
Der Stadtgarten in Köln sei einer ihrer liebsten Auftrittsorte, lässt Emma Rawicz das Publikum in der Domstadt in praktisch perfektem Deutsch wissen, aber nicht nur deshalb hat die Senkrechtstarterin der britischen Jazz-Szene in der Domstadt das Besondere stets im Blick. Mit vier fabelhaft interagierenden Musikerinnen im Rücken stellt die erst 23-jährige Saxofonistin an diesem Abend ihr wenige Tage später auf dem deutschen Label ACT erscheinendes LP-Glanzlicht "Inkyra" vor, mit dem sie unterstreicht, dass ihr Genre-Scheuklappen fremd sind, wenn sie ihre Freude am Experimentieren und Improvisieren auslebt. Ohne Legenden wie Joe Henderson oder Wayne Shorter aus den Augen zu verlieren, die in der Vergangenheit ein wichtiger Einfluss für sie waren, bewegt sie sich an diesem Abend immer wieder an der Schwelle von Rock und Fusion, schlägt aber auch einen Bogen von unwiderstehlicher Funkyness ("Particles Of Chance") zu brasilianischer Rhythmik ("Marshmellow Tree"), als gäbe es keine leichtere Übung für sie. Die Titel ihrer neuen Kompositionen hat sie derweil aus Songs von Joni Mitchell gepflückt, und das unterstreicht, dass Rawicz begriffen hat, dass die Inspiration überall lauern kann. Begeistern kann die Britin aber nicht nur mit dem, was sie macht, sondern auch damit, wie sie es macht. Die Freude über ihr Zusammenspiel mit Scottie Thompson (Tasten), Kevin Glasgow (Bass), David Preston (Gitarre) und Ananda Brandão (Schlagzeug) steht ihr die gesamte Zeit ins Gesicht geschrieben, und die ansteckende Spielfreude, mit der die fünf alte Tugenden in die Gegenwart katapultieren, überträgt sich auch auf das restlos begeisterte Publikum im Saal. Nach 100 fesselnden Minuten bleibt deshalb am Ende des Abends nicht mehr zu tun, als die Tage rückwärtszuzählen, bis Rawicz für ein Konzert im Rahmen der Leverkusener Jazztage (im November) und für einen Auftritt in der Essener Philharmonie (im kommenden Februar) wieder in der Gegend zu Gast ist.
Weitere Infos: https://www.emmarawicz.com/

