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QUICKSILVER

V.A.

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Der Sommer verträgt ja vieles, ganz bestimmt auch das entspannte SiSo-tum, dass Herr ANGELA AUX auf seiner neuesten CD "Instinctive Travels On The Paths Of Space And Time"(Inselgruppe) verbreitet. Ein etwas sperriger Titel für die im Grunde sehr zugängliche Musik, bei der aber trotz schönem Stimmeffekt wenig wirklich Neues gesagt wird. 3
Der Übergang zu den ZIMMERMÄNNERn muss da zwangsläufig ein holpriger sein, denn hier regierte schon in den ganz frühen 80ern dezente Distinktion. Wenn eine deutsche Band jemals wirklich "sophisticated pop" im Sinne der britischen PopKritik war, dann die Leute um Timo Blunk und Detlef Diederichsen. Begonnen hatte man seinerzeit wohl mit Ska voller 2Tone-Geschmack, ganz zu Anfang hießen sie sogar Skafighter. "Die Zimmermänner spielen Skafighter" (Tapete) titelt denn auch das neue Werk, das damit beworben wird, dass es genau die Platte ist, die die Zimmermänner 1980 eben doch nicht gemacht haben. Die Stücke stammen – zumindest im Prinzip – also aus den Anfangstagen, in ihren 60ern erinnern sich die Herren an die Songideen ihrer Jugend. Dumm nur, dass es keine greifbaren Notizen von "damals" mehr gibt und man sich auf sein Gedächtnis verlassen ist, was öfter als man denkt ein sehr unzuverlässiger Ratgeber ist. Egal, die Geschichte ist trotzdem so schön, dass wir sie hier vollumfänglich glauben wollen. Und den SkaGroove kriegen Diederichsen-Blunk-Kellermann noch immer sehr locker aus dem Ärmel geschüttelt – die Texte sind hier und da vielleicht sogar etwas zu tongue-in-cheek-schlaumeierisch. Egal, feinster Pop(per)Ska, das. 5
NoiseArtPop kleben wir mal auf die CD "Yarn The Hours Away" (Melodic) von FOYER RED. Zwischen allen Stühlen und Stilen und Jahrgängen machen diese anscheinend noch sehr jungen Menschen erfreulich wenig falsch; im Grunde fast nichts. 4
Die drei LAMBRINI GIRLS sind ganz schön böse auf die maskuline Welt, der sie auf ihrer fast halbstündigen, zu großen Teilen live aufgenommenen EP "You’re Welcome" (Big Scary Monsters) fest in die Testikel treten. Hole und Bikini Kill spielen sehr wütend Spice Girls-Songs? Danke dafür! 4
Aber wir waren ja eigentlich bei SiSo-Sachen, deshalb nochmal fix dorthin zurückgeholpert: "Cover Songs In Inferno" (Prohibited Records) warnen DON & FRANÇOIZ ihr Publikum vor. Völlig unnötig, denn die Versionen, die Labelchef Don Nino hier mit der uns nur zu vertrauten Chanteuse Françoiz Breut anrichtet, sind so speziell wie gelungen – von Black Sabbaths schleppend orgelndem "Planet Caravan" bis zum "White Rabbit" (Jefferson Airplane) wird hier einmal die (naja, beinahe) komplette Rock- und Pophistorie durchgearbeitet. Felt und Cramps hier, Donovan und Kinks dort – in seiner bestimmten Zurückgenommenheit ganz großartig arrangiert. Und auf keinen Fall infernalisch. 5
Nun wollen wir elektronisch werden: die neue CD von CHROMACOLOR (ihr wisst ja, dass das Hanno Leichtmann ist) heißt " Chromacolor" (Arbitrary) und ist sehr angenehm zu hören. Mal ein leichter Einschlag von Minimal Music, mal eine Prise LoungeJazz, immer zart-ambiente SynthKunst. Dazu etliche Schichten Damengesang (Annie Garlid) – fertig ist ein kleines Kleinod. 4
Von eher dokumentarischem Wert ist der Livemitschnitt eines Konzert, das eigentlich nie hätte stattfinden dürfen: "CAS-CON II - Konzert in der Erlöserkirche, Ost-Berlin, 3.9.1986"(Bureau B). Jörg Thomasius von den grandios-legendären Ost-Berliner ElektroBastelImprovisateuren Das Freie Orchester hatte sich mit CONRAD SCHNITZLER angefreundet und der bespielte extra für diesen Tag 4 Kassetten, die sein Kumpel KEN MONTGOMERY nach Ost-Berlin brachte und daraus live einen IntensivMix erzeugte. Der wirkt – heute gehört – eher wie spontane SynthEingebungen denn wie eine Collage und wenn ich ganz ehrlich sein soll, ist das Ganze auch nur so mittelprächtig gealtert. 3
Heute macht man mit elektronischem Equipment da Aufregenderes: Aus Pretoria stammen IZANGOMA, die auf "Ngo Ma" (Brownswood) DarkAmbient und Gqom, spirituelle Chants und wilde Flöten, Kalimbas und Samples – im Grunde also Unverbindbares – verbinden. Zu TR-8-beats und Bässen aus einem Moog Minitaur geraten traditionelle Perkussionisten in Trance. Der treibende Titeltrack weist dabei den Weg zur nächsten Brennstufe. 4
Denn wenn man zum AfroFlavour noch verrücktere und vor allem schärfere ElektroBeats gibt, betritt man das Reich von FAIZAL MOSTRIXX. Die "Mutations" (Glitterbeat) des ugandischen AfroFuturisten sind sowohl clubtauglich wie exotisch – kann man gern so machen! 4
