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PELE CASTER

Volle Kraft voraus!

PELE CASTER

Der Riffrock besegelt fortan wieder die Weltmeere, denn Pele Caster belebt mit „Hulk“ das fast schon ausrangierte Schiff der Rockmusik neu, um den Freiheitswillen und die Empathie endlich wieder auf Kurs zu bringen!

„Ursprünglich war Pele Caster als Solo Singer-/Songwriter-Projekt geplant. Das ist gescheitert. Ich brauchte, so wie jetzt, eine feste Band um mich. Auf dem ´Theater des Absurden´ (2017) bereits angedeutet, können wir nun mit der EP ´Hulk´ (VÖ 27.11.2020) endlich da weitermachen, wo wir damals mit Astra Kid aufgehört haben, um uns wieder ganz dem Punk-, Indie- und Stonerrock hinzugeben“, gesteht Mastermind „Pele“ Götzer ein. Nach Monaten der weltweiten Covid-Pandemie eine neue Platte auf den Markt zu bringen, grenze schon an ein Wunder, findet er.

Die Musiker*innen von Pele Caster schaffen es sogar, mit fünf neuen Songs noch einen Schritt weiter zu gehen. Ihre EP „Hulk“ kommt mit der klaren Ansage: „Anpassen kommt nicht in Frage. Wer seichtes Zeugs will, muss weitersuchen!“ 2021 wird das komplette Album folgen.

Das Quintett um Sänger/Gitarrist Stefan „Pele“ Götzer, Geigerin Natalie Bolinski, Basser Michael „Mike“ Kaschmer, Pianistin / Keyboarderin /Backing-Vocalistin Amelie Struck und Drummer / Percussionist Marc Rühmeier ist ebenso auf Sturm gebürstet, wie poetisch.

Götzer: „Es ist erschreckend, wie sehr man die Texte auf die jetzige `Corona-Zeit´ übertragen kann. Die Lyrics sind teilweise schon zwei Jahre alt und handeln hauptsächlich von moralisch unvertretbaren Gestalten und Taten in der Jetztzeit. Diese Probleme sind ja auch alle noch akut und werden manchmal durch Corona gerne mal nach hinten gerückt...“

Vom Sound her werden sie dabei jedoch deutlich härter und schneller. Die Band macht schon in den ersten Zeilen des Titelsongs der Scheibe klar, dass diese, unsere Zeiten voller Ungewissheit und Ziellosigkeit keine Entschuldigung für gelebte Lethargie sind.

Götzer:„Man kennt Hulk als Superhelden. Aber ein Hulk ist auch ein ausrangiertes Schiff. Wo es im Titelsong Hulk noch um Ausbruch und `über sich hinauswachsen´ geht, ist das Gesamtwerk Hulk als dieses ausrangierte Schiff `Rockmusik´ zu sehen, dem wir wieder neues Leben einhauchen wollen."

In „Hulk“ dürfen nicht Angst und Panik die Zügel in der Hand halten, stattdessen sollen Empathie und Freiheitswillen Vorrang haben. „Ich hab’ keine Angst“, singt Götzer. Die treibende Post-Punk-Gitarre suggeriert Weltuntergangsstimmung, um sich dann jedoch von Text, Bass und Drums in die Zukunft mitnehmen zu lassen. Auf der Suche nach Superhelden und mit dem Wunsch, weder unter zu gehen, noch Schiffbrüchige zurückzulassen, mutet die Doppeldeutigkeit von Song- und EP-Titel besonders charmant an. Ein Hulk – das ist nicht nur ein Comic-Held, sondern auch ein Schiff ohne Antrieb. Ein Schiff hat meistens einen Kapitän. Bei Pele Caster ist es eine Kapitänin, deren Antrieb u.a. die Menschlichkeit ist. Der Song „Kapitänin“ erscheint zwar einerseits als Liebeslied, andererseits auch als Verweis auf Parität und das Gendern. Oder?

Götzer: „Gut aufgepasst! Es ist ein bisschen von beidem. Wie oft kommt in der Literatur, in Filmen und in der Gesellschaft das Wort Kapitänin vor? Ohne Carola Rackete wäre es wahrscheinlich auch in der letzten Zeit nicht aufgetaucht. Selbst bei Star Trek wird ja auch nur der `Captain´ verwendet. Aber auch ohne die Begrifflichkeit würde ich Pele Caster schon als feministische, welt- und vorurteilsfreie Band bezeichnen. Das ist natürlich leichter gesagt als gelebt. Man erwischt sich ja doch immer mal selbst bei ungewollten Aussagen, die so tief in uns allen verankert sind… Ich bin auf jeden Fall froh, dass wir zwei starke Frauen an Bord haben! Zwei Jungs, zwei Mädchen und ich irgendwo dazwischen (lacht).“

Die o.g. Carola Rackete (* 8. Mai 1988) ist eine deutsche Kapitänin und Klimaschutzaktivistin. Internationale Bekanntheit erlangte sie im Juni 2019, als sie als Kapitänin der Sea-Watch3 53 aus Libyen kommende Boot-Migranten aus dem Mittelmeer rettete, und trotz eines Verbots der italienischen Behörden den Hafen von Lampedusa anlief. Während die Aktion von deutschen Medien und Politikern größtenteils wohlwollend ausfiel, kam aus Italien harsche Kritik. Darüber hinaus wurde Rackete festgenommen, sowie in Italien drei Tage unter Hausarrest gestellt.

Mit der Single-Auskopplung „Alles eskaliert“ beziehen die Musiker*innen dann politisch klar Stellung. Sie lassen ihrer Wut auf eine Welt, in der rechtes Gedankengut bzw. Intoleranz wieder erschreckend viel Platz einnehmen, freien Lauf. „Es brennt die Wut, es lodern Flammen, die Toleranz erstickt in nationalem Stolz. Die Zukunft wird Vergangenheit, nichts gelernt, ein Spiegelbild vergangener Zeit. Die Welt ist krank, und sinnentleert. Jeder gute Ansatz wird ins Gegenteil verkehrt.“

Die Gedanken, die der dramatisch-melodische Refrain thematisiert, kennt man leider nur zu gut. Egal, ob beim Nachrichten-Konsum oder zur Social-Media-Lektüre: „Was ist da los? Was ist passiert?“ Pele Caster sind explizit irritiert – und wundern sich schockiert: „Keiner mehr da, der rebelliert?“

Aktuelles Album: Hulk (Retter des Rock Records)


Weitere Infos: https://pele-caster.de Foto: Leopold Achilles


Dezember 2020
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