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QUICKSILVER

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Beginnen wir mit einer re-issue die eigentlich zwei sind: "Magic & Return"(Editions Mego/Groove Attack) bündelt die beiden phänomenalen Alben der Impro-Frickler FENN O'BERG (also Christian Fennesz, Jim O'Rourke und Peter Rehberg, die man hier hoffentlich nicht mehr vorstellen muss), die 1999 und 2002 für einige Begeisterung sorgten. Erweitert um je einen Bonustrack bezaubert die spröde Schönheit dieser LaptopKunst auch heute noch! 5
Ähnlich sensibel ist der Umgang mit dem (hier ebenfalls eher spröden, allerdings rein akustischen) Klangmaterial bei den Interpretationen von EDGAR VARÈSEs "Amériques" für 2 Klaviere zu acht Händen (als Weltersteinspielung) und MORTON FELDMANs "Piece For Four Pianos" und "Five Pianos", die vom BUGALLO-WILLIAMS PIANO DUO & FRIENDS für Wergo/Note 1 produziert wurden. Eine Stunde höchster Klavierkunst in Komposition wie Interpretation und durchaus auch für "Einsteiger" reizvoll. Das booklet beleuchtet übrigens so knapp wie kompetent das Verhältnis von Feldman zu dem verehrten Vordenker. 5
Ebenfalls auf Klavierklänge (und einige Streicher) stützt sich die "Music for Falling From Trees"(Erased Tapes/Indigo) von PETER BRODERICK. Der schrieb nach ausgiebigem Touren mit Efterklang einen halbstündigen score für ein Tanzstück von Adrienne Hart. Die sentimentalen Stücke betören zwar, kratzen aber bestenfalls an der Oberfläche einer tieferen Bedeutung. Wer sich hier etwas auskennt, bemerkt den qualitativen Unterschied zu ähnlich gelagerten Arbeiten etwa von Wim Mertens oder Jean-Philippe Goude schnell. 3
Auch JOHN FOXX & ROBIN GUTHRIE bewegen sich mit "Mirrorball"(Metamatic/RTD) durch sanfte Gefilde. Ihr gemeinsamer Freund Harold Budd brachte die beiden dem Vernehmen nach zusammen, was die Jungs vor der Folie ihrer Ultrafox- bzw. Cocteau Twins-Vergangenheit hier fabrizieren, ist aber anno 2009 in seiner esoterischen Verhauchtheit beinahe lächerlich. Was 1985 für 4AD stilbildend war, muß heute einfach weiterentwickelt sein. 2
Henrik Jonsson ist der Mann hinter dem bissigen Projektnamen PORN SWORD TOBACCO. Seine neue CD trägt den schönen Titel "Everything Is Music To The Ear"(City Centre Offices), durchstreift ebenfalls die ambienten Felder des Wohlklangs und ist bei aller Reinheit vor Redundanzen nicht gefeit. 4
Etwas mehr Überbau leistet sich ROBERT HAMPSON auf "Vectors"(Touch/Cargo). Drei lange Stücke, zwei davon als Auftragsarbeiten für die Franzosen von INA-GRM, eines für das Planetarium in Poitiers entstanden, in denen Kurzwellensignale, die unendlichen Weiten des Alls und Fragen des Kernschattens ohne Hektik oder Lärm ausgiebig gedeutet werden. Gewidmet ist das Werk übrigens dem großen Hector Zazou. 4
Der Litauer GINTAS K zeigte 2006 auf seinem Debut sowohl Anleihen bei Techno wie bei harter Avantgarde, für seine neue CD mit dem tiefstapelnden Namen "Lovely Banalities"(Crónica/A-Musik) sezierte er die Klangstrukturen seines Materials noch genauer. So entstanden 14 Stücke, in denen fieldrecordings einträchtig neben rein synthetischen Klängen (be)stehen, wobei die besten dieser tracks (z.B. "Q" und "27") eine höchst meditative Qualität aufweisen. 4
Auch der Pole TOMASZ BEDNARCZYK widmet sich der feinstofflichen Analyse von Klängen. Diese entlockt er vorzugsweise einem präparierten Klavier oder einer Gitarre, um sie sodann mehr oder minder intensiv elektronisch weiter zu behandeln. Ruhe rules, aber einige Nummern bieten interessante Entdeckungen. 3
