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JIM WHITE

Zelebriere, was dich krank macht

JIM WHITE

Am Anfang seiner Karriere hätte Jim White es – trotz seiner hellseherischen Fähigkeiten – selbst kaum für möglich gehalten, ein Mal eine Scheibe aufzunehmen. Jetzt, 10 Jahre später, ist „Transnormal Skiperoo“ bereits das vierte Werk unter eigenem Namen. Daneben gibt es noch den Soundtrack zu dem BBC-Film, der auf seinem Debüt-Werk „Wrong Eyed Jesus“ beruhte und das Hellwood-Projekt, das Jim zusammen mit seinem Seelenkumpel Johnny Dowd in die Welt setzte. Nicht schlecht für jemanden, der musikalisch zwischen ziemlich vielen Stühlen sitzt und der sich vornehmlich mit den düsteren Aspekten des Lebens und mit den Außenseitern unserer Gesellschaft beschäftigt.

„Ach die Zeiten sind vorbei“, meint Jim schmunzelnd – und man weiß nicht so recht, ob das ein Witz sein soll, „ich habe früher ja immer nur Songs geschrieben, weil ich einsam und alleine war, nie ausgegangen bin, keine Freunde hatte und das Ganze als Therapie betrachtete. Ich habe immer nur über Einsamkeit und Verzweiflung nachgedacht und geschrieben und geschrieben und geschrieben. Heutzutage bin ich glücklich. Ich habe eine einjährige Tochter und meine größte Herausforderung ist es, überhaupt noch Zeit zum Schreiben zu finden. Da schätze ich die Einsamkeit des Songwriters heutzutage sogar noch mehr als früher, als ich noch einsam war.“

Das ist für jemanden, der, wie Jim, ca. 50 bis 60 Stücke für jede CD schreibt, sicherlich ein hartes Brot.

„Genau“, bestätigt er, „und deswegen habe ich dieses Mal auch erstmals auf älteres Material zurückgegriffen. Den letzten Song, 'It's a Long Long Day' habe ich zum Beispiel schon vor 25 Jahren geschrieben. Nie passte er richtig – doch jetzt ist es mein Lieblingssong geworden.“

Besagter Track ist ein eher typischer White-Song, den er zusammen mit dem Bluegrass-Ehepaar Jeff & Vida einspielte. Es sind aber eher Stücke, wie das betont fröhliche „Turquoise House“, die heutzutage herausstechen. So etwas wäre doch früher nicht möglich gewesen, oder?

„Och ich weiß nicht“, meinte Jim, „ich denke, ich habe immer schon mal Songs wie diesen geschrieben – sie waren aber nicht so auffällig."

'Turquoise House' ist ja fast schon zu happy, fast ein wenig albern – und das will ich eigentlich auch wieder nicht. Es geht hier übrigens nicht um ein Haus, sondern eher um die Wertschätzung eines alternativen Lebensstils als Künstler oder Randgruppe oder Narr mit Eimer auf dem Kopf. Auf die Idee bin ich gekommen, als ich an dem Haus eines armen Menschen mit Magenproblemen vorbeigekommen bin, der in seinem Garten einen Baum mit tausenden von türkisblauen Medikamentenfläschchen für Säurehemmer geschmückt hatte. Ich fand, das das doch eine tolle Idee: Das, was Dich krank macht, zu zelebrieren!“

Krank wurde Jim übrigens auch bei den Arbeiten am neuen Album. Als er mit Tucker Martine an Material arbeitete, erlitt er eine Spinatvergiftung. Doch von so etwas lässt er sich heutzutage nicht mehr beeindrucken. Stattdessen schwärmt er von Kollegen wie die Alt-Gospel-Kapelle Ollebelle, die er für sein Album engagierte.

„Ollebelle lernte ich bei einem Konzert mit Buddy Miller kennen. Sie waren so gut, dass ich Buddy gar nicht mehr fragte, ob er mein Album produzieren wolle, wie ich es vorgehabt hatte (stattdessen produzierte Joe Perniece). Übrigens ist Levon Helms Tochter in der Band und der sagt, dass Ollebelle die beste Band seien, mit der er je gespielt habe. Ollebelle hatten einen großen Einfluss auf das Album. Daher kommt auch das Country und Gospel-Feeling.“

Mit „Transnormal Skiperoo“ steht der Songwriter Jim White mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Und wer hätte das einmal gedacht? Jim selbst jedenfalls nicht unbedingt...

Aktuelles Album: Transnormal Skiperoo (Luaka Bop / Coop/ Universal)



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