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MICHAEL SANDLE

Skulpturenpark Waldfrieden Wuppertal



In fast jedem siebten Land der Erde herrscht heute Krieg oder tobt ein bewaffneter Konflikt. Organisierte Gewalt ist Mittel der Machtdurchsetzung und alltägliche Realität für Millionen von Menschen. Als Reaktion auf die Schrecken unseres Zeitalters beschäftigen sich die Arbeiten des britischen Künstlers Michael Sandle mit dem Gebrauch und Missbrauch von Macht in globalen Kampfhandlungen, Politik und Kultur. Seine Arbeiten sind schonungslose Gegenentwürfe zu einer selektiven Gedenkkultur, die Erinnerung idiologisch verklärt und instrumentalisiert. Bis zum 01.06. zeigt der Skulpturenpark Waldfrieden unter dem Titel ´Sculpture´ eine eindrucksvolle Auswahl großformatiger Skulpturen, Modelle und Tuscharbeiten auf Papier.

<i>Ausstellungsansicht Skulpturenpark Waldfrieden, Foto: Michael Richter</i>
Unverhohlen führt das Werk von Michael Sandle (*1936) die Schrecken des Krieges vor Augen und steht damit in der Tradition von Künstlern wie Goya und Grosz. Seine großformatigen Skulpturen muten durch ihren erhabenen ästhetischen Duktus wie Denkmäler an, gehen aber inhaltlich dort einen entscheidenden Schritt weiter, wo üblicherweise die Darstellung von Gewalt zugunsten eines abstrakten Narrativs ausgeblendet wird. Sandle zeigt anschaulich die tragischen Auswirkungen von Gewaltakten und Brutalität – formal angelehnt an den Kanon der Erinnerungskultur und ihre Formate. An die Stelle des feierlichen Gedenkens tritt beim Betrachter das pure Entsetzen über die Folgen gewaltsamer Konflikte, in denen es keine Gewinner geben kann. Es ist der unsanfte Appell des leidenschaftlichen Pazifisten Sandle, Gewalt nicht als anthropologische Konstante hinzunehmen. Gleichzeitig beleuchtet er kritisch, wie sich die Formen und Erzählweisen der Skulptur zu den Geschichten und Ideologien solcher Konflikte verhalten können.
Seit Langem ist Michael Sandle von der Symbolkraft bekannter und anonymer menschlicher Körper fasziniert, die ebenso individuelle Subjektivität wie auch gemeinsame universelle Erfahrungen angesichts von kriegerischen Auseinandersetzungen vermitteln. In vielen Arbeiten finden sich maskierte und verhüllte Gestalten. So zeigt eine seiner jüngeren Skulpturen, As Ye Sow So Shall Ye Reap: An Allegory (2015), eine behelmte Figur in Kampffliegermontur, dessen Gestik und Gesichtszüge eine Jesusdarstellung zitiert, die der Maler William Holman Hunt auf seinem Gemälde The Light of the World (1851–1853) als Allegorie imaginiert hat; die Figur bei Sandle ist aber kein Heilbringer mehr, sondern hält in seiner rechten Hand die Köpfe von ermordeten Kindern. Ähnlich verstörend brutal wirkt die anonyme Frauengestalt in seiner Arbeit Iraq – The Sound of Your Silence (2009), die eine moderne Pietà mit einer Tüte auf dem Kopf darstellt, auf ihrem Schoß ein armloses, bandagiertes Kleinkind liegend.
Die erschreckend beeindruckende Ausstellung im Skulpturenpark Waldfrieden bietet einen repräsentativen Überblick über mehr als drei Jahrzehnte des bildhauerischen Schaffens von Michael Sandle. Neben großformatigen Werken wird eine Reihe kleinerer Modelle und Maquetten gezeigt, die als Entwürfe für Skulpturen im öffentlichen Raum entstanden, darunter "The Suicide or He took the ,A‘ Train" (1995/99) und Maquette for ,Animals in War‘ Memorial (1999).
<i>Michael Sandle – Skulpturen (- 01.06.2020) Skulpturenpark Waldfrieden Hirschstraße 12, 42285 Wuppertal › www.skulpturenpark-waldfrieden.de<;/i>



März 2020
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