interviews kunst cartoon konserven liesmich.txt filmriss dvd cruiser live reviews stripshow lottofoon

SAMIA

Die Politik der Menschen

SAMIA

Die aus New York stammende, inzwischen in Nashville ansässige Songwriterin Samia Finnerty gehört zu jener Spezies von Künstlerinnen, die unbeirrbar ihren eigenen Weg geht. Obwohl es Tochter des Schauspielerehepaares Kathy Najimi und Dan Finnerty sicherlich auch eine Karriere als Schauspielerin in Hollywood offen gestanden hatte, entschied sie sich für die Musik als Outlet für ihre kreativen Ambitionen. Nachdem sie erste eigene Songs auf Spotify hochlud und dort von Graig Winkler, dem Chef des Indie-Labels Grand Jury entdeckt wurde, nahm sie sich erst mal Zeit, mit einer Reihe von Single-Tracks einen eigenen Stil zu finden, bevor sie sich dann daran machte, ihr Debüt-Album „The Baby“ zu veröffentlichen, mit dem sie ihr bisheriges Leben in einer Reihe konfessioneller Selbstfindungssongs musikalisch kommentierte. Es wundert dann auch nicht, dass das nun vorliegende zweite Album „Honey“ im Prinzip die Geschichte von „The Baby“ weiter schreibt.

Wie auch bei „The Baby“ arbeitete Samia dabei mit dem Produzenten Caleb Wright zusammen und spielte das Album in dem Studio „Betty's“ in North Carolina ein – das Amelia Meath und Nick Sanborn von Sylvan Esso gehört, die Samia zuvor bereits auf Tour supported hatte. Bei all dem kann es aber gar nicht darum gegangen sein, einen bestimmten Trademark-Sound für Samia zu finden – denn ihre Songs klingen doch allesamt recht unterschiedlich.

„Also ich will mit meinen Songs immer zuerst die Geschichte, die ich erzähle unterstützen“, erklärt Samia, „ich denke nie über Genres oder Stile nach, sondern darüber, wie das Gefühl, dass ich zum Ausdruck bringen will klingt und wie man das am Besten verwirklichen könnte. Zum Glück ist Caleb da auf der gleichen Wellenlänge und wir stimmen darüber überein. Die Produktion ist dann stets eine klangliche Reflexion dieses Prozesses. Das Geschichten-Erzählen ist mir das Wichtigste."

Dabei bezog sich Samia als Songwriterin während der Pandemie erneut auf die eigenen Erfahrungen – musste dabei aber den Umstand kompensieren, dass sie seit ihrem letzten Album nicht besonders viel erleben hatte können, wodurch das neue Material einen sehr viel internalisierteren Charakter hat wie „The Baby“. Viele von Samias Kollegen sagen ja auch, dass die Pandemie und die Lockdowns sie dazu gezwungen habe, sich ihren Dämonen zu stellen.

„Das war bei mir absolut auch der Fall“, meint Samia, „ich musste mir gegenüber schon sehr ehrlich sein. Die Weise, in der ich die Themen der Songs die ich für 'The Baby' geschrieben hatte, nun vertiefte ist dieser Ehrlichkeit und dem Umstand, dass ich tiefer schürfen musste geschuldet. Es war zwar schwierig sich dieser Situation in der Pandemie zu stellen – aber auch lohnend."

Was ist eigentlich Samias liebste Tugend als Songwriterin? Ehrlichkeit?

„Ja Ehrlichkeit und aber auch Empathie“, erwidert Samia, „das sind die beiden Dinge, die mich dazu bringen, Songs zu schreiben – und die es auch für mich so lohnend erscheinen lassen, das zu tun. Es ist ja immer auch schön zu sehen, wenn die Fähigkeit ehrlich zu sein, positive Reaktionen bei jemandem anderen hervorruft."

Hat der Prozess, sich während der Pandemie mit sich selbst zu beschäftigen für Samia eine Erkenntnis oder positive Entwicklung gezeitigt?

