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JUSTUS PARKER

Roher Charme

JUSTUS PARKER

Wenn Musiker so um die 30 sind und sie plötzlich mit einer Platte aufhorchen lassen, dann ist die dazugehörige Band meist aus den Trümmern von Vorgängern geboren. Das ist bei Justus Parker nicht anders. Die beteiligten Musiker hatten sogar schon einmal beschlossen, die Instrumente an den Nagel zu hängen. „Aber wenn du einmal infiziert bist, geht das nicht“, lässt Gitarrist Tilman Mühlenberg verlauten, „du musst weiter Musik machen.“

Wer ist Justus Parker?

Wer ist dieser Justus Parker, der nach eigenen Angaben auszieht, um die deutschsprachige Popmusik ein weiteres gutes Stück aus der Peinlichkeitsecke hervorzuzerren? „Justus Parker ist niemand“, lacht Tilman Mühlenberg, „der Bandname ist einer SMS unseres Sängers entsprungen. Wir waren von den beiden Worten so elektrisiert, dass sie als Bandnamen herhalten musste.“

Bliebe jetzt das mit der Peinlichkeitsecke noch zu klären. „Naja, es gab da die ganz peinlichen Acts, deren Namensnennung ich mir erspare“, legt Tilman Mühlenberg den Finger in die Wunde, „und dann die eher schlagereske Rockvariante. Beides wollten wir nicht. Aber wir wollten Popmusik machen und mit deutschen Texten Britpop durfte ja schließlich auch den Begriff Pop im Genrenamen tragen.“

Und Pop ist ja nicht unbedingt etwas Glattes und Pop darf auch einen Standpunkt haben. „Das haben in Deutschland und in Deutsch beispielsweise Selig bewiesen“, verweist er auf die große Tat der Kollegen. Beim Durchhören der CD kommt man schnell zu dem Schluss, dass Justus Parker, sich keinem Format angebiedert haben, zu kantig und zu sperrig ist ihre Musik. Beides ist jedoch absolut positiv gemeint. Gibt es wirkungsvollere Musik, als die, an der man sich reiben kann. Und es ist wirklich große Popmusik, die Melodien, Rhythmen und Harmonien des Britpop sehr genau kennt, aber nie kopiert. Aber umso wunderbarere Weise reflektiert.

„Wir standen auch nie unter dem Einfluss von extremen Krachsachen“, erläutert Tilman Mühlenberg, „wir haben uns schon zu einer Zeit, als es als völlig uncool galt, von schicker Popmusik faszinieren lassen.“



Gut Ding will Weile haben

Diese erste Platte von Justus Parker ist ein Luxusprodukt, zumindest, wenn der Zeitaspekt betrachtet wird. „Gar nicht mal, weil wir vorhatten, so viel Zeit zu investieren“, klärt Tilman Mühlenberg auf, „sondern, weil die Stücke für die Platte es erforderten. Und plötzlich waren eineinhalb Jahre um. Und wir waren vom großen, aufregenden Studio ins ein kleineres umgezogen, dann in ein deutlich abgeranzteres und endeten zum Schluss in der Wohnung des Produzenten Christoph Schneider.“

Die Qualität der Platte „Exil oder Disko“ war dies eher förderlich. Justus Parker haben die Stücke im Studio live eingespielt. Was nichts anderes ist, als die konsequente Fortsetzung ihre Arbeit an ihren Stücken. Es gibt nicht den einen großen kreativen Kopf in der Band und eine Band, die im Proberaum vor sich hin frickelt, auf der Suche nach dem Wurf, sind sie auch nicht.

„Jeder bringt etwas mit, einen Textfetzen oder einen Musikfetzen“, berichtet Tilman Mühlenberg, „und dann beginnt die Arbeit. Die des gemeinsamen Komponierens. Die des Arrangierens. Die Stringenz der Stücke erreichen wir durch Gemeinsamkeit. Die Vorstellung eines klassischen Autorensubjekts ist doch veraltet.“

Guter Rock’n’Roll macht eben richtig viel Arbeit. Und die hört nie auf. „Wir wollen noch eigener werden. noch unvergleichlicher“, skizziert er schon mal die Erwartungen, die die Hörer in Zukunft an Justus Parker stellen dürfen, „die Referenzen sollen noch unklarer werden.“

Aktuelles Album: Exil oder Disko (Smarten-Up/Rough Trade)

Foto: Linus Lohoff

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