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GIANT ROOKS

Alle für Alle

GIANT ROOKS

Hamm in Westfalen ist vielleicht eher dafür bekannt, dass die Bundesbahn dort etwa die ICE-Linie trennt. Auf die Idee, dass dort etwa auch international konkurrenzfähige, organische Popmusik produziert wird, käme vermutlich niemand so schnell. Und doch: Als sich dort die Musikfans Frederik Rabe und Finn Schwieters überlegten, eine Band namens Giant Rooks zu gründen, zeigte sich recht schnell, dass das zumindest im Bereich des Möglichen läge. Als dann nämlich Keyboarder Jonathan Wischniowski, Bassist Luca Göttner und Drummer Finn Thomas hinzu kamen und die Jungs 2015 ihre erste EP „The Times Are Bursting The Lines“ auflegten, war das dann der Beginn einer beispiellosen Karriere, die nicht nur dazu führte, dass das Quintett Ende August dann auch endlich das lange geplante Debütalbum „Rookery“ vorlegen konnte, sondern dass die Band über ihr unermüdliches Live-Spielen heutzutage zu den nationalen Top-Acts zählt, die mühelos größten Venues füllen und auch im Ausland bereits eine solide Anhängerschaft ihr Eigen nennen können.

Wie kam es denn eigentlich zu den Namen „Giant Rooks“ und „Rookery“ - beides sind schließlich Begriffe, die sich auf verschiedene Art interpretieren ließen, denn „Rooks“ heißen im Englischen die bei uns „Türme“ genannten Schach-Spielfiguren und „Rookery“ kann sowohl „Nest“, wie auch „Slum“ oder „Mietshaus“ bedeuten.

„Das ist es ja gerade, was uns daran gereizt hat“, meint Finn, „es fing – wie so vieles bei uns – damit an, dass wir uns Begriffe zuspielten. Ich glaube es war Fred, der zum ersten Mal von 'Rookery' sprach – und damit den Begriff 'Nest' assoziierte. Wir nannten unser Probestudio dann auch irgendwann so. Und dann sollte der Name ja für den Gedanken an etwas Großes stehen – und dabei ist dann irgendwann der Name 'Giant Rooks' entstanden.“

Es ging also weniger darum, dass damit die Türme beim Schach-Spiel gemeint sind?

„Wer weiß, vielleicht dehnen wir die Interpretationsmöglichkeit dann ja für das nächste Mal aus.“ 
Wie läuft das eigentlich heutzutage mit der Karriereplanung für junge Bands? Nicht ganz zu unrecht erwähnte Nick Mason, der Drummer von Pink Floyd, mal in einem Interview, dass die Sprossen auf der Karriereleiter, auf denen sich Nachwuchskünstler früher Schritt für Schritt im Business nach oben kämpfen konnten, heutzutage alle nicht mehr da sind – bzw. übersprungen werden müssen, indem man zuerst mal mit Web-Präsenz versucht auf sich aufmerksam zu machen. Haben das die Giant Rooks auch so gemacht?

„Nein“, meint Finn, „in den ersten Jahren lief das komplett über Live-Auftritte. Wir haben immer gesagt, dass wir so viel wie möglich spielen wollen, denn das war die Weise, wie wir uns am Besten entwickeln konnten und wie wir auch die meisten Leute erreichen konnten. Wir haben dann auf Konzerten erste selbstgemachte CDs verkauft. Das war für uns der Weg auf dem wir uns Zeit genommen haben uns zu entwickeln und zu reisen.“

Und die handwerklichen Sachen?

„Das haben wir uns alles selber beigebracht“, erklärt Fred, „jeder in seinem Bereich.“

„Ja, wir haben eine klare Rollenverteilung“, ergänzt Finn, „Fred schreibt die Melodien und die grundsätzlichen Arrangements, Luca ist ein wahnsinnig toller Bassist, der oft gute Ideen für Akkorde hat – weil er vermutlich von uns der musiktheoretisch Bewanderteste ist. Johnny unser Keyboarder ist unser Technik-Nerd, der von allem auf diesem Gebiet einen Plan hat, Finnbo bringt halt so eine wahnsinnige Energie am Schlagzeug mit und hat auch einen für uns sehr prägenden Stil und ich schreibe die Texte. Und so haben wir uns – jeder für sich – in seinem Bereich weiter entwickelt und ich denke das macht auch Sinn, indem jeder das macht, was er am besten kann und am Ende wird dann alles zusammengeführt.“

Das heißt: Die Songs werden zusammen erarbeitet.

„Es ist vielleicht so, dass Fred für gewöhnlich die meisten Melodien hat, aber jeder ist natürlich in den Prozess involviert“, ergänzt Finn.

Englischsprachige Musik mit internationalem Flair, einem Faible für die große Geste und einer Produktion, die sich mühelos mit denen insbesondere amerikanischer Studio-Routiniers messen kann, erwartet man von einer deutschen Band ja gemeinhin gar nicht. „Das muss man differenzierter sehen“, meint Fred, „es ist im Jahr 2020 völlig egal, woher Du kommst. Wenn man etwa auf Spotify Musik von neuen Künstlern findet, dann fragt keiner, wo die herkommen. Es gibt zum Beispiel eine Künstlerin aus Bergen in Norwegen, die heißt Sigrid, die macht fantastische Popmusik und es macht sie gerade interessant, dass sie aus Bergen kommt, obwohl ich eigentlich vom Sound her dachte, sie sei aus dem UK. Das ist dann eigentlich auch das Feedback, dass wir bekommen, wenn wir zum Beispiel im UK spielen. Die sagen dann: 'Das ist ja cool, dass ihr aus Deutschland kommt.' Und hierzulande heißt es dann: 'Man hört gar nicht, dass ihr aus Hamm in Westfalen kommt – wo sich der ECE-trennt – ihr klingt, als kämet ihr aus L.A..“

Wer kommt denn zu Giant Rooks Konzerten, wenn sie im Ausland spielen?

„Wir haben da auf jeden Fall schon eine Fanbase“, erklärt Finn, „wir haben auch in England angefangen, live zu spielen. Dann kam mal eine Support-Show dazu und dann wurde es immer mehr. Mittlerweile kommen auch im England 500 Leute zu den Konzerten.“
So kann das sicher gerne weiter gehen. Zwar sind die Jungs noch nicht dazu gekommen, neue Songs zu schreiben – legen aber allergrößten Wert darauf, trotz Corona ihre Live-Karriere weiter zu befeuern und zu spielen, wo und wann immer es möglich ist.

Aktuelles Album: Rookery (Universal)

Foto: Nils Lucas

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