieder 15 Jahre alt!). 5Weitere Infos: www.instagram.com/krokantmusik
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