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QUICKSILVER

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Bekanntlich ist die Welt voller Verrückter. Manche davon sind unausstehlich, andere recht sympathisch. Etwa jene, die so herrlich durchgeknallte Platten machen wie ERIC COPELAND. Der Mann kann sich offenbar weder bei Black Dice noch bei Terrestrial Tones hinreichend austoben, denn "Hermaphrodite"(Paw Tracks/Cargo) ist randvoll mit Splittern aus Radiopop, field recordings, Ethnotrommeleien, plunderphonics undundund, so dass man wohl Jahre analaytischen Hörens braucht, um hinter alle Feinheiten und Verweise zu steigen. Unter gutem Einfluß kann man vielleicht sogar drauf tanzen.
Oder so Nerds wie Anders Carlsson, der nicht vom Dach kommt, sondern sich als GOTO80 der Erforschung prähistorischer soundchips verschrieben hat (insbesondere der C64-SID reizt diese "chiptunes"-Szene). Auf "Made On Internet"(Pingipung/Kompakt/a-Musik) hat der Knabe versammelt, was sich so einem 8-bit-Teil alles entlocken läßt: von Gameboyoverkill über smoothen Trash-Dub bis zu Jazzähnlichem. Schön schräg!
Auch sehr heterogen, manchmal beinahe übervariabel und etwas zerfahren sind die 9 Stücke auf ROBAG WRUHMEs "Lost Archive EP"(Musik Krause/Kompakt). Der Kollege beginnt mit einem düsterem neo-dub feinster Machart, bedient die Haltestellen Break-House und Ambient-Hop, remixt den Freestyle der Jenaer Feindrehstar-Posse, tanzt kurz gesagt auf beinahe allen Hochzeiten zugleich. Das geht an die Substanz und die fehlt dann manchmal auch ein wenig. "Spekk-Drum", "Bakkenvesper" und "Sputnikschokk#2" sind trotzdem prima Namen für Musik.
Obwohl primär (wieder) eine Ambient-Arbeit, ist beim neuen Album von VS_PRICE eine gewisse Nähe zu electronica nicht zu überhören. Für "songs06.txt."(Expanding/Cargo) hat er an den beiden Aufnahmeorten (in Toulouse und der Küstenstadt Mimizan) das Mikro in den Wind gehalten und dessen Klangdaten neben heftig prozessierte Saitentöne (bei einem gelernten Gitarristen nicht überraschend) gesetzt.
Auch das soeben bei Mego/Groove Attack wiederveröffentlichte 97er Solodebut von FENNESZ entstammt(e) dem (damals in dieser Form noch unentdeckten) electronica-Land. Im "Hotel Paral.lel" ist man auf der Suche nach der perfekten Verbindung von (gut getarnter) Gitarre und Laptop, von glitch und drone und überhaupt ist diese CD angesichts dessen, was folgte, beinahe düster-avantgardistisch (und "Zeug" oder "Super Feedbacker" sind Hammertracks!). Als Bonus gibt's "5" von einer raren Single und das Video zu "Aus".
SZELY orientiert sich von einem ähnlichem Startpunkt aus in zwei (eigentlich divergente) Richtungen: Dancefloor und Improvisationsbühne. Für das zuweilen sehr groovige "Processing Other Archives"(Mosz/Hausmusik) hat er sich der Hilfe des Wiener Untergrunds versichert (u.a Nik Hummer und Martin Siewert). Die knappe Stunde Freeformelektronik (die manchmal auch an ganz frühe Tangerine Dream gemahnt) ist in 8 "themes" untergliedert, die auch allein ganz gut funktionieren.
Neu auf Crónica ist "Musicamorosa", das Debut von THE BEAUTIFUL SCHIZOPHONIC. Der sich von romantischen Malern und düsteren Dichtern (Poe, Dante) beeinflusst sieht und seine drone-Schichtungen aus vielfach verloopten Streichern und diversen anderen elektronischen Zutaten mit Titeln aus Prousts "Suche nach der verlorenen Zeit" schmückt. So richtig zwingend ist das nicht, zum chill-out im Avantgardeclub aber sicher brauchbar.
Etwas sehr schmalbrüstig und genügsam geben sich RF & LILI DE LA MORA auf "Eleven Continents"(Rowing At Sea/Darla). Die Suche nach weiteren Kontinenten nach der Entdeckung Australiens aufzugeben, war ja zweifellos ein Fehler, das erneute Verheiraten von fingerkuppenquietschender Gitarre mit einer hauchenden Damenstimme (nicht ohne Tupfer von Celli, Harfen, Piano...) aber auch. Denn davon gibt es schon viel. Und besseres.