Ähnliches versucht man auch im Nahen Osten immer wieder. ZENOBIA aus Haifa werfen sich auf ihrer EP "Warriors Never Die" (Acid Arab/Crammed Discs) zwischen Hochzeitstänzer und Clubgänger. Ausgehend von vier Stücken aus der musikalischen Vergangenheit Palästinas mixen die beiden ElektroZauberer bei dieses Mal relativ moderaten bpm-Zahlen schöne Gesangslinien von Rola Azar, Sama Suhhok, Dunia Qarawany und Rina Kardosh in den quietschebunten SynthSound. Well done! 4
Wesentlich konservativer agieren der israelische Rocker DUDU TASSA und Radiohead-Gittarist JONNY GREENWOOD auf "Jarak Qaribak" (World Circuit). Aus traditionellem nahöstlichen MusikMaterial kreieren die beiden hier mit einer Vielzahl von Gästen eine ganz eigene Lesart von moderner Folklore. Tassa stellt sich die HörerReaktion so vor: "Was ist das? Es klingt einerseits wie aus den 1970ern, trotzdem sind da Drum-Machines. Man hört Gitarren, aber der Gesang ist auf Arabisch. Was passiert hier?" 4
Noch radikaler, aber im Grunde mit dem gleichen Ansatz nähern sich die ägyptische Sängerin AYA METWALLI & CALAMITA (das ist die Band von Tony Elieh, Sharif Sehnaoui (kennt man vielleicht von Karkhana) und dem libanesischen drummer Malek Rizkallah) auf "Al Saher" (Zehra) der Verbindung von Ost und West. Levantischen Melismen treffen auf freien NoiseJazz, manisches Trommeln auf sehnsüchtiges arabisches Klagen, GitarrenKrach auf vokale Entgrenzung – eine brillante Mischung aus dem Besten vieler Welten. 5
Aber sogar im hohen Norden finden beats und Folklore zueinander. KENNETH LIEN & CENTER OF THE UNIVERSE stellten sich die (überflüssige) Frage, wieso denn "Norwegian folk music and electronic music" so selten kombiniert werden – dabei ist zumindest für mich - gerade Norwegens Avant-, Jazz- und Elektronik-Szene doch so offen für traditionelle Rückgriffe wie nur wenige. Egal, die LP "Snu hver stein" (Heilo) ist jedenfalls ein gelungener kleiner Bastard aus straighten Computerbeats, Synths (Jørgen Skjulstad) und den von Lien gespielten "Hardanger fiddle, mouth harp, willow flute". 5
Elektro(nisch)e Hilfsmittel sind auf dem Balkan längst etabliert, beim berüchtigten serbischen TurboFolk kam es sogar zu einigen eher unschönen Auswüchsen. Bei ihrer selbstverlegten CD "Tarkabarka" verlassen sich die in Ost-London lebenden multinationalen Damen und Herren von BALAMUC aber sehr zu recht auf ihren guten Geschmack und vermeiden jedes Klischee. Dennoch grooven auf dem Balkan eingesammelten Songs hier wie Hölle, ob nun mit WahnsinnsGeige, persischer Daf-Trommel, wilder Klarinette oder purem Rhythmus – nur beim legendären "Gloomy Sunday" gönnen Balamuc uns eine kurze Verschnaufpause. Den opener "Duj Sandale" kennen Filmfreunde vielleicht noch aus Kustoricas wunderbarem Streifen "Schwarze Katze, weißer Kater". 4
Strenger an das Erbe hält sich DAMIR IMAMOVIĆ. Dennoch ist sein Album "The World and All That It Holds" (Smithsonian Folkways) von einer ausgeprägten künstlerischen Freiheit geprägt. Imamović scheint bei seinen Interpretationen sephardischer Klagelieder und bosnischer Sevdah-tunes oft beinahe rockmusikalisch inspiriert – in jedem Fall gelingen ihm sehr moderne Fassungen sehr alter MusikGedanken. Das hat hier was von Americana, dort was von Slo-Mo-Klezmer und da was Schmachtendes. Wunderbar singen kann der Mann ganz zweifellos! 4
Zum Schluß noch etwas echte weirdness: MATTHEW HERBERT hat gemeinsam mit dem LONDON CONTEMPORARY ORCHESTRA "The Horse" (Modern Recordings) untersucht. Und das ist hier auch in einem sehr materiellen Sinn gemeint. Denn der Brite ließ sich tatsächlich einen Pferdekadaver anliefern, um aus dessen Einzelteilen Musikinstrument anfertigen zu lassen. So erklingen denn hier eine Leier aus dem Beckenknochen und Darmsaiten, Geigenbögen aus Rippen und PferdeHaar sowie diverse KnochenPerkussionsMittel. Das ist zwar etwas gruselig, aber wenn die Legenden stimmen, hat Michael "Zoe" Dewitt als Zero Kama ähnliches schon vor 40 Jahren gemacht – nur mit menschlichen Knochen. Herbert hat aber weniger das Schockmoment im Sinn als die ganz große MusikGeschichte, er will mit "The Horse" den Weg menschengemachter Klänge von den Ritualen an steinzeitlichen Lagerfeuern bis zu Zeitgenössischem nachzeichnen. Das gelingt mal mehr, mal weniger, hat aber ins einen zwischen schamanistischem Klöppeln aufblitzenden, mal knisternden, mal quasisinfonischen Momenten durchaus auch Größe. 4

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