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JASON ISBELL (Köln, Kulturkirche Nippes, 04.02.25)

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Ein ausverkauftes Haus wie die Kölner Kulturkirche alleine mit akustische Gitarre, Gesang und den Geschichten seiner Songs in den Bann ziehen (und halten) zu können, zählt sicherlich zu den Königsdisziplinen für Singer/Songwriter. In diesem Sinne machte Jason Isbell auf seiner Tour unter dem Motto „An Evening With Jason Isbell“ dann auch eine betont gute Figur. Als Geschichtenerzähler zwischen den Songs taugte der Meister zwar nur bedingt (denn seine Stories waren ein wenig wie Witze ohne Punchline), aber die Qualität seines Songmaterials sprach dann für sich, so dass das Publikum sozusagen die ganze Zeit an seinen Lippen hing. Dabei wagte Isbell so einiges. Die Setlist bestand nämlich nur teilweise aus Songs, die er zuvor mit seiner Band The 400 Unit im Roots-Rock-Format eingespielt hatte – und demzufolge für die Solo-Shows entsprechend entschlackt wurden. Zusätzlich gab es nämlich gleich 6 Songs seines kommenden Akustik-Solo-Albums „Foxes In The Snow“ - das die Zuhörer noch gar nicht kennen konnten – und als Bonbon gab es noch das Bon Iver-Cover „Beth/Rest“, das Isbell im Zugabenblock eingebaut hatte. Bemerkenswerterweise spielte es gar keine so große Rolle, dass somit ein Großteil des Programmes dem Publikum noch unbekannt gewesen sein dürfte, denn zum Einen bestand dieses zum Großteil aus Isbell-Hardcore-Fans, die die neuen Tracks entweder auf der Tour – oder aber sonst wie – schon gehört hatten – und zum anderen hat Isbell als Perfomer das Geschick, den Zuhörer durch seine exzellente Diktion geradezu in seine Stories hineinzuziehen. Wo andere oft gerne nuscheln und murmeln, kommt bei Isbell jedes einzelne Wort präsent und vor allen Dingen verständlich zur Geltung – und das lenkt dann den Fokus automatisch auf die Geschichten, die Isbell in seinen Songs erzählt. Isbell begann in Köln das Set gleich mit dem neuen Track „Bury Me“, dem Opener des kommenden Albums „Foxes In The Snow“. Das setzte denn gleich auch den Tenor für den ganzen Abend, denn lustiger wurde es dann auch nicht mehr. Isbell, der auf der Tour jeden Abend dieselben Tracks spielte – wenn auch in einer veränderten Reihenfolge – berichtete davon, wie ihn eine Journalistin gefragt habe, warum er das Album mit einem so traurigen Song eröffnet habe – woraufhin seine Antwort gewesen sei: „That's all I got“. Auf das Thema ging er dann noch einige Male ein – beispielsweise als er die Enttäuschung einiger Leute beschrieb, als es ihm zwar gelungen war in dem Song „Speed Trap Town“ sowohl Trucks wie auch Football unterzubringen – dabei aber trotzdem ein Art Manifest eines vergeudeten Lebens dabei herausgekommen sei. Ein anderes Problem habe es gegeben als er dereinst den Song „If We Were Vampires“ vom 2017er Album „The Nashville Sound“ einspielen wollte und der Produzent Dave Cobb die Aufnahme so lange herauszögerte, bis er davon überzeugt werden konnte, dass der Titel des Stücks keineswegs auf einen lustigen Song im Stile von „Monster Mash“ hinweise, sondern dass es sich dabei um eine nachdenkliche Ballade handelte, in der Jason davon erzählt, dass der Tod – und nicht das Leben als Vampir – am Ende einer jeden Beziehung bzw. des Lebens steht. Es ging aber dann noch nachdenklicher und desolater: Das gegen Ende der Show gespielte „Elephant“ von Isbells Solo-Album „Sourtheastern“ - eine herzzerreißende Elegie über den Krebs-Tod einer geliebten Person und den damit verbundenen Elefanten im Raum, den keiner zu erwähnen wagt - geriet jedenfalls zum emotionalen Highlight der ganzen Show. Richtige Rocksongs und Up-Tempo-Nummern sparte sich der Meister in diesem Umfeld dann natürlich weitestgehend. Das konnte er aber auch tun, weil seine Stärke als Songwriter nicht im Schneller/Höher/Weiter zu suchen ist, sondern in der Stärke des Storytellings und jene als Performer in der totalen Kontrolle über das Songmaterial und die Virtuosität seines Gitarrenspiels. Zwar versuchte er Witzchen über mögliche Fehlerchen beim Vortrag neuer Tracks wie z.B. dem spieltechnisch sehr anspruchsvollen Titeltrack des neuen Albums zu machen – allerdings gab es da überhaupt nichts zu meckern. Isbell ist einfach ein brillanter Gitarrero – auch so einer der Gründe, warum das ganze Konzert über seine vollen 90 Minuten keine Sekunde langweilig war. Gegen Ende der Show gab es dann (zumindest in Köln) einige Favorites wie „Alabama Pines“ oder „24 Frames“ (mit dem er anderenorts die Show auch schon mal eröffnet hatte), die er mit dem songwriterisch sicherlich stärksten Track des neuen Albums „True Believer“ - einem Instant Isbell Klassiker – anreicherte. Fazit: Wenn schon Solo-Akustik-Shows – dann bitte nur solche!


Weitere Infos: https://www.jasonisbell.com/


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