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SUZIE UNGERLEIDER

Keine Fassade mehr

SUZIE UNGERLEIDER

Klassisches Americana-Storytelling mit einer ganz persönlichen Note: Auf ihrem neuen Album wagt die kanadische Singer/Songwriterin Suzie Ungerleider den oft beschworenen Blick zurück nach vorn, wenn sie auf ´Among The Evergreens´ den Weg von ihren Jugendträumen hin zu der Weisheit und Erfahrung nachzeichnet, die ihr das Leben und inzwischen fast 30 Jahre im Musikzirkus beschert haben – oder wie sie es selbst im WESTZEIT-Interview ausdrückt: "Ich trage mein Herz auf der Zunge, indem ich wirklich über die Dinge spreche, die ich erlebe und die mir durch den Kopf gehen."

Suzie Ungerleider schwimmt sich frei: Schon mit ihrem letzten Album, ´My Name Is Suzie Ungerleider´, hatte die in den USA geborene, aber in Kanada aufgewachsene Singer/Songwriterin ihren langjährigen Bühnennamen Oh Susanna abgelegt, jetzt ist auch ihr Songwriting persönlicher als je zuvor. Dass sie damit einen Nerv trifft, zeigen die begeisterten ersten Reaktionen auf ´Among The Evergreens´. Als "nachdenklich, leuchtend, ausdrucksstark" bezeichnet ein britischer Kritiker das Album, ein anderer war sogar der Meinung, dass diese zehn neuen Songs "so schön sind wie Folk-Americana nur sein kann".

Wirklich überraschend kommt das positive Feedback nicht, denn tatsächlich ist die neue LP betont persönlich gefärbt, und deshalb eine ganz besondere Herzensangelegenheit für Ungerleider. "Ich denke, mit diesen neuen Songs vollziehe ich meine langsame Transformation weg von einer Fassade, einer Kunstfigur hin zum Einfach-ich-selbst-Sein", verrät sie. "In der Vergangenheit habe ich den Namen Oh Susanna oder erfundene Geschichten genutzt, um etwas auszudrücken, das in mir schlummert, oder Dinge zu thematisieren, die mir wichtig waren. Viele dieser Lieder reflektieren das, was in meinem Leben vor sich geht – und was zuvor passiert ist."

Das neue Werk ist deshalb zweigeteilt: Im ersten Teil sinniert Ungerleider über die Vergangenheit, der zweite Teil widmet sich der Gegenwart, den Beziehungen zu ihrem Ehemann und zu ihrem Kind. Das geschah allerdings eher unterbewusst. "Die Platte ist kein Konzeptalbum, das war eher eine natürliche Entwicklung der Gedanken und Gefühle, die ich ausdrücken wollte", erklärt sie. "Erst, als es darum ging, eine Reihenfolge für die Lieder zu finden, wurde mir bewusst, dass es da dieses 'Then' und 'Now' gab, und genau so habe ich die beiden Seiten nun betitelt. In gewisser Weise ist die Platte der Nachfolger, das nächste Kapitel zu meinem Album ´A Girl In Teen City´ (2017). Das Album schildert meine Erfahrungen als Teenager, als Heranwachsende und meinen Wunsch, Vancouver zu verlassen. Auf der neuen Platte geht es um meine Rückkehr. So viel über Vancouver zu schreiben, führte mir vor Augen, wie sehr ich die Stadt vermisste, und weckte in mir den Wunsch, zurückzukehren. Ich bin dann tatsächlich nach Vancouver zurückgekehrt und habe das neue Album anschließend geschrieben. Ein wenig fühlt es sich wie die Rückkehr der verlorenen Tochter an."

Fragt man Ungerleider, was für sie den besonderen Reiz dieser Lieder ausmacht, mit denen sie immer wieder auch musikalisch aus dem strikten Americana-Korsett ausbricht, muss sie nicht lange überlegen. "Ich denke, die Melodien sind wirklich sehr einprägsam", sagt sie. "Die Worte sind simpel, aber ich denke, sie können den Menschen helfen, über ihr eigenes Leben nachzudenken. Die neuen Sachen sind schon etwas anderes. Das bin immer noch ich, aber es ist eine andere Seite von mir: Ich spreche zu mir selbst, zu meinen Liebsten, aber ich spreche auch die Hörerschaft an. Angesichts der politischen Weltlage fühlt es sich fast ein bisschen seltsam an, die Leute zu bitten, sich Musik anzuhören, die sich nicht mit der politischen Situation auseinandersetzt, aber vielleicht kann sie ein Refugium sein, in dem man genau die Empathie haben kann, die derzeit angegriffen wird."

Doch obwohl Ungerleider viel Mühe und Herzblut in die neue Platte investiert hat – rund drei Jahrzehnte nach ihrem Debüt als Oh Susanna hat sie heute weniger Ambitionen. "Früher habe ich davon geträumt, Rockstar zu sein, aber inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich das überhaupt mögen würde", gesteht sie. "Das wäre ein ziemlich schwieriges Leben. Jeden Tag auf der Straße erkannt zu werden, wäre echt fürchterlich! Ein klein wenig Anerkennung ist dagegen immer sehr schön. Der Traum ist es deshalb, auch weiterhin ein Publikum zu haben, das groß genug ist, um weiter kleine Konzerte spielen zu können. Ich denke, das Wichtigste ist, präsent zu sein. Du bist den Menschen, du bist der Musik eng verbunden und alles ist im Fluss."



Aktuelles Album: Among The Evergreens (Stella/ADA/Warner) VÖ 06.06.2025



Weitere Infos: www.suzieungerleider.com Foto: Trevor Cornish

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