Dann lieber "richtig": Wenn KLABUNDE ganz bodenständig in die Saiten greift, fängt vielleicht nicht direkt das Lagerfeuer zu knistern an, aber die Holzscheite warten schon mal auf die Streichhölzer. Zarte (aber nicht übertrieben puristische) Arrangements inkl. Cello und Kontrabass umrahmen feine Songs, die der Langeweilefalle geschickt entfliehen. Man kann ja auch um den Kamin tanzen.
Ein kleines bisschen heftiger geht's zu im "Bukowski-Land"(Langstrumpf Rec./Cargo), in das uns BORIS GOTT mit seiner Kapelle einlädt. Hier sind die Texte deutsch, die Jungs haben nicht mal Angst, eine Mundharmonika einzusetzen (klingt gar nicht mal schlecht!), spielen eine Art reduzierten Songwriterblues und verbreiten trotzdem jede Menge Fröhlichkeit. Gute Kneipenmusik.
Eher für Studentenschenken geeignet ist die an Tortoise und natürlich auch dem guten alten Canterbury-Art-Rock (In Opposition) geschulte Instrumentalmusik vom polnischen Quintett POTTY UMBRELLA. "Forte Furioso"(Wetmusic/Flight 13) kommt so zwar 35 bzw. 10 Jahre zu spät, aber in gnädigen Momenten tolerieren wir das ja und anerkennen den selbsternannten ActivePsychoTrans als solchen.
Wesentlich zerrissener, aber (nicht nur dadurch) auch sehr verstörend und aufregend ist "Fog Dance, My Moth Kingdom"(Own Rec./Al!ve) von WORRYTRAIN, einem Menschen, der hemmungslos zwischen romantischen Klavierballaden und purem Noise der Whitehouse-Schule pendelt. Schmerz und Schönheit liegen halt nah beieinander.
Nun müssen wir uns Unerfreulicherem zuwenden: "Deep"(Wannsee Rec./Sony BMG), also tief-gründig, will die erste CD (nach er letztjährigen, gar nicht so üblen Cover-EP "Klavier") von SONGS OF LEMURIA sein. Aber was das akustische Düsterpop-Duo aus Alt-Elektrorocker Nik Page und Musicaltante Michaela Laubach hier in kompletter Selbstüberschätzung unter's Volk wirft, ist in den eigenen Titeln unteres Mittelmaß, verlässt aber bei der Interpretation von "Stella Maris"(ja, das zum Niederknien schöne Stück der Neubauten) mein Toleranzfeld. Das macht man einfach nicht. Jedenfalls nicht so billig.
Dann lieber solides Handwerk, etwa in Form eines "Astronaut"(Electric Lounge/Rough Trade). Den sucht CRYSTIN, eine junge Frau mit einer Stimme zwischen Natalia Imbruglia und Madonna (also nicht überragend, aber nett und massentauglich), die sich tapfer durch 13 Stücke zeitgenössischen Pops zwitschert (und manchmal sogar so verrückte Dinge wie einen dezenten dub-groove einbaut).
Oder man legt mal "Fauxliage"(Nettwerk) vom gleichnamigen Projekt der Front Line Assembly/Delirium-Veteranen Fulber/Leeb und Ex-Sixpence None The Richer-Trällermaus Leigh Nash ein: Süße Popmusik wie bei Crystin, nur ungleich souveräner, weil wesentlich erfahrener. Im Ergebnis im Grunde aber gar nicht so unterschiedlich.
Im positiven Sinne anstrengender, aber unter den korrekten Bedingungen auch sehr unterhaltsam sind zwei ARC-Music-CDs, die sich mit fernöstlicher Musik befassen: JOJI HIROTA (Chef der Taiko-Drummers) integriert in seine "Japanese Folk Songs" (die laut booklet jeder Japaner mitsingen könnte) auch abendländische Streicher und einen Kinderchor. Und so geraten z.B. die "Sakura Variations" ganz dicht in die Nähe besseren Dark Waves.
Dagegen bleibt BYUNGKI HWANG bei seinen Etuden für die von ihm meisterlich beherrschte Gayageum (eine koreanische Zither mit 12 Saiten) dicht am folkloristischen Klangideal. Dabei geraten die Stücke keineswegs zu esoterischen Trancevehikeln, sondern erzeugen eine eigene, durchaus meditative, aber popkulturell sozialisierten Hörern z.B. aus Ambientgitarren-Kontexten durchaus vertraute Klangwelt.

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