„Also ich denke, dass ich eine Art Heilung durch die Beschäftigung mit den Songs erfahren habe“, beschreibt Samia ihre Sicht der Dinge, „und zwar in einer Art, die ich bis dahin nicht wahrgenommen hatte. Ich glaube, dass es mir sehr geholfen habe, die bislang geradlinigsten Geschichten in meinen Songs zu erzählen. Ich bin dabei zwar durchaus auch an Politik interessiert – weil ich an Menschen interessiert bin. Ich bin an Gerechtigkeit und Fairness interessiert - aber weniger an politischen Ereignissen. Mir geht es um die Beziehungen der Menschen untereinander – der Politik der Menschen, sozusagen."

Auf Samia's Scheiben tauchen auch regelmäßig ihre Freunde als Gäste auf – etwa Christian Lee Hutson oder eben Caleb Wright, der auch bei Samia's Lieblingsband The Happy Children mitmacht. Schreibt sie auch Songs mit denen zusammen?

„Ja, aber ich bin ziemlich schüchtern, wenn es um Kollaborationen geht“, zögert Samia, „mit anderen zu schreiben fällt mir echt schwer. Es gibt da vier oder fünf Leute, mit denen ich mich sicher genug fühle, Songs zu schreiben. Zu denen bin ich dann auch sehr loyal. Mit Christian habe ich zwei Songs geschrieben und Caleb ist mein beständigster Mitarbeiter. Es müssen aber Leute sein, mit denen ich mich sicher fühle. Zuerst schreibe ich aber die Texte, die als Gedichte beginnen."

Was fasziniert Samia denn so an dem Medium der Poesie?

„Ich liebe Poesie weil das wie ein Blick in jemand anderes Gedankengänge sein kann“, führt Samia aus, „ich denke jedermann hat sehr einzigartige Gedankengänge und in jemand anderes Kopf schauen zu können, reizt mich sehr. Deswegen versuche ich Dinge auch so zu beschreiben, wie ich sie erlebe und verwende dazu viele Details, weil ich denke, dass diese mit den Details anderer Menschen mitschwingen können. Oder ich kann meine Gedanken an denen anderer angleichen."

Gibt es denn auch schon Pläne für die Zukunft.

„Ich liebe es einfach, Shows zu spielen“, erklärt Samia, „das ist der Hauptgrund, warum ich das alles mache. Nach der Pandemie habe ich es gelernt, den Wert der Interaktion mit anderen zu schätzen – und das ist auch der Grund, warum ich das weiter machen möchte. Auf der Bühne zu stehen und den Menschen in die Augen schauen zu können, ist das Größte. Ich würde alles tun, um das weiter machen zu können. Das ist der einzige Plan, den ich habe.“

Aktuelles Album: Honey (Grand Jury / Fat Possum) VÖ: 17.02.


Weitere Infos: https://www.samiaband.com/

Auch von Interesse
› Interview › SASAMI - Es kommt auf die Zutaten an (2022-02-03) ‹‹
› Tonträger › Singer/Songwriter › SAMIA - Honey (2023-02-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › CADET CARTER - Perceptions (2020-05-23) ‹‹
› Tonträger › Running Riot › RUNNING RIOT - V.A. (2018-04-01) ‹‹
› Tonträger › Running Riot › RUNNING RIOT - V.A. (2013-06-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › SOLEA - Finally We Are Nowhere (2008-10-01) ‹‹
› Tonträger › Running Riot › GHOST OF TOM JOAD - Is This What You Call A Fronterlebnis? (2007-10-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › NO USE FOR A NAME - All The Best Songs (2007-08-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › SAMIAM - Whatever´s Got You Down (2006-10-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › SOLEA - dito (2004-09-01) ‹‹


Februar 2023
BROCKHOFF
FLUPPE
H.C. MCENTIRE
INGER NORDVIK
JULY TALK
KRAKOW LOVES ADANA
MYNOLIA
SAMIA
‹‹Dezember März››