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SWEET TEMPEST

Kontrastreich

SWEET TEMPEST

Ein bisschen was hat die Geschichte von Sweet Tempest etwas von der Ballade der beiden Königskinder, die nicht zusammenkommen konnten. Vor ungefähr 10 Jahren trafen sich Luna Kira und Julian Winding im heimatlichen Kopenhagen, als sie beide noch an anderen Projekten arbeiteten und produzierten zusammen einen Song namens „Never Break“ in dem sie Luna's Lyrics und Julians Musik zu einem Dreampop-Szenario verdichteten, dass im Folgenden den Ausgangspunkt für das Projekt Sweet Tempest bilden sollte. Dann passierte allerdings lange Zeit recht wenig, da Julian nach Berlin zog und nur gelegentlich Long Distance mit Luna an neuen Songs arbeitete, die im Folgenden erst mal auf zwei EPs namens „Snow“ und „Bones & Machinations“ zusammengefasst wurden. Erst nachdem Julian Luna zu sich nach Berlin holte und beide dann auch privat ein Paar wurden, nahm die Sache langsam Fahrt auf. Dennoch dauerte es ganze weitere drei Jahre, in denen Julian und Luna an den Songs werkelten, die sich nun auf dem Debüt Album „Going Down Dancing“ wieder finden.

Der Titel des Albums - „Going Down Dancing“ - ist dabei so etwas wie eine Metapher für einen Tanz auf dem Vulkan, denn obwohl Sweet Tempest im weitesten Sinne Tanz- bwz. Club-Musik machen (wenngleich auch mit einer gehörigen Prise Pop-Flair) sind es vor allen Dingen die politisch motivierten Lyrics von Songs wie „Modern Justice“, „White Country“ oder „Party In Panama“, die aufhorchen lassen – einfach, weil man so etwas in einem solchen Kontext eigentlich gar nicht erwartet.

„Ja, das fing mit dem Track White Justice an“, erklärt Luna, „unser Management hat uns gefragt, ob wir nicht mal eine Club-Nummer mit einem politischen Text machen wollten. Wir haben uns dann mit der Regierung, den Umständen und den Reaktionen der Bevölkerung beschäftigt und den Song gemacht."

Der Song „White Country“ ist dabei eine Anklage an jene, die eine restriktive Einwanderungspolitik.

„Ja genau – wir haben das Stück während der Flüchtlingskrise geschrieben“, ergänzt Julian. „Und als wir es dann fertig hatten, meinte unser Management: Das ist großartig – das solltet ihr weiter so machen. Es brauchte eine Weile, aber dann haben wir die Songs 'Modern Justice' und 'Party In Panama' geschrieben, die in eine ähnliche Richtung gingen."

Dabei geht es dann um das Ende der Zivilisation bwz. Die hedonistischen Bestrebungen der Superreichen. Wie gesagt: In der Kombination mit Club-Grooves und Techno-Beats erwartet man so etwas ja gar nicht.

„Unsere Idee war dabei auch, dass es musikalisch nicht allzu trocken und schwermütig sein sollte, wenn wir schon über solche schweren Themen sprechen wollten“, führt Luna aus, „es ging uns darum, einen Kontrast zu erzeugen. Ich liebe Kontraste. Das ist auch der Grund, warum wir uns 'Sweet Tempest' genannt haben. 'Tempest' ist einfach ein Wort, dass Julian mag und ich suchte dann mit einen Kontrast dazu, der gar nicht dazu zu passen scheint – und kam dann auf 'Sweet'."

Musikalisch ist das Album allerdings weniger kontrastreich. Im Gegensatz zu den zuvor veröffentlichten EPs „Snow“ und „Bones & Machinations“ ist das Album sogar recht konsequent elektronisch angelegt. Das mag auch damit zusammen hängen, dass Julian, der für die musikalische Ausgestaltung zuständig ist, nebenher auch als Techno-Produzent und Komponist für Film- und TV-Arbeiten seines Onkels, des Regisseurs und Autors Nicolas Winding Refn tätig ist.

„Das es so wenig Gitarren gibt, war meine Schuld“, gesteht Julian denn auch, „ich spiele nämlich auf der Bühne durchaus die Gitarren. Für die ersten 'Sweet Tempest'-Songs sagte ich mir aber: Nein – wir wollen das puristisch machen. Aber jetzt denke ich mir, dass ich doch lieber wieder mit Gitarren arbeiten möchte. Ich habe nämlich eine klassische Ausbildung und habe früher Cello gespielt - womit alles begann. Ich betrachte mich aber eigentlich der Rock'n'Roll-Tradition verpflichtet – also Jimi Hendrix, The Who und Led Zeppelin. Ich habe früher auch in Rockbands gespielt. Aber irgendwie sind wir jetzt hier gelandet."

„Das mit der elektronoschen Musik kommt ja sicher daher, dass Julian ein Techno-Produzent ist“, überlegt Luna, „und wir wollten ja auch unbedingt Tanzmusik machen.“

Mit dem Konzept, Techno- und Club-Sounds mit poppigen Melodien mit Protestsong-Lyrics zu kombinieren, besetzen Sweet Tempest dann eine Nische, die ansonsten ja eher brach liegt. Zeit also, sich neuen Aufgaben zuzuwenden: Sweet Tempest haben noch jede Menge Songs aus den Sessions für das Album auf Tasche liegen und arbeiten bereits an Nachfolgeprojekten: Einem Album, das von der Sound-Ästhetik italienischer Horror-Filme inspiriert sein soll und eine EP, auf der sie mit skandinavischen Folklore-Elementen experimentieren werden. Auch in diesem Sinne ist das, was Sweet Tempest machen, also ziemlich kontrastreich!

Aktuelles Album: Going Down Dancing ( )


Weitere Infos: https://www.facebook.com/sweettempestmusic/

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