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BRIGID MAE POWER

Direkt aus der Quelle

BRIGID MAE POWER

Ihre musikalische Laufbahn begann die irische Neo-Folkerin Brigid Mae Power bereits 2010 mit einer Reihe von selbst verlegten EPs, auf denen sie erste musikalische Duftmarken in Sachen Folk- und Folkpop setzte, die indes heute nicht mehr verfügbar sind. Es war dann ein Treffen mit dem US-Musiker Peter Broderick, das dazu führte, dass sie diesem nach Portland, Oregon folgte und in dessen Studio dann 2016 ihr offizielles, selbst betiteltes Debüt-Album einspielte. Die kreative Zusammenarbeit mit Broderick – der Brigid's puristischen Ansatz in einer weltoffenere, zeitgemäße Richtung leitete – war dabei so erfolgreich und produktiv, dass Brigid Peter Broderick zum einen heiratete und obwohl diese Ehe nicht von Bestand war, bis heute mit ihm zusammenarbeitet. Die Basis-Tracks ihres nun vorliegenden, vierten Albums „Dream From The Deep Well“, spielten Power und Broderick etwa ganz alleine während der Pandemie im Lockdown ein. Obwohl das neue Werk von zwei Traditionals aus dem klassischen Folk-Kanon eingerahmt wird, ist das neue Werk dann auch wieder kein klassisches Folk-Album geworden. Das mag auch daran liegen, dass sich die Songwriterin Brigid Mae Power auf diesem Album dezidiert mit den Problemen und Themen der Gegenwart beschäftigt, auch wenn sie ihre Texte an den lyrischen Traditionen der Folkmusik ausrichtet.

Wonach sucht Brigid denn zum Beispiel am Grunde der im Titeltrack des Albums besungenen tiefen Quelle?

„Also das ist meine Antwort auf das Gefühl, dass ich insbesondere während der Pandemie hatte – dass nämlich die Gesellschaft sich dahin zu entwickeln scheint, dass jedermann nur noch für sich, aber gegeneinander kämpft, sich dabei auf Oberflächlichkeiten beruft und nach Antworten sucht, ohne sich wirklich zu informieren. Ich will – auch mich selbst – ermutigen, etwas tiefer zu gehen und so Antworten durch Informationen zu finden. Die Quelle, von der ich spreche ist eine Quelle der Bedeutung und der Vorstellungskraft."

Ist das vielleicht dann auch als Anklage gegen den allgegenwärtigen Populismus und dessen Rezept der scheinbar einfachen Antworten für komplexe Probleme zu sehen?

„Ja – aber es geht mir gar nicht um einfache Antworten, sondern diese Oberflächlichkeit von Instagram und solchen Sachen. Der Populismus spielt da natürlich auch rein. Um mal ein Beispiel zu nennen: Immigranten für alles verantwortlich zu machen ist ja schon sehr oberflächlich, oder? Besonders tiefgehend ist das ja nicht. Und was soll diese Oberflächlichkeit denn bei Superstar-Instagram-Accounts – oder bei der Art, auf die heutzutage teilweise sogar die Kunst betrachtet wird?"

Mal ungeachtet des Themas: Was zeichnet einen guten Song für Brigid aus?

„Ein Song ist gut, wenn er dich irgendwie berührt“, erklärt Brigid, „entweder emotional oder auch physisch – wenn Du etwa tanzen willst – oder intellektuell. Irgendwie geht es um die Bewegung als solche. Das gilt nicht nur für meine Songs, sondern generell."

ersucht Brigid diese Bewegung – wie sie es nennt – mit ihren eigenen Songs denn irgendwie zu beeinflussen oder zu steuern?

„Nein, denn ich denke nicht wirklich darüber nach, wie meine Songs auf andere wirken. Denn ich mache das tatsächlich hauptsächlich zu meiner eigenen Genugtuung. Wenn das für andere dann auch funktioniert, ist das ein Bonus. Wenn Du nämlich anfängst darüber nachzudenken, was andere von Dir wollen, dann kannst Du das ja niemals wirklich wissen. Du musst einfach das Beste, was Du anzubieten hast, in Szene setzen. Da ich sowieso nicht einschätzen kann, was andere mögen, beurteile ich meine Songs immer danach, dass ich mich frage, ob ich selbst sie mir gerne anhören würde und verlasse mich dann auf dieses Urteil."

Brigid malt ja auch – geht das denn Hand in Hand mit der Musik?

„Ja, das denke ich doch schon“, räumt sie ein, „wenn ich male, dann habe ich immer Musik an – meistens Instrumentalmusik – es gibt aber auch umgekehrt den Fall, dass ich wenn ich Songs schreibe, Gemälde als Inspiration betrachte. Das macht es dann für mich sehr viel einfacher, einen Song zu schreiben. Das passiert alles unterbewusst. Alles, was mir ermöglicht auf mein Unterbewusstsein zuzugreifen, hilft mir sehr – und zu malen ermöglicht mir genau das."

Aktuelles Album: Dream From The Deep Well (Fire Records / Cargo)


Weitere Infos: https://brigidmaepower.com/ Foto: Eva Carolan

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