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SLOAN

Der Power-Pop-Investmentfonds

SLOAN

In Zeiten, in denen künstlerische Neuerfindung für fast alle Musikerinnen und Musiker unausweichlich scheint, sind Sloan die wohltuende Ausnahme: Seit mehr als 30 Jahren tummelt sich das kanadische Quartett nun schon in der exakt gleichen Besetzung im Spannungsfeld von Power-Pop und Alternative Rock und setzt dabei lieber auf Konstanz denn auf klangliche Experimente, ohne dass es deshalb langweilig wird. Jetzt veröffentlichen Bassist Chris Murphy, Drummer Andrew Scott und die Gitarristen Jay Ferguson und Patrick Pentland ihr 13. Album mit dem treffenden Titel ´Steady´.

Nach einer langen Karriere hatte es für Sloan anfangs gar nicht ausgesehen. So kometenhaft der Aufstieg der kleinen Band aus dem selbst für kanadische Verhältnisse entlegenen Nova Scotia anfangs war – schon bald nach der Veröffentlichung ihres Majordebüts ´Smeared´, das Sloan 1992 zu Labelmates von Nirvana, Sonic Youth und Teenage Fanclub machte, musste die Band Lehrgeld zahlen.



„Das waren damals ganz andere Zeiten für uns, die Zusammenarbeit mit einem Majorlabel hat uns die Augen geöffnet”, gesteht Jay Ferguson im Westzeit-Interview. „Dennoch war es eine sehr aufregende Zeit für uns, weil alles so schnell ging. Wir haben ´Smeared´ im April 1992 aufgenommen, im Herbst ist das Album dann in Kanada erschienen, Ende des Jahres sind wir erstmals in Großbritannien aufgetreten und 1993 waren wir dann in den USA auf Tour. Gleichzeitig waren wir gewissermaßen den Launen von Geffen ausgeliefert. Sie konnten entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben wollten, und das konnte mal mehr, mal weniger hilfreich sein. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass wir trotzdem weitermachen konnten, dass wir als Band heute noch zusammen sind, noch dazu mit den gleichen vier Leuten. Ich habe das Gefühl, dass wir heutzutage viel mehr Kontrolle haben. Wir machen unsere eigenen Platten, wir lizenzieren sie, und wir haben auch eine viel direktere Verbindung zu unserer Fangemeinde, als das 1992 der Fall war."

Nach dem Geffen-Intermezzo gründeten Sloan ihr eigenes Label, auf dem bis heute ihre Platten in der Heimat erscheinen, doch der Weg zurück in die Unabhängigkeit ist nicht allein für die Langlebigkeit der Band verantwortlich. In künstlerischer Hinsicht wiegt sicherlich schwerer, dass sich die vier Musiker das Songwriting teilen und es so spürbar leichter ist, die Qualität über mehr als ein Dutzend Alben hochzuhalten.

„Das stimmt“, sagt Ferguson. „Chris sagt oft, dass wir im Grunde ein Investmentfonds sind. Wenn bei einem von uns mal die Aktien im Keller sind und er nur einen guten Song am Start hat, kann er sicher sein, dass jemand anders in die Bresche springt und vier gute Nummern parat hat. Am Ende ergibt sich immer eine Balance. Zum neuen Album hat Andrew nur zwei Songs beigesteuert, aber Chris hatte ein paar zusätzliche, deshalb hat Chris dieses Mal mehr Songs. Es stimmt also: Es ist leichter, in einer Band mit vielen Songwritern zu sein, das führt zu besseren Platten. Du kannst dich auf deine drei, vier besten Lieder konzentrieren, anstatt mit dem Text für Song Nummer zwölf zu kämpfen."

Zurückhalten muss sich dennoch niemand: Alle vier Musiker bringen verschiedene Inspirationen und Klangfarben in den Sound ein, und nach all den Jahren ist das Vertrauen der vier groß, dass daraus Platten entstehen, die facettenreich, aber nicht zerrissen klingen.

„Es gibt fast nie Diskussionen über die Richtung, die wir einschlagen“, erklärt Ferguson. „Es ist eher so, dass wir alle unabhängig voneinander arbeiten. Deshalb ist uns in der Vergangenheit schon mal vorgeworfen worden, Compilation-Alben zu machen, weil sich darauf so viele unterschiedliche Stile wiederfinden, auch wenn wir keine vollkommen verrückten Platten machen, sondern uns immer im Pop-Rock-Bereich bewegen. Dennoch sind wir vielleicht ein bisschen vielfältiger als andere Bands."

Anstatt in der vagen Aussicht auf Erfolg den Trends der Saison nachzujagen, verlassen sich Sloan dennoch im Studio wie beim Songwriting gerne auf klassische Werte.

„Ich liebe Songwriter, die sich gleichermaßen auf die Melodien und die Texte konzentrieren“, verrät Ferguson. „Dem versuche auch ich gerecht zu werden, wenn ich schreibe."

Er hält kurz inne. „Ich weiß nicht, ob mir das immer gelingt, als Ziel vor Augen habe ich es trotzdem immer.“

Aktuelles Album: Steady (Yep Roc / Bertus)


Weitere Infos: sloanmusic.com Foto: Calm Eliot-Armstrong

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