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CLEMENS MEYER

Nacht im Bioskop

CLEMENS MEYER

(Faber & Faber, 95 S., 18,00 Euro)

Zwar verstand sich Meyer neben Suff und Krawall schon immer auch auf leise Töne, hat sich nun aber einem zunächst sehr fern erscheinenden Sujet zugewandt, nämlich einem Kriegsverbrechen, das ungarische Nazi-Truppen 1942 in Novi Sad verübten. Die "Erzählung aus dem Großen Krieg mit Bildern aus einem Frieden" blickt in verschiedenen Verschränkungen auf die Geschehnisse jener frostkalten Januarnächte, in denen knapp 800 Menschen ihr Leben verloren (das schön gestaltete Buch kontrastiert den Text mit Reproduktionen von Vorkriegs-Postkarten aus Novi-Sad; was den zweiten Teil des Untertitels erklärt). Viele (ver)kennen Meyer als eine Art Ost-Bukowski-Reinkarnation, man könnte den Finger im Bücherregal aber auch einige Rücken weiter streichen lassen und einen Bulgakow-Band herausziehen. Denn mit seiner kurzen, dennoch sehr aufwühlenden Erzählung nähert sich Meyer dem großen Russen. Nicht als Satiriker oder grotesker Phantast, sondern in der hochsensiblen Darstellung des eigentlich Unbegreifbaren. In der (nur scheinbar) unbeteiligten Schilderung des Unbeschreibbaren. In der Genauigkeit des Details bei gleichzeitiger Faserigkeit des Rahmens. In der Fixierung auf vermeintlich Nebensächliches (wie hier der Beschaffenheit von Pelzmänteln). In der Poesie der Bilder (die wie (Engels?)Flügel erscheinenden Haare einer jungen Frau unter’m Flußeis). Mit erstaunter, doch emphatischer Distanz und ohne Partei zu nehmen blickt er auf die getriebenen Akteure. Das Bioskop (wie man seinerzeit das Kino auch nannte) gilt dabei in mehrfacher Hinsicht als Zuflucht: erst für den filmverrückten Jüngling vor der Begegnung mit der ihm zugedachten Bäckerstochter, später für den zum Ustascha-Offizier Gewordenen als Ort der Besinnung im BlutRausch. Diese Reflexion über moralische Grundwerte und die rasende Geschwindigkeit, mit der die dünne Haut der Zivilisiertheit aufgeschürft werden kann, lässt sich in Teilen sogar als Metaphysik des Mediums "Film" lesen. Vor allem zeigt sich Meyer hier aber mit seinen wundervollen SprachBildern, Andeutungen und Brüchen im Erzählrhythmus als Meister auch der kleinen Form.
Weitere Infos: › www.verlagfaberundfaber.de/buch/50

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