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QUICKSILVER

V.A.

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FLOX ist das musikalische alter ego des Franko-Briten Florian Gratton. Der liefert mit "Square" (Underdog) ein etwas unentschlossen zwischen Roots- und Nu-Reggae pendelndes, durch die Verfeinerung mit einigen Prisen DigiDub aber doch ganz gut durchhörbares Album ab. Das technoide "Be My Guest" rutscht dabei ein wenig aus dem Rahmen und das gefällt durchaus. 3
Mit etwas gutem Willen findet man auch bei den Franzosen von SOUDAN einige Reggae-Einflüsse. Die mischen auf ihrer neuen CD "Pieds Nus" (Tinker) sanfte off-beats genauso unter den zarten Westafrika-Sound wie Gnawa-Elemente, Marimba-Etuden oder feingliedrigen französischen Gesang (besonders schick, wenn wie z.B. bei "Aimons, Foutons" Barbara Letoqueux mit ans Mikro tritt) und verbinden alles das auch noch mit einer reduzierten AfroFunkFusion-Reminiszenz. 4
Bleiben wir bei der popkulturellen Verwertung afrikanischer Traditionen: "Echo" (Bendigedig) heißt das dritte Resultat der künstlerischen Verbindung von SECKOU KEITA mit der Waliser Harfenistin CATRIN FINCH. Filmmusik-hafte Weite hier, schwelgerische AfroPop-Klangfarben dort – dieses Album will (und kann) mit seiner Mixtur aus Celtic Folk und senegalesischer Kora-Freude Massen erreichen. 3
Mit "Geranium" (Yapéno/Luik) von der ÉQUIPE DE FOOT wird es etwas elektronischer. Das Duo aus Bordeaux montiert aus SiSo-Fundamenten und synthetischen Sounds eine recht eigenständige Form modernen MelanchoPops, dem auch die rechte Mischung aus Schärfe und sweetness nicht fehlt. 4
Elektronisch-heftig geriert sich hingegen Tara Busch aka. I SPEAK MACHINE auf dem brachialen "War" (ISM). Nicht ohne Grund von Gary Numan als support für seine anstehende Tour verpflichtet, erschallen hier verzerrte FetischVocals zu fetten RechnerBeats und scharfen Synthies. Blutiges Futter für die SchwarzKittelDisco (wenn es sowas heute noch geben sollte). 4
Mit "Psychoanalyse (Volume 2)" (Stereo Total/Flirt 99) arbeitet BREZEL GÖRING auf eine sehr anrührende Weise den Verlust seiner Lebens- und KunstPartnerin Françoise Cactus auf. Die hört man beim Titelstück ein letztes Mal singen, auch die phantastische Lilith Stangenberg hat einen Gastauftritt (zumindest im Video-Mix der Vorab-Single "Défoncé"). Musikalisch zwischen wehmütig-mutigem SiSo-Gesang und Stereo-Total-TrashRock ist diese Platte auch ein großartiges Dokument der Aufrichtigkeit und der Liebe. 4
Bernadette La Hengst, Frank Spilker, Jochen Distelmeyer und Bernd Begemann haben sich aus Ostwestfalen in das Herz der deutschen IndiePopKultur gespielt, nicht ohne Grund gilt vielen das "Fast Weltweit"-Label als Kaderschmiede der Hamburger Schule. Einer der vergessenen Väter dieses OWL-Wunders ist Michael Girke, der als JETZT! schon in den 80ern berührende PopMiniaturen voller Stil und Style fabrizierte (die 2017 von Tapete mit einer schönen Rückschau gefeiert wurden). Mit "Können Lieder Freunde sein?" präsentiert er jetzt ein Album voller Songs im engeren Sinn. Da scheint zwar der SophisticatedPop der englischen Vorbilder nach wie vor durch, aber die Texte sind von einer im deutschen Pop seltenen Klarheit und Ironiefreiheit. Das Info spricht da ganz richtig von einem Treffen von Style Council und Franz-Josef Degenhardt. Die Luxemburg-hommage "Rosa" oder das flott fingerschnipsende und doch ganz konkrete "Hilf dem Widerstand" sind da nur zwei Beispiele. Eine sehr feine und vor allem wirklich ehrliche Angelegenheit. 5
Warum "Ich bin der eine von uns beiden" (beide Tapete), die 2005er-Mute-Platte von ANDREAS DORAU, jetzt remastert neu aufgelegt werden muss, weiß ich nicht. Meine Meinung zu dieser CD habe ich schon vor 17 Jahren niedergeschrieben – sucht einfach im WESTZEIT-Archiv, denn geändert hat sich an meiner Einschätzung nichts. 3
Da ist mir der krude RapTheater-Ansatz von DLÉ näher. Die Herren Jaques Tabaques, Kemo und Jackson Mehrzweck sind eigentlich als Schauspieler und Theatermusiker zugange, ihr Erstling "Der Fluch der Tantaliden" war 2016 schon eine kleine Sensation (die natürlich kaum jemand wirklich wahrgenommen hat). Nun also "Wack To The Future" (Kreismusik): ist das ein KriminalHörspiel mit Beats? Oder Dystopie als Rap? Auf jeden Fall fasziniert auch diese Geschichte um eine anno 2075 Mordermittlungen durchführende Kommissaire – die Neuinszenierung des zugehörigen Theaterstücks "Android Ergo Sum" (Aachen 2018) soll Anfang Juli in Dresden Premiere haben. 4
