Das Platzhirsch Festival sorgt für einmalige Erlebnisse: Am zweiten Tag des freigeistigen Duisburger Festivals schauen Lucy Kruger & The Lost Boys in der St. Joseph-Kirche zurück und spielen ihr heimliches Meisterwerk "Transit Tapes (For Women Who Move Furniture Around)" erstmalig komplett – und da ist Gänsehaut garantiert. Mit der LP zeichnete die aus Südafrika stammende Musikerin die ersten 18 Monate in ihrer damals neuen Wahlheimat Berlin nach - ihre Suche nach Aufregung und Sicherheit und die damit einhergehende Komplexität, diese Wünsche zusammenzubringen. Entstanden ist dabei ein nach innen gewandtes Reisetagebuch zwischen ambitioniertem Art-Pop, dahingehauchtem Folk Noir, leiser Psychedelia und zartschmelzendem Noise. Obwohl Kruger beim Platzhirsch-Festival-Auftritt von ihrer Band The Boys begleitet wird, ist das knapp 55-minütige Set ob seines Hangs zur Langsamkeit wunderbar intim. Die wenigen Ansagen zwischen den Liedern hält Kruger bewusst kurz. Lieber lässt sie sich vom Sog der Melancholie mitreißen oder ins Wolkenreich der effektschwangeren Ambient-Sounds fallen, mit denen Martin Perret am Schlagzeug, Andreas Bonkowski am Bass und ganz besonders die fabelhafte Liú Mottes an der Gitarre die perfekte Bühne bereiten für die wohlig düsteren Gedanken zum Verlorensein in allen erdenklichen Facetten, die Kruger mit anmutiger Ernsthaftigkeit vor dem andächtig stillen Publikum ausbreitet. Für viel Optimismus ist hier kein Platz, aber dass das Konzert dennoch zu einem erhebenden, ja erhabenen Erlebnis wird, spricht für die lyrische Kraft dieser herzergreifenden Lieder, die, obwohl zutiefst persönlich, an diesem Abend trotzdem das Publikum mit diesem Wandeln zwischen den Welten vom ersten bis zum letzten Ton in Atem halten.
Weitere Infos: https://www.lucykrugerandthelostboys.com/
