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INGER NORDVIK

Never Say Never

INGER NORDVIK

Mit ihrer ersten LP „Time“ und ihrem sympathischem Mix aus zeitlos/organischem Jazz-, Chamber-, Folk-, Art- und Kook-Pop hätte die klassisch ausgebildete norwegische Songwriterin, Komponistin und Arrangeuren Inger Nordvik 2020 eigentlich gleich in die erste Riege der angesagten Piano-Songwriter-Queens vorstoßen können. Eigentlich – denn dann kam die Pandemie und Inger geriet mit ihren Plänen genauso in den Strudel aus Lockdowns, Einschränkungen und Verbots-Szenarien, wie alle anderen auch. Daraus machte die für gewöhnlich zwischen Oslo und Berlin pendelnde Künstlerin dann allerdings eine Chance für sich und setzte die damals gerade begonnenen Arbeiten an neuem Songmaterial in der Abgeschiedenheit einer norwegischen Waldhütte fort. Allerdings nutzte sie diese Zeit dann keineswegs für einen Winterschlaf – wie der Titel „Hibernation“ ihres nun vorliegenden zweiten Albums vermuten lassen könnte …


„Also ich beschreibe mit dem Winterschlaf eher so ein Gefühl oder einen Zustand“, erklärt Inger, „aber der wurde durch die Pandemie natürlich verstärkt, als ich in Norwegen in einer Hütte war. Die Idee für mehrere Lieder hatte ich eigentlich schon vor der Pandemie und habe diese dann in der Abgeschiedenheit weiter ausgearbeitet. Es ging mir dabei darum, das Gefühl zu erforschen, überstimuliert zu sein."

In dem Sinne, in dem wir heutzutage alle ja ständig von allerlei Eindrücken bombardiert werden?

„Eher in dem Sinne, als dass ich das Gefühl hatte, dass ständig jemand um meine Aufmerksamkeit buhlte“, überlegt Inger, „mit Unterhaltungen, News, Stimmungen und so weiter und dass das dann zu einem eigenen Zustand wird. Deswegen suchte ich nach einem Winterschlaf. Bei mir ist das aber gar kein guter Winterschlaf, weil es mir schwer gefallen ist, die Sache klar zu sehen. Das war alles ein bisschen blass – und ich glaube, so ein Zustand birgt die Gefahr, keinen Weg nach vorne zu finden."

Gibt es denn ein Leitmotiv auf dem neuen Album?

„Ich habe mehrere Themen und das Album ist kein Konzeptalbum geworden“, räumt Inger ein, „das Gefühl, dass ich bei den Songs 'Hibernation' und 'Echo' hatte, färbt vielleicht auch auf die anderen Songs ab – auch wenn es um Liebe und andere persönliche Themen geht, die ich auch verarbeite."

Mit den „Echos“ sind dann die Echos gemeint, die einem in Meinungs-Bubbles als Antworten erscheinen.

Nicht nur thematisch, sondern auch stilistisch hat sich Inger neu orientiert. Zusammen mit ihren studierten Jazzmusikern entwickelte sie ein Setting, dass allerdings weniger jazzig klingt als noch jenes des Debüt-Albums. Was war denn Inger's Anspruch? Ein eigenes Genre zu erfinden?

„Ha, ha, ha“, lacht sie, „ich glaube ein eigenes Genre ist dann etwas, was einfach passiert. Weil ich einfach das schreibe, was mir gefällt. Mein Geschmack ist auch sehr offen und ich mag es, gerne verschiedene Richtungen auszuprobieren.“"

Neben Jazz, Klassik und Pop gibt es auch folkige Elemente auf „Hibernation“ herauszuhören. „Das liegt daran, dass ich als Kind sehr viele Volkslieder gehört und gesungen habe“, erläutert

Inger, „in Norwegen haben wir auch eine sehr starke Tradition in Bezug auf die Volkslieder. Wir singen eigentlich auch viel zu Hause. Man hört das auch bei anderen norwegischen Musikern. Ich glaube, das ist auch etwas sehr Intuitives."

Wie auch das erste Album, klingt auch „Hibernation“ vor allen Dingen sehr organisch – obwohl das Klangbild im Vergleich zu „Time“ deutlich ausgeweitet wurde. So arbeitete Inger mit einer größeren Band und auch die Arrangements wurden deutlich ausgeweitet.

„Ich habe mit sehr sehr guten Musikern zusammengearbeitet, die ich während der Pandemie bei einem gemeinsamen Festivalauftritt getroffen habe“, führt Inger aus, „wir hatten dann so eine tolle Chemie auf der Bühne, dass wir uns entschlossen haben, weiterzumachen. Ich bin dann mit den Musikern auf Tour gegangen und dann sind wir fast sofort danach ins Studio gegangen und haben alle Live Takes der Lieder in anderthalb Tagen aufgenommen. Dann haben wir natürlich mit Overdubs gearbeitet und ich habe die Streicher- und Bläser-Arrangements geschrieben und mit einem sehr tollen Tontechniker in Oslo ausgearbeitet. Für Blechbläser hatte ich zuvor noch nie geschrieben, aber ich mag es, für mich neue Sachen zu lernen. Die Arrangements von Songs wie 'Interlude' und 'Asgeir' hatte ich nämlich gleich als Bläser-Sounds im Kopf. Die Basis-Takes bildeten aber die Live-Aufnahmen im Studio."

Nach einer solchen Produktion – mit Streichern, Bläsern, Band und Elektronischen Elementen – fällt es ja schwer, sich vorzustellen, was dann als Nächstes noch kommen könnte, oder?

„Ja, das ist schwer zu sagen“, bestätigt Inger, „ich habe schon einige Ideen aber ich muss da schon alles offen lassen. Sagen wir mal so: Ich denke immer darüber nach, was ich noch alles ausprobieren möchte – und nie darüber, was ich nicht machen sollte. Never say Never – wir werden sehen."

Aktuelles Album: Hibernation (Asta Records) VÖ: 10.02.


Weitere Infos: https://www.ingernordvik.com/
 Foto: Charles Mignot

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