Und dann ist da auch noch "See You On The Other Side" (enja yellowbird), das neue Werk der Münchner Band ARK NOIR, das zwar auf einem renommierten Jazz-Label erscheint, meines Erachtens aber doch eher im AvantProgRock-Universum zu verorten ist. Schwebende AmbientStrukturen, fette RockRhythmik, griffige Bläser – ich denke hier eher an Art Zoyd als an Cordsakkos. 4
Auch das belgische Duo LA JUNGLE verneigt sich bei (s)einem "Ephemeral Feast" (Stock/À Tant Rêver Du Roi/Black Basset/Rockerill) tief vor den KrautNoise-Helden der Vergangenheit. Sehr schön, wie hier metallene Härte und meditative Ausuferung miteinander tanzen. 4
Weil aber der Sommer in diesem Jahr schon im Mai kommt, eine höhenmeterreiche RadUrlaubWoche ansteht und der Jazz-Stapel sowieso nicht sehr hoch ist, frühstücken wir die improvisierte Tonkunst auch gleich noch hier ab. Da gibt es mit "Transneptunian Planets" (RareNoise) ein weiteres sehr schönes Stück AmbientJazz von J. PETER SCHWALM und STEPHAN THELEN (of "Sonar"-fame), das ebenfalls weder in die Jazz- noch in die Ambient-Schublade passt und gerade dadurch interessant wird. Meditative Elemente und Polyrhythmik, Eivind Aarsets GastGitarre und der BassPuls von Tim Harries – die acht Grüße an Plutos PlanetenFreunde jenseits der Neptun-Bahn hallen lange nach. 5
Völlig anders und auf höchst angenehme Weise durchaus anstrengend ist die Musik vom BALDRIAN QUARTETT. Das verknüpft die electronics von Christof Kurzmann und Gaudenz Badrutt mit der frei gespielten Klarinette von Kai Fagaschinski und Jonas Kochers avantgardistischem Akkordion. "Entschlummern sollst du, sollst entschlummern" (bRUit) lässt zur großen Freude jedes an EchtzeitMusik Interessierten die Kompositionen der bis dato selbst Experten unbekannten Frieda Bertelsohn Martholdy (1878–1907) knarzen, knistern und fiepen. Auch das artwork und das bei meiner digitalen Version leider fehlende, sicher aber ganz großartige, weil (bestimmt hoch informative) Essays von so berühmten Musikologen wie Dr. Georgette Oberwies, Inge Salesianer und Franz von Brandenburg enthaltende booklet verdienen Erwähnung, sind sie doch Zeichen eines ausgeprägten SchrägHumors. 5
Ebenfalls sehr prächtig, aber mit in diesem Fall ernsthaftem akademischen Anspruch ausgestattet ist die von David Toop kuratierte und im seitenreichen booklet umfassend erläuterte 2CD-Kompilation "Exploring Gong Culture In Southeast Asia - Mainland and Archipelago" (Sub Rosa). Die Erforschung der Möglichkeiten von Gongs und Glocken hat in Südostasien eine lange Tradition – die Ausläufer davon lassen sich heute nicht nur bei Steve Reich und Sun Ra, sondern auch in der Freien Improvisation und einigen Spielarten avancierter ClubMusik aufspüren. 4
Das Osloer GesangsDuo PROPAN reduziert auf seiner neuen CD "Swagger" (Sofa) gemeinsam mit dem 8köpfigen Ensemble PROPANIONS Improvisertes und Geplantes zu einer nur auf den ersten Blick banalen KlangKunst. Schimmernde electronics hier, repetitive Elemente dort, straighte beats und wundersame Geräusche – alles in feiner Balance. 4
Erfreulicherweise ohne jeden Aufmerksamkeit heischenden Bezug auf die Geburtsstadt der Chefin kommt mit "Somnambule" eine neue CD vom OLGA REZNICHENKO TRIO. Die Pianistin stammt aus der nur wenige Kilometer östlich vom geschundenen Mariupol liegenden südrussischen Hafenstadt Taganrog, das hat aber mit ihrer wundervollen Klavier-Trio-Musik wenig zu tun. Die ist klassischer sanfter westeuropäischer Jazz, mit harmonischen Schön- und rhythmischen Vertracktheiten, mit Energie und Wehmut. 4
"Thelonia" (beide Traumton) ist der Titel des Solo-Piano-Albums von SEBASTIAN STERNAL, den wir ja u.a. von Frederik Kösters Band "Die Verwandlung" kennen. Schon mit dem kurzen opener "Arc" macht Sternal dabei klar, dass er neben sentimentaler Schönheit auch ein großes Herz für klangliche Extravaganz hat. Luzid und rätselhaft, mit Verweisen auf die JazzHistorie (ist der Titel eine Verneigung vor’m großen Monk?) wie auch die klassische Romantik ist diese Platte die perfekte und gänzlich kitschfreie Begleitung für das abendliche Glas Wein auf dem sommerlichen Balkon. 4

Rock & Pop
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