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FRIEDBERG

Gedanken auf Urlaub

FRIEDBERG

Obwohl „Hardcore Workout Queen“ jetzt tatsächlich das Debütalbum der in London ansässigen Band Friedberg um die österreichisch Songwriterin Anna Friedberg ist, handelt es sich sich um keinen klassische Newcomer- oder Nachwuchs-Act. Denn bereits seit 2009 machte die aus dem kleinen Ort Friedberg in der Steiermark stammende Musikerin Anna Wappel unter ihrem Künstlernamen Anna F. von sich reden und veröffentlichte drei erfolgreiche Alben – von denen das erste „For Real“ sogar Goldstatus erreichte. Als sie schließlich von ihrer damaligen Wahlheimat Berlin nach London zog, kam sie auf die Idee, ihre Musik auf eine breitere Basis zu stellen und gründete schließlich die heute aus der Gitarristin Emily Linden, der Bassistin Cheryl Pinero und der Drummerin Laura Williams bestehende Band Friedberg. Bereits 2019 erschienen erste Singles wie „Boom“ und „Go Wild“ und seither sind Friedberg auch immer mal wieder als Live-Band – etwa als Support für die Giant Rooks, Pacebo und in den USA mit Hot Chips unterwegs gewesen und auch auf Festivals aufgetreten. Nur auf einen Longplayer musste man bis heute warten. Das hat Gründe – unter anderem natürlich die Pandemie aber auch Anna's Probleme damit, spontane Entscheidungen treffen zu können. Nun ist es aber endlich so weit und unter dem Titel „Hardcore Working Queen“ steht nun das erste Friedberg-Album in den Regalen (sofern sich denn noch welche finden lassen).

Mit welchem Anspruch an sich selbst ist Anna denn als Songwriterin an dieses Projekt herangegangen?

„Ich bin eigentlich meine größte Kritikern“, meint Anna, „das bedeutet, dass es mir gefallen und mich auf irgend eine Art berühren muss, was ich mache. Es muss alles so nah wie möglich an dem Gefühl sein, das ich vermitteln möchte."

Gab es denn ein Thema für das Album – oder ist der Song „Hardcore Workout Queen“ zum Thema gemacht worden? Und worum geht es in dem Song eigentlich?

„Das hat sich total ergeben“, erklärt Anna, „ich habe mir vorher gar kein Konzept gemacht. Das ist bei mir aber immer so, dass man da irgendwo losläuft und gar nicht so genau weiß, wo es hingeht. Es geht dann dabei darum, viel auszuprobieren, was man am Weg so findet. 'Hardcore Workout Queen' war der letzte Song, der entstanden ist. Das passiert bei mir oft, dass man dann noch einen Song ganz frei macht, wenn das Album eigentlich schon fertig ist. In dem Song geht es um einen humorvollen Blick auf diesen ganzen Selbstoptimierungswahn. Ich hatte aus dem Fenster eine Hardcore Workout Queen wohl auf dem Weg ins Fitness-Studio beobachtet. Das ist aber gar nicht abwertend gemeint – denn vielleicht bin ich morgen die 'Hardcore Workout Queen' und Du liegst faul auf dem Sofa uns schaust mir nach – so wie ich es in dem Song jetzt tue. Vielleicht kann Chat GPT ja auch für einen das Wochenende erledigen, während man auf dem Sofa liegt, denn ich will ja sowieso nicht in die Ausstellung gehen, weil mich Bilder langweilen. Das waren die Bilder, die ich im Kopf hatte – und die fand ich dann ganz cool und so ist das Thema dann entstanden.“



Dabei schildert Anna kleine Alltagsbeobachtungen, die sie aber nicht weiter bewertet, sondern quasi als Kommentar stehen lässt. „Ja und manchmal arbeite ich auch Stream-Of-Consciousness und schildere Gedankenströme. Oder aber ich lasse mich von Filmen etwa von Luis Bunuel oder Yorgos Lanthimos inspirieren. Oder von anderen Kunstformen wie Ausstellungen oder Theater. Das finde ich super-spannend, weil man so auf ganz andere Blickwinkel kommt.“ Die Perspektive zu wechseln ist ja auch bei der Musik wichtig. „Ja, ein gutes Beispiel ist der Song 'Hello' in dem ich mir vorstelle, in den Kopf von jemand anderem einzudringen und meine eigenen Gedanken auf Urlaub geschickt habe. Und der Blickwinkel ist dabei das Spannende.“ Geht es dabei dann auch um Selbstreflexion? „Auf jeden Fall – voll sogar“, bestätigt Anna.



Nachdem Anna ja gerade Filme als Inspirationsquelle nannte sei die Frage erlaubt, was denn so ihre Karriere als Schauspielerin macht? So spielte sie ja beispielsweise in den Filmen „Invasion“ oder „Der Mann aus dem Eis“ mit und auch in diversen Fernsehproduktionen. „Also ich kümmere mich da nicht aktiv drum, aber manchmal mache ich das, wenn ich etwas angeboten bekomme – aber hauptsächlich, um die Musik und die ganzen Tourneen zu finanzieren. Wenn es etwas mal etwas wirklich Interessantes gäbe, dann würde ich das auch aus künstlerischen Gründen machen – aber das interessiert mich alles nicht so sehr.“ Nun ja – als Musikerin kann man doch auch Rollen spielen. Gibt es etwa eine Bühnenpersona von Anna? „Ich würde gerne eine haben“, schmunzelt sie, „weil es halt einfach einfacher wäre und weil man dann nicht so angreifbar wäre. Aber leider habe ich keine. Wenn Du also irgend eine Idee hast ...“



Wie geht es weiter mit Friedberg? Gibt es Ziele, Inspirationen oder Visionen, die es anzupeilen gilt? „Ich würde gerne mal eine EP mit Dance-Sachen machen“, erklärt Anna, „ich habe jetzt zum Beispiel im Studio angefangen, Sachen mit Hot Chip zu machen und die sind ein bisserl mehr so Dance-Musik und das finde ich ganz spannend. Wir haben da mal 'Eisbär' gecovert und das ist ziemlich cool. Ich habe auch mal ein paar Songs mit Benjamin Biolay aufgenommen die aber nie veröffentlicht worden sind. Das war super nice aber nicht das, was ich gerne selber machen wollte. Das ist ein super-interessanter Mensch – aber der hat ein Arbeitspensum das ich noch nie gesehen habe. Das ging von 18 Uhr jeden Tag bis 6 Uhr in der Früh am nächsten morgen – das ist eine ganz andere Arbeitsweise als die, die ich habe. Das war eine sehr spannende Zusammenarbeit, weil das ja auch super-scary ist, wenn man mit jemand zusammen arbeitet, den man gar nicht kennt. Ich würde mich aber wahnsinnig gerne mit Friedberg auf das nächste Level konnzentrieren, so dass man davon leben kann und nicht immer nur investieren muss. Das nächste Album soll dann auch schneller kommen und wir werden dann auch schneller Entscheidungen treffen.“

Das ist somit versprochen. Der erste Schritt ist dann aber erst mal die erste Headliner-Tour in diesem Winter.

Aktuelles Album: Hardcore Workout Queen (Clouds Hill)


Weitere Infos: https://friedbergmusic.com/

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