Der Berliner René Margraff zaubert als PILLOWDIVER eine kleine Schachtel "Sleeping Pills"(beide 12k/A-Musik) aus der Tasche. Angesichts der lächelnd dahingleitenden, durch etwas Effekte und einige Synth-Zugaben angereicherten Glissandi aus seiner Fender Jazzmaster breitet sich freundliche Wärme aus, zu der böse Zungen auch gähnende Langweile sagen würden. 3
PIMMON aka. Paul Gough aus Sidney ist da schon zupackender. Er scheut sich nicht, bei einigen Stücken seiner in ein grafisch sehr ansprechendes Poster gewickelten CD "Smudge Another Day"(Preservation/Forte) auch den groben Noisehammer zumindest kurz aus der Werkzeugkiste zu holen. Zumeist widmet aber auch er sich eher dem "song behind the noise" und kreiert eine sonderbar anheimelnd-gefährliche Schönheit. 4
Mit "Kreiselwelle"(The Helen Scarsdale Agency/Drone) findet die Wilhelm Reich gewidmete 3-CD-Reihe von M.S. Waldron ihren Abschluss. Unter dem kryptischen Projektnamen IRR.APP.(EXT.) hat der Kanadier aus dem Nurse With Wound/Heemann-Dunstkreis ein langes taumelndes Stück Avantgarde gebastelt, das bei aller esoterischen Verdrehtheit (remember the title!) auch als "Musik" konsumiert werden kann. 4
HANS-JOACHIM ROEDELIUS kann mit Sicherheit auf einige gemeinsame Bekannte zurückgreifen (NWW sind bekennende Krautrockfans) , die re-issue seines ersten Soloalbums "Durch die Wüste" von 1978 eröffnet eine Reihe von Wiederveröffentlichungen (semi)legendärer Sky-LPs. Vom kraut-verpflichteten "Am Rockzipfel" über asiatisch inspirierte Meditationsübungen hin zu melodischem Muhen bei "Regenmacher" spielt Roedelius mit seiner Kunst und seinen Freunden Plank und Möbius. 4
Mit letzterem bildete er nach Schnitzlers Ausstieg bekanntlich auch CLUSTER, deren "Grosses Wasser" 1979 auf Sky erschien. Die zwischen klassischem SequenzerPop der "Berliner Schule" und gespenstischer Avantgarde changierenden Stücken werden nun ebenfalls inkl. Tietchens-Kommentar wiederveröffentlicht. Das minimalistische Cover ist übrigens genial. 4
Das artwork der dritten re-issue kennen Flohmarktgänger und Plattenbörsianer sicher aus den Ramschkisten, in denen man RIECHMANNs "Wunderbar"(alle Bureau B) völlig zu unrecht des öfteren findet. Der Mann aus der Düsseldorfer Elektronikszene wurde jedoch kurz vor der LP-Veröffentlichung 1977 Opfer eines tragischen Amoklaufs und konnte so seine durchaus entwicklungsfähigen Ansätze zur Verbindung von Ddorf und Berlin nicht weiterführen. Eine gute Idee, die elektronische Post-Kraut-Musik, für die Sky steht, neu zugänglich zu machen. 4
Völlig unverständlich bleibt hingegen, wozu man DEASTROs "Moondagger"(Ghostly/!K7/Al!ve) brauchen sollte, denn das ist wirklich nur New Order für sehr sehr Arme. 2
Auch der Hype um RIVAL CONSOLES ist unbegreiflich. Für eine Nummer wie "Milo" braucht selbst ein nur mäßig begabter Teenie wenig länger als 2 Rechner-Stunden und auch wenn das fantasielose Preset-Geschraube sich später etwas legt, richtig spannend wird "IO"(Erased Tapes/Indigo) nie. 2
In welcher Welt BIBIO zu verorten ist, wird mir auch bei vielfachem Hören seiner CD "Ambivalence Avenue"(Warp/RTD) nicht klar. Doch im Gegensatz zu den vorgenannten beschleicht mich bei diesen Stücken, die weder Rock noch Elektronika (und Pop eigentlich auch nicht) bedienen, das merkwürdige Gefühl, hier könnte ein verkanntes Talent wirken. 3
Das mit dem Talent würde ich bei DOWN BELOW nicht überbewerten. Die Jungs aus der Elbestadt Rosslau fühlen sich auf der harten Matratze des Gruftrockbetts weiterhin ganz wohl, singen auf "Wildes Herz"(Premium Records/Soulfood) mittlerweile Deutsch und verdienen sicher ganz gut. Trotzdem: Ihre Seele (und damit auch den Rest credibility) haben sie an Radio SAW, Raabs Bundesvisionsschwachsinn und das Magdeburger Verkehrsministerium verkauft. 2
