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POND

Unbehagen gesucht

POND

Werden Pond jetzt etwa erwachsen? Auf ihrem siebten Album, ´The Weather´, wirft die Psychedelic-Band aus Western Australia die grenzenlos verrückten Experimente und die ungezügelte Space-Rock-Wucht ihrer Frühwerke über Bord und widmet sich stattdessen raffiniert aufgetürmtem Synth-Pop mit spürbarer 80er-Jahre-Eleganz, der weniger haarsträubend, dafür aber deutlich reifer und trotz eines ungebrochenen Hangs zur Verspieltheit merklich gestrafft klingt.

Mit der neuen LP wandelt Pond-Frontmann Nicholas Allbrook auf ähnlichen Pfaden wie die Psychedelic-Rock-Überflieger Tame Impala auf ihrer letzten Platte, ´Currents´, doch das ist nicht weiter verwunderlich. Schließlich sind die beiden Bands nicht nur durch ihre gemeinsame Heimatstadt Perth eng verbunden. Bis 2013 spielte Allbrook in der Live-Besetzung von Tame Impala, sein Mitstreiter Jay Watson, der Pond zusammen mit Joe Ryan und Jamie Terry komplettiert, ist bis heute in beiden Projekten aktiv, und Tame-Mastermind Kevin Parker saß bei ´The Weather´ auf dem Produzentenstuhl. Nachdem sie auf ihren frühen Platten bisweilen nicht mehr gemacht hatten, als ihren Idolen nachzueifern, setzen sie inzwischen spürbar mehr auf eigene Ideen und ihr seit jeher untrügliches Gespür für eingängige Melodien.

„Kevin, Jay und ich haben schon zu unseren Tame-Zeiten oft darüber gesprochen, dass es unser Ziel ist, irgendwann gut genug zu sein, um wirklich vollkommen originelle Musik zu machen“, erinnert sich Allbrook im Westzeit-Interview. „Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob dieses Ziel wirklich erreichbar ist, denn es wird ja immer Platten anderer Künstler geben, die dich inspirieren. Ich stelle aber schon fest, dass mein Songwriting jetzt viel selbstreferenzieller ist, und ich versuche mehr und mehr, über Dinge zu schreiben, die persönlich sind anstatt anachronistisch.“

Gerade die persönliche Färbung vieler Songs führt dazu, dass ´The Weather´ sich nicht zuletzt auch textlich in einem klarer abgesteck ten konzeptionellen Rahmen bewegt als seine Vorgänger.

„Anstatt textlich das ganze Füllhorn der Themen auszuschöpfen, über die man sprechen könnte, habe ich mich dieses Mal auf Dinge aus meinem eigenen Erfahrungsschatz konzentriert, und der ist nun mal vergleichsweise begrenzt“, erklärt Allbrook. Allerdings hat ihm gerade die Besinnung auf Selbsterlebtes gezeigt, wie wichtig es ist, an sich zu arbeiten und sich zu entwickeln.

„In dem Moment, in dem du beginnst, den vierten Song über die gleiche Ex-Freundin zu schreiben, denkst du schon: ‚Was mache ich hier eigentlich?‘“, gesteht er lachend, doch er hat auch gleich eine Lösung parat: „Ich suche absichtlich immer wieder nach unbequemen Situationen – linguistisch, geografisch oder körperlich –, und der Umgang mit diesem Unbehagen wird dann Teil des Erfahrungsschatzes, aus dem ich schöpfen kann.“

Gleichzeitig haben Pond auch klanglich die ´Anything Goes´-Attitüde ihrer früheren Alben ein Stück weit hinter sich gelassen und suchen nun oft lieber den direkten Weg zum popmusikalischen Kern ihrer Songs, als über verschlungene Pfade erst auf Umwegen zum Ziel zu kommen.

„Wir waren dieses Mal viel fokussierter, weil wir inzwischen besser darin sind, das umzusetzen, was uns vorschwebt“, sagt Allbrook über die Veränderungen. „Manchmal ist es ein steiniger Weg von dem, was du in der Lage bist zu tun, und dem, was du gerne erreichen möchtest. Bei der letzten Platte waren wir definitiv noch in einer Übergangsphase. Damals konnten wir das, auf das wir abzielten, noch nicht ganz erreichen. Dieses Mal war uns viel bewusster, was wir ausdrücken wollten und wie wir das hinkriegen.“

Allerdings können natürlich auch Pond ihre Gehirne nicht ans Equipment anschließen, und deshalb wird die Musik, die später auf den Platten landet, nie hundertprozentig so klingen wie das, was sie im Kopf hatten.

„Ich denke, niemand kann je hundertprozentig das umsetzen, was er im Kopf hat. Aber genau das macht den Reiz aus, das ist Teil des Weges“, ist Allbrook überzeugt. Deshalb jagen Pond erst gar nicht einer abstrakten Vorstellung von Perfektion hinterher, sondern machen sich das Unperfekte zu eigen.

„Ich hätte gar kein Interesse daran, zu Joe Satriani zu werden“, gesteht Allbrook lachend. „Ein gewisses Maß an Unzulänglichkeiten, an Fehlern ist mir sehr wichtig, denn die Musik muss organisch klingen. Natürlich wollen wir besser werden, aber nur besser darin, das zu erreichen, was uns vorschwebt – und das ist oft alles andere als makellos.“

Aktuelles Album: The Weather (Marathon Artists)


Weitere Infos: › www.pondband.net Foto: Matt Sav

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