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PETER WAWERZINEK

Liebestölpel

Galiani, 301 S., 20,00 EUR

Vielleicht ist es nicht nur ein semibiografischer flashback, sondern auch das Aufblitzen der Erinnerung an einen peinlichen DDR-Schlager, auf jeden Fall hätte Jürgen Walter hier recht: "Die erste Liebe war ein schwarzer Zopf". Bei Wawerzinek sogar zwei, die schon in den gemeinsamen Jahren im sozialistischen Kinderheim am Kopf seiner LebensLeidensLiebe Lucretia wippen. Jene begleitet ihn, oft aus unklar-ungewisser Ferne, durch die Zeiten. Bei aller realen Unbeständigkeit findet der von der verwirrenden Schönheit "Petkowitsch" genannte Icherzähler (in dem man an vielen Stellen den Autor selbst erkennt) sein kurzes Glück doch nur in den Armen (oder Fängen?) der ruhelosen Wanderin. Von der ersten Dreirad-Verfolgungsjagd bis zu den 7 x 7 Tulpen an ihrem Grab: Petkowitsch kann nicht ohne Lucretia. Und auch sie weder ohne noch mit ihm. Das Kind aus der Ehe, in die P. wegen L. flüchtete, bleibt da - wie das später mit L. gezeugte oder auch der KunstPartner ("in echt" der große Matthias Baader Holst) - nur eine Wegmarke. Was banal und kitschig klingt, rollt der Bachmann-Preisträger hier mit so wundersamer wie ergreifender Sprache zu großer Kunst aus: in Kollagen aus Liedzeilen, Kinderreimen und Sprichwörtern, verwoben mit wirklich Gelebtem.
Weitere Infos: › www.galiani.de


Februar 2020
GIACOMO SARTORI
MIKE BERNERS-LEE
NORA GOMRINGER/REIMAR LIMMER
PETER WAWERZINEK
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