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PRIMAL SCREAM

Freihightsdrang

PRIMAL SCREAM

Im „Highfischbecken“ der Rockmusik tummeln sich viele außergewöhnliche Charaktere. Einer davon ist Bobby Gillespie. Er definierte nicht nur den Begriff „Pilzkopf“ neu, sondern wurde der Begründer der stufenlosen Verformbarkeit, denn weder im Sound noch in der Besetzung seiner Band gab es wirklich konstante Elemente...

Ob mit Rave, Elektronica oder durch gemeine Rockriffs, Gillespies Primal Scream (engl. für Urschrei) erfand sich zu jedem Album neu. Die Dub-Sinfonie „Screamadelica“ ermöglichte 1991/92 den Durchbruch. Gary `Mani´ Mounfield (Bass) begleitete Gillespie auf der Interviewreise zum Firmensitz ihres neuen Labels in der Hamburger Speicherstadt, um die neunte Studio-CD zu diskutieren. Gillespie war gut gelaunt, er durfte einen Nachmittagsschlaf halten. Das ist der Künstler seiner Gesundheit schuldig. Schließlich soll niemand kommen, und über das ´Highfischbecken Rockmusik´ philosphieren. Gegenstand des Gespräches sollten vielmehr die neuen Songs sein. Als einer der ersten Titel entstand „Can´t Go Back“. Mittlerweile als Single ausgekoppelt, besticht der Song durch rauschende Gitarrenriffs. Die Textzeile „I stuck a needle in my arm“ mag Gillespie nicht dezidiert kommentieren. Es geht insgesamt um Halluzinationen.

„Die können scheußlich sein. Die können alles sein...“

Einzelne Zeilen dürften nicht aus dem Text herausgelöst werden, allein das Gesamtbild ergebe den Sinn. Auf Inhalte von „Suicide Bomb“ angesprochen, lautet der Kernsatz der Antwort: „Hard to explain“. Dafür ist der verbale Output zum Titelsong „Beautiful Future“ ergiebiger.

Gillespie: „Wenn du verliebt bist, zerstörst du dein Ego! Du gibst dich für die Familie selbst auf. Menschen dominieren andere Menschen... das klingt gut!“

Ebenfalls Wohlklang verbreitet „Urban Guerrilla“, vorab via homepage als „Beautiful Future“-Track vermerkt und kostenlos downloadbar.

„Es ist ein Hawkwind-Song, der für die B-Seite von ´Can´t go back´ neu eingespielt worden ist. Er ist nicht auf dem Album. Was auf der homepage steht, weiß ich nicht!“

Dennoch ist mit „Over & Over“ eine Coverversion auf dem Longplayer gelandet.

Mani: „Ein wundervoller Song! Das Original stammt von Fleetwood Mac. Wir dachten, es klingt wie Primal Scream. Wir mögen es schwerfällig.“

Gillespie: „1976/77 waren Fleetwood Mac-Singles wie ´Don´t stop´ DIE Singles! Jeder hatte deren ´Rumours´-LP. Ich mag diese Songs. Überhaupt – ein guter Song ist ein guter Song!“

Die beiden Musiker dringen aufgrund einer Fragestellung zu „Uptown“ tief in die Niederungen der Musikszene vor.

Mani: „Wir mögen Glam, schließlich wuchsen wir mit Bowie, The Sweet, Gary Glitter, Marc Bolan & T. Rex auf.“

„Aber `Uptown´ ist nicht ´glamy´,“ wirft Gillespie ein „...sondern mehr eine Art Soul,“ beendet Mani den Satz. „BB King...“

Gillespie ist sich nicht ganz sicher.

„...es ist nicht BB King, es ist Blues. Das ist für mich guter Blues!“

Die Diskussion geht nahtlos zum „Zombie Man“ über. Ist das bereits Gospel?

Gillespie: „Klar lieben wir schöne Stimmen, aber wir lieben den Horror-Rock ebenso, z.B. Alice Cooper. Wir lieben Dracula & Frankenstein. Ich liebe Zombies!“

Das Überleiten aus einer derart expliziten Thematik zu Abba ist schwerlich möglich, dennoch vollzogen.

„5 Songs haben wir in Stockholm eingespielt, wo Abba Hits wie `Dancing Queen´ aufgenommen haben,“ erzählt Gillespie. „Abba sind dorthin gegangen, weil die Räume einen großartigen Sound generieren. Es ist ein fantastisches Gebäude, besonders für die Drums. Dazu kommt das Equipment; tolle Instrumente, Mikrofone und viele Keyboards.“

Mani ergänzt: „Unser Drummer hat die Marimba zu `Uptown´ und `Glory Of Love´ gespielt. Er meinte, dass Wissen um die Hintergründe vermittle ein tolles Gefühl.“

Apropos „Queens“... allerdings „Of The Stone Age“: Auf „Viva“ erklingt deren Gitarrist Josh Homme.

„Er kam ins Studio, um mit uns zu jammen,“ so Gillespie. „Wir behielten Joshs Gitarre, bauten einen Song drumherum.“

Die Atmosphären / Instrumentierungen zu „Beautiful Future“ sind also gelüftet. Es gibt jedoch keine Blaupause für die Zukunft. Bisher hat sich noch jedes PS-Album vom Vorgänger unterschieden. Sollte Bobby Gillespie diese Philosophie weiterhin so hochwertig umsetzen, steht seiner Band weiterhin eine „Wunderschöne Zukunft“ offen!

Aktuelles Album: Beautiful Future (B-Unique / Atlantic / Warner)

Foto: Thomas Ternes (tompigs.com)

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