Auch IN EXTREMO werden von ihren Bankberatern sicher im Separee empfangen, denn seit über 10 Jahren mittelalterrocken sich die Kameraden (von der Vergangenheit des Gitarristen bei der DDR-IndiePop-Institution Die Vision wusste ich gar nicht) erfolgreich von Stadtfest zu Open-Air und zurück. Ernst nehmen darf man dieses halbgare Geschrei natürlich nicht, aber "die Jugendlichen" (und auch einige geschmacksfreie Ältere) mögen's offenbar. Sonst kämen nicht so viele Menschen zu den LiveShows, wovon "Am Goldenen Rhein"(Universal) auf gleich 2 CDs Zeugnis ablegt. 2
Da sollte man vielleicht lieber mal ein Konzert von FAT FREDDYS DROP besuchen. Die Neuseeländer packen ihr 2. Album in ein Cover, das an Skingraft-Bands oder Psychobilly denken lässt, verbreiten mit ihren 9 Stücken aber einen höchst gehaltvollen SoulReggeaBhangraTrashBeat, der auf extrem fetten Basslinien fusst, ohne jemals dubbig zu werden. Das Crooning von Joe Dukie steht in bester Tradition und überhaupt kann ich die CD mit dem seltsamen Titel "Dr. Boondigga & The Big BW"(The Drop/RTD) nur wärmstens empfehlen. 4
Etwas verhaltener ist meine Begeisterung für "Bittersweet Batch"(Munich Rec.) vom NeoPilzkopf JESSE DEE. Für meine Begriffe ist dieses Dutzend Songs einfach etwas zu oldschool-SoulBeat-mäßig produziert. Hat aber trotzdem was. 3
Da greife ich lieber zu den alten Originalen, z.B. zu "The World Is Shaking"(Honest Jon's/Indigo), einer Kompilation aus den Tiefen der EMI-Archive voller "Cubanismo from the Congo" aus den Jahren 1954/55. Seinerzeit brannte auch in den night-clubs von Brazza- und Leopoldville die Luft nicht zu knapp, wobei die Songs doch einen eigenen Afrika-Flavour enthielten. 4
Ein anderer Sampler widmet sich der letzten Dekade. "Message Soul"(Trikont/Indigo) trägt den stolzen Untertitel "Politics & Soul in Black Amerika 1998-2008" ganz zu recht. Auch wenn ich mit den meisten Stücken rein musikalisch wenig anfangen kann, inhaltlich stellt diese politisch bewusste Form von R'n'B mit der großartigen Eryka Baduh, Jill Scott u.v.a. das mutmachende Gegenstück zu all diesen Hupfdohlen dar, deren Namen ich zumeist gar nicht kenne. 3
Auch Angela LUIS macht in Soul, was für eine gebürtige Deutsche schon mal nicht so leicht ist. "Do It"(Soulplex Recordings/Groove Attack) ist inhaltlich belanglos, aber sauber produziert und insofern durchaus konkurrenzfähig. 3
Eine weite Reise unternehmen die Hildesheimer YALA YALA ZOOTONES auf ihrem gleichnamigen Debut, denn ihren SkaJazz öffnen sie für eine Menge Einflüsse von Bebop bis Balkan. Das unterhält ganz gut, auch wenn man diese Art von Musik außerhalb Hildesheims schon länger kennt. 3
Einem ganz anderen, aber mindestens ebenso betörenden Groove folgen JOJI HIROTA & HITEN RYU DAIKO auf "Japanese Drums". In Europa gibt es ja viele Fans von Les Tambour du Bronx, wenn man den gänzlich anderen kulturellen Hintergrund mal beiseite lässt, wird man hiervon mindestens genauso gut unterhalten. 4
Auch TINASHE CHIDANYIKA folgt auf "Sounds Of The African Marimba" einem sehr eigenen und zugleich betörend fremdartigen Rhythmus (der übrigens von Barry van Zyls Perkussion stammt). Das Daumenklavier versetzt einen mit den simbabwischen tunes in eine höchst angenehme Form von Trance. 4
Zum Schluß noch etwas wirklich überraschendes und unbedingt hörenswertes: MATILDE POLITI interpretiert "Folk Songs From Sicily"(alle ARC Music Productions), eine Art Musik, die mit ItaloPop ebenso wenig zu tun hat wie mit Gianna Nanini oder Paolo Conte. Eher könnte man angesichts der sehnsuchtsvollen Lieder an Fado & Co. denken. Eine hervorragende Sängerin mit einem ungewöhnlichen und spannenden Repertoire. 5

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